"Mit so einem Frühchen heimzukommen, das ist schon etwas anderes." Kerstin Deller-Kleren weiß, wovon sie spricht, denn ihr drittes Kind war eine Frühgeburt. Aber sie war auch zuhause nicht alleine, sie bekam Unterstützung durch die Harl.e.kin Nachsorge (Harlaching Eltern und Kind Nachsorge). Auch der zweite Junge von Anja Lösch war ein Frühchen, so vieles war anders als beim großen Bruder und so genoss auch sie das Hilfsangebot von Harl.e.kin. "Die gaben auch wichtige Tipps wie wir den Großen mit einbinden können", erzählt sie.
Harl.e.kin Schweinfurt feierte seinen fünften Geburtstag. Eigentlich noch kein Jubiläum, stellte der Sozialreferent der Stadt Jürgen Montag fest. Allerdings könne man eine solche Einrichtung täglich feiern. Für die Stadt, die stolz sei auf ihr Zentrum für Frühgeborene am Leopoldinakrankenhaus, sei eben auch die Nachsorge ein Standtortfaktor.
Jedes zehnte Kind wird zu früh geboren
Jedes zehnte Kind wird zu früh geboren, das sind allein in Bayern jährlich 10.000 Kinder. Je früher die Geburt erfolgt, umso höher sind trotz der großen Fortschritte in der Neonatologie (Neugeborenenmedizin) die Risiken für die kindliche Entwicklung. Für die Eltern ergeben sich daraus Verunsicherungen, Ängste und psychosoziale Belastungen. Dasselbe gilt für Kinder, die krank auf die Welt kommen. Hier setzt die Harl.e.kin-Nachsorge an. Sie begleitet Familie mit einem früh- oder risikogeborenen Kind von der Klinik nach Hause und unterstützt bei der Alltagsbewältigung. Entwickelt wurde das Projekt in der Kinderklinik München-Harlaching, es wird gefördert vom Bayerischen Sozialministerium und arbeitet eng mit den jeweiligen Frühförderstellen zusammen.

Koordinatorin Margit Jäcklein schaute auf die Genese in der Region zurück. Im November 2012 habe man den Kooperationsvertrag mit der Kinderklinik am Leo und den Caritas Frühförderstellen und Förderschulen unterzeichnet und schon 2013 wurden 53 Familien betreut. "Wir waren rasant unterwegs", stellte Jäcklein fest. Heuer waren es schon 80 Familien , mit 70 Prozent Frühchen und 30 Prozent risikogeborene Kinder. In der Regel besuchten die Betreuer die Familien ein bis neun Mal in einer Zeit zwischen einem und 15 Monaten. Seit Bestehen habe man 400 Familien betreut und dabei über 100.000 Kilometer zurückgelegt, denn "das Leo hat ein Riesen-Einzugsgebiet", und die Familien werden zuhause besucht. Das Besondere an Harl.e.kin sei das Betreuer-Tandem, das aus einer Kinderkrankenschwester und eine Fachkraft der Frühförderstelle besteht.
Es gibt vier Arten der Geburt
Dr. Johannes Herrmann, der Chefarzt, der Kinderklinik am Leo gab anschließend einen Einblick in die vier Arten der Geburt von der "normalen" Geburt, bis hin zu den Früh- und Risikogeburten. Meist seien erst die Kinderkrankenschwestern, später die Heilpädagogen gefragt, wusste er. Harl.e.kin sei auch deshalb ein so gutes Angebot, weil dafür keine ärztliche Verordnung und kein Placet der Krankenkassen gebraucht würden. Schon nach fünf Jahren könne an sagen es ist "ein Erfolgsmodel", stellte der Geschäftsführer der diözesanen Caritasschulen Rudolf Hofmann fest.
Kinderkrankenschwester Carmen Neubauer und ihre Partnerin von der Frühförderstelle Carmen Heinrich stellten dann einen ihrer Fälle vor. Eine selbständig arbeitende alleinerziehende vierfache Mutter, deren jüngstes Kind zu früh auf die Welt kam. Nach einem langen Krankenhausaufenthalt zerriss die Mutter die Sorge um ihr Kind und der Wunsch, auch die anderen Kinder nicht zu vernachlässigen. Dazu kam, eine prekäre finanzielle Situation und eine Sehbehinderung beim Frühchen. Die Harl.e.kin Mitarbeiterinnen stellten Kontakte her, um sowohl finanziell der Mutter als auch frühfördernd dem Kind zu helfen.
Den Eltern so viel Kompetenz wie möglich mitgeben
Dr. Renate Berger, Koordinatorin von Harl.e.kin Bayern beschrieb sehr emotional die Probleme der Kinder und Eltern mit zur früh geborenen Kindern. Es sei Ziel des Programms den Eltern so viel Kompetenz wie möglich zu geben. Dabei sei es die Aufgabe der Mitarbeiter vor allem zu beobachten und zu ermutigen. So dass die Eltern ihre Ängste verlieren und Freude am Kind haben.