Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Schweinfurt
Icon Pfeil nach unten
Stadt Schweinfurt
Icon Pfeil nach unten

SCHWEINFURT: Wenn die Transparenz baden geht

SCHWEINFURT

Wenn die Transparenz baden geht

    • |
    • |
    Wenn die Transparenz baden geht
    Wenn die Transparenz baden geht Foto: ANAND ANDERS

    Die SPD-Fraktion im Stadtrat will für mehr Transparenz in den städtischen GmbHs sorgen. Dazu hat sie einen Antrag für die nächste Stadtratssitzung gestellt.

    Die Sozialdemokraten fordern darin, dass die Gesellschaftsverträge der städtischen GmbHs – Stadtwerke, SWG und Leopoldina-Krankenhaus – so abgeändert werden, dass die Geheimhaltungspflicht der Aufsichtsratsmitglieder beschränkt wird.

    Diese solle künftig nur noch für solche Tagesordnungspunkte in den Aufsichtsratssitzungen gelten, „die zum Wohl des jeweiligen städtischen Unternehmens zwingend der Verschwiegenheit bedürfen“. Weiter beantragt Stadtrat Stephan Kuserau namens der SPD-Fraktion, den Medien alle öffentlichen Tageordnungspunkte bereits vor der jeweiligen Aufsichtsratssitzung unter Angabe des Beratungsdatums mitzuteilen.

    Hinterzimmerpolitik ist ungeeignet, das Vertrauen der Bevölkerung zu fördern

    Begründung: Weil die Aufsichtsratsgremien der städtischen Unternehmen in Schweinfurt hinter verschlossenen Türen tagten, gerate dieser „auf dem Gesellschaftsrecht beruhende Grundsatz (...) immer wieder in Konflikt mit dem Bedürfnis nach Öffentlichkeit, zuletzt im hohen Maß zu Beginn dieses Jahres bei den Stadtwerken“. Das Interesse der Öffentlichkeit ist aber „berechtigterweise groß, wenn es beispielsweise um Preiserhöhungen, um den Takt des Nahverkehrs oder um die ökologische Ausrichtung des Energieversorgers geht“.

    Nach Ansicht der SPD-Fraktion sei „die Hinterzimmerpolitik von nicht öffentlichen Sitzungen des Aufsichtsrats ungeeignet, Vertrauen und höhere Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger zu fördern, und ist damit abzulehnen“.

    Früher wurde im Stadtrat öffentlich verhandelt - heute im Aufsichtsrat gänzlich nichtöffentlich

    Kuserau: „In der Vergangenheit waren diese Unternehmen als Eigenbetrieb organisiert, gegenwärtig als städtische GmbH. Früher wurde im Stadtrat öffentlich verhandelt, heute tagt der Aufsichtsrat gänzlich nicht öffentlich.“ Seit dem Einrichten der Aufsichtsratsgremien bei den städtischen Töchtern bestehe eine deutliche Diskrepanz zwischen der gesellschafts- und der kommunalrechtlichen Konzeption guter Unternehmensführung, denn die städtischen GmbHs seien dem Gemeinwohl verpflichtet und im Besitz aller Schweinfurter Bürger.

    Grund für diese Diskrepanz sei ein über 120 Jahre altes GmbH-Gesetz, bei dem damals nicht daran gedacht worden sei, dass es einmal Gesellschaften geben werde, die wie kommunale GmbHs mit Steuergeldern hantierten. Die Geheimhaltungspflicht, auf die sich kommunale Gesellschaften laut GmbH-Gesetz berufen, sei im Jahr 2006 aufgehoben worden (Urteil des VGH Bayern vom 08.05.2006,Az. 4 BV 756/05).

    Zwar sähen die Vorschriften des Gesellschaftsrechts vor, dass die Aufsichtsratsmitglieder bezüglich vertraulicher Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft zur Verschwiegenheit verpflichtet seien. Dieses Recht könne jedoch durch den Gesellschaftsvertrag näher festgelegt werden.

