Bei der Premiere waren 60 Handys im Einsatz. Martina Ottmann als Dirigentin, die Sprechgeräte auf Klingelton gestellt und los ging es mit dem Orchester ohne Instrumente. Es muss ein geniales Konzert gewesen sein. In Schweinfurt war es das nicht, weil nur 20 Kabarettfreunde am Freitagabend in die Disharmonie gekommen waren. Und von denen hatte keiner ein Handy dabei. Gerettet hat Tonmeister Philipp den Gag, mit dem sie die Einsparwut der Politik bei der Kultur geißelt. Dennoch: Ein Handy als Orchester, das war für Ottmann eine Premiere.
Die Bühne ist der vielfach ausgezeichneten – unter anderem schon 1996 mit dem Passauer Scharfrichterbeil – Kabarettistin und Sängerin von Anfang an zu klein, dehnt sie deshalb auf den Zuschauerraum aus und verschafft so vornehmlich Joachim eine Hauptrolle. Der Mann aus Röthlein wollte sich eigentlich nur ihre „Machtkrämpfe“ anschauen, hat sich aber in die erste Reihe gesetzt. Das ist immer gefährlich. Schnell ist Joachim kein Zuschauer mehr, er ist Mitspieler. Auch beim Handy-Klingelton-Konzert ist Joachim mit von der Partie: Vibriere, ruft Ottmann und Joachim vibriert.
Die Geschichten der Ottmann quer durchs Leben und die Politik sind abstrus, überzeichnet, aber jede der von dem Wirbelwind gespielten Storys sind deftige Kritik. Zum Beispiel an der Gesundheitsreform. Um sich das alles – Zuzahlungen ! – noch leisten zu können, rät sie zu billigeren Lösungen, beim Armbruch beispielsweise zum vorherigen Erwerb von Gips bei OBI. Auch Joachim mischt wieder mit. Knauf, ruft er ihr als weitere Gips-Quelle zu.
Die Ottmann beschäftigt sich mit dem Klimawandel und den Sozialgesetzen in einem, Luft IV, heißt dieser Part. Stoiber hat sie noch nicht aus dem Programm geschmissen. „Macht“ hat er zwar keine mehr, aber „Krämpfe“ beim Reden. Schulreform, Finanzamt und die Fitnesswelle werden auf den Arm genommen, oder besser in die computergesteuerten Jogging-Schuhe gesteckt. Kein Kalauer ist direkt, immer ungewöhnlich, immer an der Grenze zum Märchen, vielleicht deshalb so schön.
Ganz stark ist die Sängerin Ottmann. Warum sie nur drei Lieder singt, verwundert. Sie war in diesem Punkt tatsächlich ein wenig „zu geringfügig beschäftigt“. Auch nicht jeder Witz ist gut. Das Handy trägt sie am Arm, nicht an der Hose, weil es dann Hosy heißen müsste. So was muss nicht sein. Dennoch: Die 90 mächtigen, nie verkrampften Minuten hätten mehr als 20 Kabarettfreunde verdient.