Am bundesweiten Gefäßtag der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie und -medizin nahm die Geomed-Klinik mit einem Vortrag über arterielle Verschlusskrankheiten in den Beinen teil. Dr. Michael Dietrich, Chefarzt für Allgemein-, Viszeral und Gefäßchirurgie und Mitglied der Gesellschaft, ging am Samstag im Speisesaal knapp zwei Stunden auf dieses Thema ein. Über 60 Besucher bekundeten durch zahlreiche Fragen reges Interesse.
Viele Patienten kämen zu ihm in die Sprechstunde mit Schmerzen in den Beinen und fragten ihn nach einer Untersuchung ihrer Gefäße, berichtete Dietrich. Doch Schmerzen in den Beinen könnten vielfältige Ursachen haben. Außer den Durchblutungsstörungen gehörten dazu Hüft- oder Kniegelenkserkrankungen, Rücken- und Bandscheibenprobleme, Erkrankungen der Beinvenen und Erkrankungen der Nerven.
20 Prozent der älteren Menschen hätten Durchblutungsstörungen, sagte der Chefarzt. Hinzu kämen auch Menschen, die noch im Berufsleben stehen. Eine häufige Ursache für Durchblutungsstörungen sei die Arteriosklerose. Diese Gefäßverkalkung sei eine Erkrankung aller Adern. Jedoch seien die Gefäße unterschiedlich stark betroffen.
Ein Risiko für Gefäßverkalkungen sei laut Dietrich zunächst das Alter, da es im Laufe des Lebens zu Ablagerungen in den Gefäßen komme. Weiterhin spiele Diabetes eine große Rolle. Ein großer Risikofaktor sei das Rauchen. Nikotin führe zu einer Verengung gerade der kleinen Gefäße und schädige die innerste Schicht der Gefäßwand. Aktive Raucher hätten ein höheres Risiko, an einem Herzinfarkt zu sterben, sagte der Mediziner. Nach einem Jahr Abstinenz habe sich das Risiko schon deutlich gesenkt. Aber es dauere 20 Jahre, bis ehemalige Raucher die gleiche Lebenserwartung haben wie Nichtraucher. Daher versuche er auch noch Personen mit 50 oder 55 Jahren klar zu machen, dass sie davon profitierten, wenn sie das Rauchen aufhören.
Männer eher betroffen als Frauen
Ebenso steigerten erhöhte Blutfettwerte, C-reaktives Protein (ein Entzündungswert im Blut) und Niereninsuffizienz das Risiko, so Dietrich. Denkbar sei auch eine Kombination aus mehreren Faktoren. Zudem seien Männer etwas häufiger betroffen als Frauen. Die Zahlen hätten sich in den letzten Jahren aber etwas angenähert.
Anzeichen für eine schlechtere Durchblutung der Beine seien Haarausfall, brüchige Nägel sowie trockene, schuppige und schrumpelige Haut, sagte Dietrich. Unter anderem lasse man Patienten die Beine hochlegen, bis sie etwas blasser werden. Dabei wolle man sehen, wie schnell sie danach wieder an Farbe gewinnen. Anzeichen seien auch offene Druckstellen, die häufig bei Diabetikern vorkommen.
Zur Diagnose von Durchblutungsstörungen müsse er zunächst die Beschwerden abfragen. Dann taste er den Puls an Fuß, Leiste und Kniekehle ab, um verschlossene Arterien grob zu lokalisieren. Seien keine Pulse tastbar, könne man auch Ultraschall einsetzen. Dieser könne aber nicht die Röntgen- oder Kernspindiagnostik ersetzen. Denn für die weitere Planung benötige er eine gesamte Gefäßdarstellung, von der Bauchschlagader bis zur großen Zehe.
Wenn man nichts gegen Durchblutungsstörungen unternehme, verschlechtere sich laut Dietrich die Situation bei 10 bis 20 Prozent der Patienten bis hin zu schwarzen Zehen. 10 bis 15 Prozent würden vor allem an Herzinfarkten oder Schlaganfällen versterben. Knapp 20 Prozent erkranken schwer. Bei etwa zwei Prozent müssten sogar Amputationen von Unter- oder Oberschenkel durchgeführt werden.
40 000 Amputation pro Jahr
In Deutschland fänden jährlich über 40 000 solcher Amputationen statt, so Dietrich. 70 Prozent beträfen dabei Diabetiker. Die Sterblichkeitsrate bei diesem Eingriff betrage neun Prozent. Und trotz Amputation lebten nach drei Jahren nur noch rund die Hälfte dieser Patienten. Die Zahl der Amputationen sei im Vergleich zu früher nicht wirklich zurückgegangen. Doch könne man heute große Amputationen eher verhindern, so dass häufig nur Zehen oder Vorderfuß betroffen seien.
Behandlungsziel bei Patienten mit Durchblutungsstörungen sei eine Verbesserung der Gehleistung und der Lebensqualität sowie eine Erhaltung von Bein oder Fuß, so Dietrich. Nach der Diagnose frage man die Patienten, wie weit sie gehen könnten. Seien dies etwa 200 bis 300 Meter, empfehle man ihnen zunächst Gehtraining, wenn sie noch entsprechend fit seien. Hierdurch könnten sie ihre Gehstrecke auf etwa 500 bis 600 Meter verbessern und eventuell schon eine Operation vermeiden.
Eine Maßnahme zum Aufhalten der Arteriosklerose sei zunächst, das Rauchen aufzugeben, so der Mediziner. Körperliche Bewegung, ein normales Körpergewicht und niedrige Cholesterinwerte unterstützten das Ziel. Neben der Ernährung trage auch ein für das jeweilige Alter normaler Blutdruck bei. Diabetiker sollten ihre Diabetes gut einstellen, so der Arzt.
Dietrich ging auf Behandlungen mit Ballon-Kathetern und Stents ein. In einigen Fällen müsse man aber operieren, sagte der Chefarzt. Hierbei erklärte er das Verlegen von Bypässen zur Überbrückung der verschlossenen Arterie. Es gebe auch die Möglichkeit, den Kalk auszuschälen, sofern nicht zu weite Bereiche verkalkt seien. Auch ältere Menschen könnten noch operiert werden. Dies hänge vor allem davon ab, wie aktiv der Patient noch sei.