Ein ungewöhnliches Bild für den November: Über viele abgeernteter Äcker in der Region fahren Traktoren und ziehen eine riesige Staubfahne hinter sich her. Mit ihren Großflächenstreuern mit speziellem Streuwerk bringen sie einen Dünger aus, der sich in der jüngeren Vergangenheit immer mehr durchsetzt: Carbokalk.
Die Nutzung dieses Düngemittels hat im Grunde nur Gewinner. Die Zuckerfabrik in Ochsenfurt bringt ihre Rückstände aus der Zuckergewinnung los, die in jeder Kampagne massenweise anfallen. Der Landwirt hat einen wertvollen Dünger, der vom Preis her unschlagbar günstig ist und für sein höchstes Gut, seinen Boden, keine Gefahr bringt. Und der Maschinenring als Mittler zwischen beiden hat ein Tätigkeitsfeld, auf dem sich einige Mitglieder, die sich ums Ausbringen des Carbokalks kümmern, ein Zubrot verdienen können.
Auf einem Feld des Maschinenring-Vorsitzenden Karl-Johann Wehner am Ortsrand von Traustadt sind die Fahrer Johannes Prowald (Stammheim), Erhard Nöth (Oberspiesheim) und Wolfgang Zinser (Gerolzhofen) gerade dabei, den fein gemahlenen, weißgrauen Kalk auszubringen. Von den großen Düngerhaufen am Feldrand schaufelt ein Radlader das Material in die Großflächenstreuer, die es mit hoher Wirbelgeschwindigkeit gleichmäßig über die Fläche verteilen.
Mieten vor Frost schützen
Überall in der Flur sind jetzt im Spätherbst diese weißen Haufen zu sehen. „Das ist aber nicht mehr das heute kaum noch verwendete Thomasmehl, sondern eben Carbokalk“, erklärt Roland Kukoll, Geschäftsführer des Maschinenrings. Für die jetzt einsetzenden ersten Frostnächte gibt Kukoll den Landwirten den Tipp, ihre Kalkmieten unbedingt abzudecken, denn wenn da Frost hineinkommt, leiden die Streuqualität und Leistung.
Mit dem Dünger wird erreicht, dass die Ackerböden alkalisch neutral bleiben. Wie viel Carbokalk dazu benötigt wird, ergibt eine Bodenuntersuchung. Bei den Mengen, die die Leute vom Maschinenring ausbringen, gibt es von Feld zu Feld große Unterschiede, nämlich zwischen fünf und 20 Tonnen pro Hektar.
Seine benötigte Menge bestellt der Landwirt, je nach dem Ergebnis der Bodenuntersuchung, selbst bei der Zuckerfabrik. Die liefert dann Ort für Ort frei Feld über Spediteure. Und der Maschinenring fährt mit seinen drei Spezialfahrzeugen ebenfalls über ausgetüftelte Routen durch das Zuständigkeitsgebiet, fast wie bei Rübenernte. Die vorherberechnete Menge, die gestreut werden soll, regelt ein Computer am Streuer. Rund 30 Hektar in der Stunde schafft das Trio auf dem Acker.
„Dieser Vorgang läuft hervorragend, es hat noch nie ein böses Wort gegeben“, freut sich Kukoll. Immerhin nutzen 400 bis 500 Landwirte zwischen Castell und Schweinfurt, Main und Steigerwald, das Angebot des Maschinenrings.
Die Ausbringung durch den Lohnunternehmer, der der Maschinenring in diesem Fall ist, hat den Vorteil einer bodenschonenden Bereifung und einer optimalen Streuung auch an den sonst schwer zu erreichenden Feldrändern.
Ausfällreaktion
Wie entsteht nun der Stoff Carbokalk, eigentlich ein Abfallstoff? Der Kalkstein aus dem Steinbruch wird gebrannt und gelöscht. Als Kalkmilch setzt ihn die Zuckerfabrik zusammen mit Kohlendioxid ein. Diese Verbindung löst in der Rübenmasse eine Ausfällreaktion aus. Dabei werden alle Nichtzuckerstoffe wie Phosphat oder Magnesium an den Kalk gebunden. Dieses Gemisch wird zu einer Masse getrocknet, die nur noch 30 Prozent Feuchtigkeit hat.
Außer der Düngewirkung bringt der Carbokalk noch andere Vorteile. So wird im Ackerboden die Krümelstruktur stabilisiert. Das vermindert die Gefahr der Verschlämmung des Bodens. Aufgrund der großen Oberfläche des Kalks werden Bodensäuren schnell neutralisiert. Bei viel Regen kann der mit Carbokalk behandelte Boden schnell abtrocknen, bei Sonnenschein schneller Wärme aufnehmen.
Das Düngemittel kann nicht nur auf Feldern ausgebracht werden, auf denen im nächsten Jahr Rüben wachsen sollen, sondern ist geeignet auch für alle Kulturen und sogar für Grünland.