Von den 12 Millionen Männern über 50 Jahre in Deutschland leiden etwa 30 Prozent an einer behandlungsbedürftigen, gutartigen Vergrößerung der Prostata. Diese äußert sich in "Startproblemen" beim Wasserlassen, Nachträufeln, abgeschwächtem Harnstrahl, vermehrtem nächtlichen Wasserlassen, in häufigem, plötzlichem Harndrang mit Urinabgang und in zweizeitiger Miktion (kurz nach einer vermeintlichen vollständigen Entleerung drängt schon wieder eine zweite).
Ein wahrhaft drängendes Thema für ein Leopoldina-Arzt-Patienten-Seminar. Dr. Alexander Krebs, seit April 2022 Chefarzt der Klinik für Urologie und Kinderurologie, referierte ausführlich und anschaulich über "Männerbeschwerden: Wenn die Prostata Probleme macht" vor einem großen Männer-Publikum. In einigen Fällen waren auch Begleiterinnen zur Unterstützung mitgekommen.
Anatomie und Funktion
Die Prostata (Vorsteherdrüse) ist eine etwa vier Zentimeter große, walnussförmige Drüse. Sie sitzt direkt unterhalb der Harnblase und umschließt wie ein Ring die Harnröhre, die den Urin von der Blase durch die Prostata und den Penis leitet. Neben der Samenflüssigkeit zur Beweglichkeit der Samenzellen wird in der Prostata ein ihr spezifisches Antigen (PSA) gebildet, das eine Schlüsselrolle bei der Früherkennung von Prostatakrebs spielt.
Die Prostata wächst ab dem 30. Lebensjahr. Die Ursachen sind noch ungeklärt, wahrscheinlich spielen Änderungen im Hormonstoffwechsel eine Rolle, wobei vermehrt Östrogene das Wachstum auslösen. Besonders wächst das Prostatagewebe in die Harnröhre hinein. Es kann die Harnwege einengen und dadurch die erwähnten Beschwerden verursachen.
Hinter den subjektiven Beschwerden stehen ernst zu nehmende Probleme: Restharn kann zu Entzündungen der Harnwege führen, bei Harnverhalt kann der Urinabfluss ganz unterbleiben (Nierenschäden), kleine Blasensteine werden nicht mehr ausgespült und wachsen, Blasenwandverdickung mit Ausstülpungen der Blasenschleimhaut (Divertikel) entstehen durch den jetzt notwendigen erhöhten Blasendruck für eine Entleerung.
Sorgfältige Diagnostik zuerst
Die sorgfältige Diagnostik umfasst: Anamnese, einen Fragebogen zur Ermittlung des Schweregrades der Beschwerden (IPSS-Score), klinische Untersuchung, Tastuntersuchung Prostata, Labor (Urinanalyse und PSA), Sonografie, Harnstrahlmessung. Zusätzlich, je nach Beschwerden, besteht die Möglichkeit einer Blasenspiegelung, Röntgen der Harnröhre sowie Blasendruckmessung.
"Die Therapie ist abhängig vom Leidensdruck und der erhobenen Befunde in der Diagnostik", erklärt der Chefarzt. Bei nur abgeschwächtem Harnstrahl und mäßigem Restharn ist ein Zuwarten mit regelmäßiger Kontrolle angebracht. Als pflanzliche Therapie gibt es Medikamente aus Brennesselwurzel-, Kürbiskern- und Sägepalme-Extrakt (Granufink, Prostagutt). Sie hemmen die männlichen Sexualhormone, sind entzündungshemmend und verbessern bei milden Symptomen die Beschwerden.
Medikamente oder Operation
So genannte anticholinerge Medikamente wie Spasmex bewirken bei Drangbeschwerden eine Entspannung der Blase. Alpha-Blocker verbessern durch Muskelentspannung im Bereich Prostata/Blasenhals den Harnfluss. Wirkung bereits nach Tagen, die Prostatagröße bleibt konstant. Anders wirken die 5-Alpha-Reduktionshemmer wie Finasterid oder Dutastarid. Sie verkleinern die Prostata nach Wochen. Dr.Krebs weist auf das "Post Finasterid Syndrom" hin: Nebenwirkungen wie Störungen der Sexualfunktion sowie psychische und mentale Veränderungen können auftreten.
Doch es gibt Fälle, in denen unbedingt operiert werden muss: Wiederkehrende Harnverhaltungen und Infekte, blutiger Urin, Blasendivertikel und Blasensteine. Im Leopoldina werden verschiedene OP-Verfahren angewandt. Als effektivste Methode und einer Dauer von nur ein bis eineinhalb Stunden bezeichnet Krebs die klassische TURP-Operation, bei der das überschüssige Prostatagewebe, das zu Problemen beim Wasserlassen führt, mit Hilfe einer Drahtschlinge und hoch frequentem Strom abgetragen wird. Nebenwirkung ist oft eine "trockene" Ejakulation (das Sperma gelangt in die Blase).
Ein offenes (kleiner Bauchschnitt) und effektives Verfahren ist die Roboter (Da Vinci) assistierte Adenomenukleation für eine Prostatavergrößerung über 100 ccm. Als dritte OP-Methode steht der Leopoldina-Urologie ab Januar 2024 ein modernes Holmium -Lasergerät zur Verfügung. Mit einer flexiblen Laserfaser (Zugang Harnröhre) wird das Prostatagewebe direkt aus der Prostata ausgelöst. Dieses Gewebe wird anschließend in der Blase zerkleinert, dann abgesaugt. Nach seinem Vortrag beantwortete Chefarzt Dr. Krebs die zahlreichen Fragen der Zuhörer.