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GEROLZHOFEN: Weihnachtskonzert: Von der emotionalen Nähe zum Krippenkind

GEROLZHOFEN

Weihnachtskonzert: Von der emotionalen Nähe zum Krippenkind

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    Vermutlich eine deutsche Uraufführung gab es beim Konzert in der Stadtpfarrkirche mit dem Hauptwerk des Abends, Oehlschlägels „Missa pastoritia in D-Dur“.
    Vermutlich eine deutsche Uraufführung gab es beim Konzert in der Stadtpfarrkirche mit dem Hauptwerk des Abends, Oehlschlägels „Missa pastoritia in D-Dur“. Foto: Foto: Anne Bauerfeld

    Restlos ausverkauft war das große Weihnachtskonzert in der Gerolzhöfer Stadtpfarrkirche. Es gab einen Besucherrekord, denn jeder verfügbare oder schaffbare Platz war besetzt.

    Zurecht ist dieses große Konzert nicht nur eine äußerst gute Einstimmung auf die nahen Weihnachtsfeiertage, sondern auch eine Gelegenheit, den stets richtig guten Projektchor mitsamt instrumentaler Begleitung genießen zu können. Dass die emotionale Nähe zum Krippenkind durch die Musik auch auf die Zuhörer überschwappen solle, wünschte sich der Hausherr, Pfarrer Stefan Mai, in seiner Begrüßung und wurde wohl nicht enttäuscht.

    Warm und festlich breitete sich das erste Stück (Joseph Haydn, „Divertimento D-Dur Hob II:22“, für Streicher und Hörner) in Chor, Apsis und Langhaus aus, letztere sind optimale Klangverstärker, in denen gerade die Hörner besonders hübsch und warm klangen. Schon hier zeigte sich der Klangkörper von seiner besten Seite, spielte sehr exakt und sehr gut angeleitet.

    Hier gibt es das Video vom Konzert:

    Beim Stück selbst hörte man bereits den Weitblick Haydns als Vor- oder Wegbereiter der Wiener Klassik. Warm, schlicht, aber dennoch einlullend erklang das Werk mit seiner Zartheit und Süße, seinen abwechselnd schmelzenden und leicht perlenden Tönen. Warm und rund flossen die Töne der Streicher, voll und reich die der Bläser. Hübsches Detail beim Menuett: das Hörner Mini-Solo, zu dem die Streicher nur zupften.

    Zeitlich etwas vor Haydn lebte und wirkte der nächste Komponist: Christian August Jacobi (1688 bis 1725). Dessen Weihnachtskantate „Der Himmel steht uns wieder offen“ für Tenor solo und Instrumente kam anschließend zu Gehör.

    Hier gibt es die Bilder aus dem Konzert:

    Durch den typischen Pomp des Barocks erklang das Werk, das 1715 entstand, formal etwas steifer als das von „Papa“ Haydn, jedoch nicht weniger attraktiv. Festlich getragen durch die Bläser, dann abgelöst durch Sebastian Köchigs warmen, vibratoreichen Tenor, begann die erste Aria mit der Erinnerung an eine fundamentale theologische Versicherung: „Der Himmel steht uns wieder offen“. Es gab bekannte Klänge beim Choral, der von der 5. Strophe von „Vom Himmel hoch“ gebildet wurde, und heitere Fröhlichkeit des gesamten Orchesters bei der letzten Aria „Ich eigne dir mein Herze zu“, dem am reichsten ausgearbeiteten Stück dieser Kantate. Doch besonders durch seine schlichte rezitative Stimme und wenig Instrumentierung wirkte diese Vertonung der Weihnachtsbotschaft nicht nur einfühlsam, sondern besonders ausdrucksvoll.

    Voll heiterer Antizipation

    Wunderschön beschwingt, voll heiterer Antizipation, wahrhaft pastoral, nämlich ländlich-idyllisch, hob P. Jan Lohelius? Oehlschlägel OPraem „Pastoral-Offertorium“ für Sopran solo, Chor, Streicher und Orgel an. Radka Loudova-Remmlers so müheloser Sopran klang und vibrierte im ganzen Kirchenschiff, und als er vom Chor aufgenommen wurde, spätestens da war er da, der erste Gänsehautmoment. Überhaupt lebte das Stück zu einem guten Maß von diesen Wiederaufnahmen, seinem „Wellengesang“, wenn ein Teil des Klangkörpers musikalisch in einen anderen Teil einfiel, wenn dazu die süße Melodie der Streicher geradezu leitmotivisch eingesetzt war.

