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SCHWEINFURT: Weiße, makellose, fragile Gefäße

SCHWEINFURT

Weiße, makellose, fragile Gefäße

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    Vorsicht zerbrechlich: Aufmerksam näherten sich die Besucher den fragilen Objekten.
    Vorsicht zerbrechlich: Aufmerksam näherten sich die Besucher den fragilen Objekten. Foto: Fotos: Josef Lamber

    Es sind glückliche Momente, wenn einem ein Kunstwerk begegnet und man spürt, dass es einem bleiben wird. Als inneres Bild, als Denkanstoß, als spannende Frage, als etwas, das man so noch nie gesehen hat. Einen solchen Augenblick gab es bei der Triennale 2012, beim Blick ins Innere eines großen Gefäßes von Hans Karl Kandel, in einen scheinbar unendlichen Raum. Die wunderbare Arbeit gibt es nicht mehr, sie zerbrach nach dem Zusammenstoß mit einer Putzfrau. Ein großer Verlust. Aber die Erinnerung bleibt und kommt immer wieder beim Nachdenken über die Unendlichkeit.

    Gibt es wieder ungewöhnliche Begegungen?

    Blieb die spannende Frage, ob die nun eröffnete Ausstellung des Bildhauers im Salong des Kunstvereins mit dem Titel „alba“ noch einmal eine so ungewöhnliche Begegnung bieten würde. Die Antwort: Ja und Nein. Nein, weil es genau so eine Arbeit, bei der im Inneren keine Kanten, keine Wände zu sehen sind, nicht mehr gibt und wohl auch nicht mehr herstellbar ist.

    Ja, weil jedes der makellosen Gefäße, die Hans Karl Kandel aus Hartgips fertigt, wunderschön ist und anregt, sich mit spannenden Fragen zu befassen: dem Verhältnis von Innen und Außen, der Definition von Leere, aber auch dem faszinierenden Farbspiel, das die Farbe Weiß bietet.

    Hans Karl Kandel liebt das Weiß des Gips

    Hans Karl Kandel liebt das Weiß des Gips, das die Schlichtheit der Gefäße unterstreicht. Weiß steht für Reinheit, Tugend und Unschuld und es betont die Verletzlichkeit der Objekte. Weiß schließt jede Ablenkung aus und dient als Reflexionsfläche für Licht. Die Gefäße sehen an jedem Ort, zu jedem Licht anders aus.

    Das Weiß changiert im Lauf eines Tages von einem kaum wahrnehmbaren Blau am Morgen über ein sanftes Grau am Mittag bis zu einem zarten Rosa im Abendlicht. Diese Wirkung wird durch die beeindruckende Makellosigkeit und Glätte der Oberfläche noch unterstrichen.

    Kurator Joachim Haas lud die Besucher der Vernissage ein, mehrmals zu kommen und das Farbspiel zu erleben. Er habe von Kandel viel gelernt, was er auch bei künftigen Ausstellungen umsetzen möchte, vor allem den Verzicht auf alles Unnötige.

    Eine fast ehrfürchtige Stimmung liegt im Raum

    Und wirklich hat man den Kunstsalong so noch nie gesehen: kein Pult, kein Stuhl, kein Hocker, kein Tisch. Nur diese weißen Gefäße und Schalen auf dem Boden, auf Sockeln und kleinen Podesten an der zartgrau gestrichenen Wand. Das Licht gedämpft, die Stimmung fast ein wenig ehrfürchtig, vor allem wenn wenig Menschen im Raum sind.

    Vielleicht war es diese Stimmung, vielleicht das Wissen um die Zerbrechlichkeit, jedenfalls näherten sich die Besucher den Objekten mit größter Vorsicht, um dann dort, wo es möglich ist, doch einen Blick ins Innere zu wagen. Einigen Gefäßen hatte Hans Karl Kandel kleine Zeichnungen gegenübergestellt. Aufs äußerste reduziert, meist nur eine Linie, ein Gedanke. Der Frankfurter Galerist Horst Appel formulierte dazu einige Gedanken, nannte sie „Arbeiten eines in Raumbezügen denkenden Bildhauers, aber keine Bildhauerzeichnungen. Verknüpfungen von Raum und Fläche, von vertikalem Aufsteigen und horizontaler Ausbreitung“. Sehr schön auch die kleinen Blätter, auf denen sich die Linien zu Flächen verdichten.

    Nur Gips und Wasser, sonst nichts

    Noch einmal zurück zu den weißen Skulpturen, die ahnen lassen, wie aufwendig ihre Entstehung ist, auch wenn die Zutaten höchst einfach sind: Gipspulver und Wasser, mehr braucht es nicht. Umso faszinierender, welch' komplexe und gleichzeitig dünnwandig-fragile Formen Kandel daraus „baut“, genauer gesagt Ring für Ring aufbaut. Der Entstehungsprozess bleibt sichtbar.

    Kandels weiße Arbeiten wirken immer auch auf den Raum, am stärksten auf einen leeren. Vorsitzender Ralf Hofmann formulierte es so: „Kandel will Räume definieren.“ Das scheint in Schweinfurt gelungen.

    Hans Karl Kandel: „alba“ ist bis 15. November im Kunstsalong in der Kunsthalle zu sehen. Zur Ausstellung ist ein sehr schöner Katalog erschienen, gestaltet vom Designbüro Weppert in Zusammenarbeit mit dem Künstler.

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