Kai-Uwe Rüde (42), der Geschäftsführer der Deutschland-GmbH von SRAM und Chef der Nabenfabrik im Maintal, gibt seinen Posten auf und geht im Auftrag der amerikanischen Privateigentümer der SRAM-Corporation nach China. In der boomenden Metropole Shanghai soll Rüde das Asien-Geschäft von SRAM managen und vor allem im nahen Souzhou eine neue Fabrik der SRAM-Corporation ausbauen, die bereits ihre Arbeit aufgenommen hat und derzeit etwa 70 Mitarbeiter beschäftigt. Dies bestätigte der Betriebsratsvorsitzende bei SRAM, Heinz Amling, auf Anfrage dieser Zeitung.
Seiner Belegschaft sei das Revirement mittlerweile bekannt, so Amling. Allgemein habe es große Überraschung ausgelöst, zumal sich Rüde ein Haus in Schweinfurt gekauft und mehrfach geäußert habe, am Standort zu bleiben und für den Erhalt des Nabenwerkes mit zu kämpfen.
Die bisherigen Aufgaben Rüdes (42) wird der 45 Jahre alte Werner Pickel übernehmen. Er ist ein Sohn des bekannten Ehrenkreishandwerksmeisters Alfons Pickel aus Alitzheim, kam von Sachs mit der damaligen Nabenbelegschaft mit ins Maintal, hat die Fabrik dort zum Laufen gebracht und leitete in dieser bislang die Produktion.
Amling nennt ihn einen "absoluten Fachmann und verwurzelten Schweinfurter, der in der Belegschaft großes Vertrauen genießt." Gleichwohl habe dieser Wechsel Erschrockenheit und Zukunftsängste ausgelöst, so Amling weiter. Zwar behaupte die Geschäftsleitung, das chinesische Werk würde nur für den asiatischen Raum produzieren, doch werde es nicht dabei bleiben, sobald die nötigen Qualitätsstandards erreicht und die Kapazitäten aufgebaut sind.
Im Maintal-Werk sind die Kapazitäten derzeit voll ausgelastet; es wird teilweise in drei Schichten gearbeitet. Neben der 3-Gang-Nabe läuft vor allem die (profitable) 7-Gang-Nabe hervorragend. "Es könnte durchaus sein, dass wir in dieser Saison an die zwei Millionen Naben produzieren; die Profit-Vorgaben des Eigners sind nach dem Personalabbau und dank der guten Konjunktur derzeit jedenfalls voll erfüllt," konstatierte Amling zu einem Thema, welches vor einem Jahr noch zu demonstrativen Auseinandersetzungen geführt hatte.
Mitte 2006 läuft die Beschäftigungssicherung in der SRAM-Fabrik aus. Bis dahin soll Rüde das Asien-Projekt konkurrenzfähig aufgestellt haben. "Bis dahin also," sagt Heinz Amling, "müssen wir in Schweinfurt weiter rationalisieren und erreicht haben, dass wir noch kostengünstiger fertigen und insbesondere mit neuen Produkten konkurrenzfähig sind. Wenn uns das nicht gelingt, dann werden wir - da bin ich mir ziemlich sicher - wiederum in Frage gestellt."
Der Fahrrad-Zulieferer SRAM ist trotz der scheinbar übermächtigen japanischen Konkurrenz Marktführer in Europa, steht jedoch, ähnlich wie die hiesigen Zulieferer an die Automobilindustrie, unter starkem Preisdruck. SRAM lässt deshalb Teile für seine Naben im billigeren Tschechien fertigen. Die Verlagerung der gesamten Produktion dorthin, wie vor einem Jahr von Rüde verlangt, konnte verhindern werden. Die Alternative heißt jetzt China.
Der Betriebsratsvorsitzende sieht auch eine andere, nämlich "Zusammenstehen und Leistung." Und er sieht mit dem neuen Chef die Chance, den derzeitigen Erfolg zu verfestigen und die Beschäftigungssicherung bis ins Jahr 2008 zu verlängern. In Gegenleistung würde der Betriebsrat Überstunden und befristete Einstellungen (ohne Kündigungen zuvor) akzeptieren. Bayerns flexibelstes Arbeitszeitmodell habe man eh.