    Die vier Gesangssolisten überzeugten ihr Publikum, im Bild Barbara Buffy (Alt) und Sebastian Köchig (Tenor).
    Die vier Gesangssolisten überzeugten ihr Publikum, im Bild Barbara Buffy (Alt) und Sebastian Köchig (Tenor). Foto: Arnulf Koch

    Zu einer vermuteten deutschen Uraufführung kam es mit dem Hauptwerk des Abends, Oehlschlägels „Missa pastoritia in D-Dur“. Nachdem diese Messe aus dem Jahr 1761 ausschließlich als Handschrift im Pfarrarchiv Teplitz vorliegt, brachte Kantor Karl-Heinz Sauer sie selbst in modernen Notensatz und ergänzte die Stimmen für Viola, Pauken und teilweise für Hörner – ziemlich gute Chancen also, dass es mit der deutschen Uraufführung tatsächlich hinkam.

    So denn und mit vollem Gepränge ging es sogleich zur Sache: Pauken, Trompeten, jubelnder Chor und ganz besonders das Hirtenhorn, das wirkte. Ein wenig originell konnte es schon klingen, das Hirtenhorn, ein 2,20 Meter großes Gebilde zwischen Alphorn und Trompete. Da es weder Grifflöcher noch Ventile besitzt, kann es nur Naturtöne von sich geben und verlangt dem Spieler eine sehr gute Kondition und Treffsicherheit der Töne ab. Zum Glück hatte Alexander Kneuer sich ans Spielen dieses launischen Gefährten gewagt. Denn auch wenn nicht immer jeder Ton exakt saß, hatte man einmal die Gelegenheit, dieses in Aufführungsmusik doch äußerst selten eingesetzte Instrument live zu hören.

    Wunderschöne kleine Duette zweier wunderschöner Stimmen (Radka Loudova-Remmler und Barbara Buffy) wechselten mit kraftvollen, aber niemals sperrigen Passagen für Chor und Orchester tutti. Schwingend wie eine Glocke intonierte der Chor das „Gloria in excelsis deo“, und passend zu den Worten „in excelsis“ (in der Höhe) schwangen sich auch die Stimmen hinauf in die Höhen. Wie hübsch die Komposition und die Darbietung, als Alt und Tenor nach einer kurzen Streichereröffnung sangen und Sopran und der sonore Bass Michael Alberts einfielen, ganz schmelzend, ohne süßlich zu sein.

    Immer wieder ergaben sich besondere Glanzlichter: Als die Tenor-Herren sich in das Sopran-Solo mischten, die Bässe und die Alt-Damen dazukamen, sich verwoben und verzahnten zu einem runden, tragenden Klangteppich über den sich die Hirtentrompete erhob. Oder das Spiel, das Schäkern des Chor-Soprans mit den Streichern.

    Immer prächtiger

    Immer prächtiger, immer mehr Gepränge fuhr Oehlschlägel auf, verschachtelte Gegengesang, verschränkte die Männerstimmen miteinander, dann die der Frauen, kombinierte, nahm die Trompeten tutti dazu und lieferte so ein besonders schönes, ein leuchtendes Stück. Ein dankbares Publikum spendete stehend reichlich Beifall für diese Uraufführung und natürlich auch für diese reife und stolze Leistung aller Beteiligten.

    Es ist schön und ein schönes Geschenk, so engagierte Mitwirkende für diese Projektwerke zu finden und zu haben. Der Gerolzhöfer Chor, bestehend aus neuen und bewährten „Laien mit Leidenschaft“ und einem ebensolchen Leiter, kann stolz auf sich und sein hohes Niveau sein.

    Die musikalische Gesamtleitung hatte Kantor Karl-Heinz Sauer.
    Die musikalische Gesamtleitung hatte Kantor Karl-Heinz Sauer. Foto: Arnulf Koch

    Mitwirkende Solisten: Radka Loudova-Remmler (Sopran), Barbara Buffy (Alt), Sebastian Köchig (Tenor), Michael Albert (Bass), Alexander Kneuer (Hirtenhorn). Mitwirkende im Orchester: Marina Vythoulka (Konzertmeisterin), Felix Jung, Rainer Nürnberger, Susanne Röckl, Palina Semianiuk (Violine I), Andreas Zack, Anna Mavromatis, Iris Eitel-Nasoetion, Mary Lynn Zack (Violine II), Christopher Scholz, Niklas Wehle, Ruth Ullmann (Viola), Joachim Brandl, Leif Hommers (Violoncello), Midori Eguchi (Kontrabass), Anna Werner, Pia Sauer (Waldhorn), Alexander Kneuer, Michael Philipp (Trompete), Philipp Klinger (Pauken), Sylvia Sauer (Truhenorgel) sowie der rund 50 Personen starke Projektchor der Pfarreiengemeinschaft „St. Franziskus im Steigerwald„. Dirigat und Gesamtleitung: Karl-Heinz Sauer.

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