Es geht um ein ernstes Thema: Was passiert, wenn etwa eines der 200 Meter hohen Windräder zum Beispiel zwischen Brünnstadt, Zeilitzheim und Frankenwinheim (Kreis Schweinfurt) brennt? Die Antwort ist ernüchternd. Wenn das Szenario eintreten sollte, dürfte es spektakulär und vor allem lebensgefährlich werden. Währenddessen werden Feuerwehren und Polizei alle Hände voll zu tun haben, um den Brandort weiträumig abzuriegeln und die zu erwartenden vielen Schaulustigen auf Distanz zu halten. Kreisbrandrat Holger Strunk bringt es auf den Punkt: „Wir dürfen und können nicht rauf. Unsere Aufgabe besteht darin, die Brandstelle im Umkreis von 800 Metern abzusperren, um die Menschen vor herabstürzenden, womöglich noch brennenden Rotor- und anderen Teilen zu schützen, und die Anlage ansonsten kontrolliert abbrennen zu lassen.“ Außerdem gelte es, die Ausdehnung von möglichen Flächenbränden durch herunterfallende Bruchstücke zu verhindern.
Mehr als Absperrungs- und Sicherungsaufgaben zu übernehmen, können die Einsatzkräfte am Boden nicht tun. Die Gefahr für Leib und Leben nicht nur der Schaulustigen, sondern der Feuerwehrleute selbst ist zu groß. Außerdem sind die Gondeln und Naben der Windräder in 150 Metern Höhe für die Feuerwehrleitern und Schläuche unerreichbar. Von Druck- und Löschwasserproblemen ganz zu schweigen.
Ein brennendes Windrad zu löschen, dazu ist keine Feuerwehr in der Lage. So muss man sich darauf beschränken, aus sicherer Entfernung den Fortgang des Brandes zu beobachten. Wenn eines der inzwischen über 24 000 Windräder in Deutschland außer am Turmfuß im Nabenbereich brennt, muss der Betreiber also von einem millionenschweren Totalverlust ausgehen.
Allein die weiträumige Absperrung des Brandortes stellt schon einen logistischen Kraftakt dar. Ein brennendes Windrad ist wegen der hohen Rauchsäule von weitem zu sehen und wird somit große Aufmerksamkeit erfahren. Der Kreisbrandrat ist sich sicher: „Jeder geht mit hin und guckt.“
Auch wenn die Feuerwehren gegen ein Feuer in der Höhe machtlos sind, so sind sie doch genau auf einen derartigen, alles andere als alltäglichen Einsatz vorbereitet und in den Brand eines Windrades im Rahmen des Brandschutzkonzeptes eingewiesen. Für jedes davon gibt es zu diesem Zweck einen Einsatzplan.
Wenn die Trafostation am Fuß brennt
Sollte die Trafostation am Fuß des Windrades brennen, muss die Feuerwehr wegen der Lebensgefahr erst warten, bis diese vom Stromversorger abgeschaltet ist. Kreisbrandrat Holger Strunk: „Erst dann können wir mit dem Löschen beginnen.“
Ähnlich wie beim Brand von Industriebetrieben, wird die Bevölkerung bei einem Windradbrand dazu aufgerufen, Fenster und Türen zu schließen. Von einer unmittelbaren Gefahr durch giftige Stoffe wird jedoch nicht ausgegangen.
Doch was ist, wenn das Windrad brennt und beispielsweise Monteure in der Kanzel in fast 150 Metern Höhe von den Flammen eingeschlossen sind? Für diese Personen wie zuletzt zwei Monteure 2013 in den Niederlanden, bedeutet dies mit höchster Wahrscheinlichkeit das Todesurteil.
Denn dann können ihnen wegen des unkalkulierbaren Risikos auch die sogenannten Höhenretter nicht mehr helfen. Das sind speziell geschulte und ständig trainierte Feuerwehrleute der Berufsfeuerwehren. Im hiesigen Umkreis kommen sie aus Würzburg und Nürnberg.
Diese Höhenrettungsgruppen kommen zum Einsatz, wenn sich ein Mitglied des Wartungs- oder Montagepersonals in der Kanzel eines Windrads verletzen sollte oder zusammenbricht und von Kollegen nicht geborgen werden kann.
Denn zunächst steht die Selbstrettung des Betroffenen alleine oder mit Hilfe eines Kollegen im Vordergrund, da sie die schnellste Variante ist, den verletzten oder erkrankten Monteur in die notfallmedizinische Versorgung überführen zu können.
Sollte die Selbstrettung nicht möglich sein, dann erfolgt die sogenannte spezielle Rettung aus großen Höhen durch die Feuerwehrhöhenrettungsgruppe. Diese kann auch, wenn es erforderlich ist, von einem Hubschrauber abgeseilt werden.