    SPD: Eine Gesetzesänderung ist geplant, sie lässt aber auf sich warten

    Laut SPD ist eine Gesetzesänderung auf Bundesebene zwar geplant, sie lasse aber auf sich warten. Wer aber, so Kuserau, „sollte ernsthaft Klage führen, dass eine Kommune ihren Bürgerinnen und Bürgern mehr Einblick in ihre Tochter-Gesellschaften gewährt?“ – wie etwa Bamberg (seit 2011), Würzburg (2009) und andere Städte in Bayern. Ihre Aufsichtsräte tagten mit geteiltet Tagesordnung – öffentlich und nicht öffentlich – und Medienvertreter könnten an den öffentlichen Themen der Sitzung teilnehmen.

    In der Tat ist die totale Nichtöffentlichkeit der Aufsichtsratssitzungen der Schweinfurter Stadt-GmbHs in der Vergangenheit von mehreren Stadtratsfraktionen teils heftig kritisiert worden. Ob Pläne zur Gaspreissenkung oder Badpreiserhöhung – über alles sollen die Aufsichtsräte zu schweigen haben. In einem Brief vom 3. März belehrte Sebastian Remelé, Oberbürgermeister und Aufsichtsratsvorsitzender der hiesigen Stadtwerke, die Aufsichtsräte, sie seien „ohne Einschränkung der Wahrung der Interessen der Gesellschaft verpflichtet“. Er zitiert Paragraf 85 GmbH-Gesetz: Für einen Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht drohe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe, bei Vermögensschäden für die GmbH komme eine „Schadensersatzpflicht“ jedes Aufsichtsratsmitgliedes in Frage. Und:

    Rechtliche Schritte angekündigt

    Bei künftigen Verstößen seien „rechtliche Schritte, sei es in strafrechtlicher wie auch in zivilrechtlicher Hinsicht, unumgänglich“.

    Das hinderte mehrere Aufsichtsratsmitglieder jüngst nicht daran, mit dieser Zeitung offen über Differenzen im Aufsichtsrat bezüglich einer von Remelé forcierten Verlängerung des Vertrages für den Stadtwerke-Geschäftsführer zu sprechen – trotz des äußerst negativen Ergebnisses einer Mitarbeiterbefragung und einer Vernachlässigung des Netzausbaus zu Gunsten des Gewinns mit der Folge eines drohenden Einbruchs bei den Netzentgelten in Millionenhöhe.

    All diese Vorgänge in einer GmbH, komplett in städtischer Hand, sollen die Öffentlichkeit nichts angehen – oder erst dann, wenn die Geschäftsleitung es beschließt? Dass das ohnehin nicht funktioniert, zeigen zahlreiche Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit. In einem Betrieb mit mehreren hundert Mitarbeitern lässt sich wenig geheimhalten.

    Verschwiegenheitspflicht nach dem GmbH-Gesetz

    § 65, Absatz 1: „Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer ein Geheimnis der Gesellschaft, namentlich ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, das ihm in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer, Mitglied des Aufsichtsrats oder Liquidator bekanntgeworden ist, unbefugt offenbart.“

    Was Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse sind, ist nicht allgemeingültig definiert. Die Informationen müssen sich a) sich auf den Betrieb beziehen,

    b) nur einem begrenzten Personenkreis bekannt ein, c) das Unternehmen muss sie geheimhalten wollen und es muss d) diesbezüglich tatsächlich ein berechtigtes wirtschaftliches Geheimhaltungsinteresse bestehen. Alle diese Voraussetzungen müssen vorliegen.

    Unabhängig von der Frage der Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder ist laut Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10. Februar 2005 (III ZR 294/04) der Auskunftsanspruch der Presse gegenüber kommunalen Behörden, zu denen auch deren GmbHs zählen.

    Demnach können sich Kommunen ihrem Auskunftsanspruch nicht einfach dadurch entziehen, dass sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben privatrechtliche Organisationsformen wählen.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden