Barocke Frauen, engelgleich, fliegen sie durch die Luft, recken die Insignien des einst realexistierenden Sozialismus, Hammer und Sichel, fröhlich in die Luft. Das Auge des Betrachters konzentriert sich jedoch schnell auf die deformierten, übergroßen, verrenkten Gliedmaßen der Frauen. Das irritiert zwar, stößt merkwürdigerweise keineswegs ab und in den Gesichtern dieser nackten Frauen spiegelt sich meist ein verträumtes Lächeln.
Nguyen Xuan Huy stellt unter dem Titel „Make it Rain“ seine meist großformatigen Arbeiten in der Sparkassengalerie aus und er findet bei der Eröffnung ein unerwartet breites Echo.
Geboren wurde der Maler vor 39 Jahren in Hanoi, wo ihn der Vater zur gegenständlichen Malerei hinzog. Mit der Mutter kam er Ende der 90er-Jahre nach Deutschland. Dort gab er das in der Heimat begonnene Architekturstudium auf und bewarb sich an der renommierten Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle und wurde auf Anhieb genommen.
Vor zehn Jahren hat sich Nguyen Xuan Huy auf die Suche nach seinen Wurzeln gemacht, Vietnam bereist und sich mit den Folgen des Einsatzes von Agent Orange, dem aggressiven Entlaubungsgift, von den Amerikanern zur Enttarnung der Vietcong versprüht, auseinanandergesetzt. Dabei traf er Menschen mit zwei Köpfen, Kinder ohne Gliedmaßen und er erfuhr, dass das Gift bis heute fortwirkt, im Erbgut der Menschen. Umso erleichterter sei er gewesen, als sein Kind gesund zur Welt kam, berichtete bei der Ausstellungseröffnung sein Galerist Jörk Rothamel.
Inzwischen konzentriert sich Nguyen Xuan Huy auf seine neue Heimat. Seine Figuren bewegen sich nicht mehr auf reinen schwarzen oder weißen Flächen, sondern in düsteren, traurig stimmenden Landschaften, trostlosen Innenräumen. In „Waiting until Water Boils“ zeigt er eine nackte Frau, rittlings auf einem morschen Baumstamm sitzend, in deren Gesicht ein toter Vogel einschlägt. Nguyen Xuan Huy malt Frauen mit zusammengewachsenen Zungen, herausgerissenen Herzen, Mischwesen aus denen Schläuche herauswachsen.
Wie er selbst sagt, scheint sich seine Arbeit zu politisieren. „Ich interessiere mich jedoch lediglich für die Indoktrinationsmechanismen von Ideologien und deren Folgen, die aus meiner Sicht zur quasi seelischen Missbildung des Menschen führen können. Die Indoktrination scheint mir ein Mechanismus, der den menschlichen Geist wie Knetmasse behandelt, die man beliebig, willkürlich und nicht selten rücksichtslos mit Gewalt für gewisse Zwecke verformt.“
Mit seinen Arbeiten orientiert sich Nguyen Xuan Huy häufig an Werken der Kunstgeschichte, er zitiert Bosch, Goya oder Botticelli und erweist sich dabei als technisch perfekt in der altmeisterlichen Form. In drei Wochen sind seine Arbeiten auf der Art Karlsruhe zu sehen, anschließend wird in der Ausstellung „Botticelli Reimagined“ im Victoria and Albert Museum London auch eine Arbeit von ihm gezeigt. In der Sparkassengalerie ist trotz des beengten Raumes ein überzeugende Hängung gelungen. Die Bilder sind für manchen gewiss ein große Herausforderung. Man sollte sie suchen.
„Make it Rain“ ist bis zum 16. April in der Sparkassengalerie zu sehen, Montag bis Donnerstag, 8.30 bis 18 uhr, donnerstags bi 16.30 Uhr.