Grundsätzlich erfolgt die Rettung einer zum Beispiel wegen einer schwerwiegenden Verletzung oder Erkrankung nicht mehr steigfähigen Person aus einem Windrad immer über eine sogenannte Kranöffnung an der Unterseite des Maschinenhauses, da der Steigschacht im Turm in der Regel für einen waagrechten Transport mit der Schleifkorbtrage zu eng ist, so Thomas Schertel von der Nürnberger Berufsfeuerwehr. Das Leben von Verletzten und Helfern hängt dann an einem dünnen Seil.
Wenn die Lage aussichtslos ist
Bei einem Brand ist die Lage jedoch, wie erwähnt, aussichtslos. Da hier wegen möglicherweise herabfallender brennender Trümmer weder das langwierige Aufsteigen der Rettungskräfte im Turm, noch wegen der starken Rauch- und Flammenentwicklung bei schwersten Windbedingungen das Absetzen eines Höhenretters mit dem Hubschrauber auf dem Dach des Maschinenhauses möglich sind, besteht keine Möglichkeit zur Fremdrettung vom Feuer eingeschlossener Personen.
Durch die verwendeten Baustoffe des Generatorenhauses in der Kanzel ist zudem mit einer schnellen Brandausbreitung zu rechnen und dass Teile oder das gesamte Generatorenhaus abstürzen, so Harald Rehmann vom für die Berufsfeuerwehr zuständigen Amt für Zivil- und Brandschutz der Stadt Würzburg.
Fazit: Bei Einsätzen auf brennenden Windenergieanlagen ist das Risiko für die Höhenretter zu hoch. Als Konsequenz daraus muss alles für die Selbstrettung der Monteure getan werden.
Denkbar ist hier zum Beispiel eine Brandfrüherkennung durch automatische Brandmelder und die Überwachung relevanter Anlagenparameter, um auf der Anlage befindliche Monteure rechtzeitig zu warnen und ihnen damit das rechtzeitige, selbstständige Absteigen zu ermöglichen, so nochmals Thomas Schertel von der Berufsfeuerwehr in Nürnberg.
Windradbrände
Blitzeinschläge oder technische Defekte wie ein Kurzschluss, ein heiß gelaufenes Lager oder ein überhitztes Getriebe im Maschinenhaus hinter dem Rotor und Schäden an der Kabelisolierung sind häufig Gründe dafür, dass Windturbinen trotz regelmäßiger Wartung in Flammen aufgehen und zerstört werden.
Dabei kommt es häufiger zu Windrad-Bränden als man allgemein annimmt. So gingen zuletzt Windkraftanlagen allein in Deutschland im Januar 2015 bei Aurich (Ostfriesland), zum zweiten Mal innerhalb von nur neun Monaten im Juli 2014 nahe der Stadt Wanzleben-Börde (Sachsen-Anhalt), im Februar 2014 bei Möhnesee-Echtrop (Nordrhein-Westfalen) und in der Gemeinde Hohen Pritz (Mecklenburg-Vorpommern), im November 2013 In Dollerup (Kreis Schleswig-Flensburg), im Oktober 2013 im Bördekreis (Sachsen-Anhalt) und in Sande (Friesland) oder im September 2013 in Lahr (Baden-Württemberg) in Flammen auf.
Tragisch endete der Brand eines Windrades im Oktober 2013 im Süden Hollands. Dabei kamen zwei Mechaniker durch das Feuer in der Gondel ums Leben. Zwei Kollegen hatten sich noch in Sicherheit bringen können.
Windrad-Daten
Die Gesamthöhe der drei Windenergieanlagen bei Brünnstadt beträgt jeweils 200 Meter. Das Maschinenhaus befindet sich in einer Höhe von 143 Meter (Nabenhöhe) hinter dem Rotor. Ein Rotorblatt hat eine Länge von knapp 56 Meter. Der Rotordurchmesser beträgt 114 Meter. Ein Rotorblatt wiegt wiederum 14 Tonnen, die Nabe 23 Tonnen. Der komplette Rotorstern (3 Rotorblätter plus Nabe) hat somit ein Gesamtgewicht von 65 Tonnen.
Je nach Hersteller, Typ und Standortqualität (Windhöffigkeit) kann ein Anlagenwert von etwa fünf bis Millionen Euro angenommen werden, so Projektleiter Robin Stoffers von der Firma Abo Wind AG mit Sitz in Wiesbaden als Betreiber des Windparks bei Brünnstadt. Rund zehn Mal im Jahr kommt es vor, dass sich Menschen oben im Windrad zum Zweck turnusmäßiger Wartungen und Inspektionen aufhalten. Diese werden rein von eingewiesenen und geschulten Fachleuten durchgeführt, die zudem höhentauglich und in der Höhenrettung ausgebildet sein müssen.
Im Normalfall genügt der Regen, um die Windräder von außen zu reinigen. In Ausnahmefällen kommen geschulte Höhenkletterer mit spezieller technischer Ausrüstung zum Einsatz.