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SCHWEINFURT: Wie stark ist der Islamismus in der Region?

SCHWEINFURT

Wie stark ist der Islamismus in der Region?

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    Bei 20 Prozent der Radikalisierungfälle handelt es sich um eine Frau.
    Bei 20 Prozent der Radikalisierungfälle handelt es sich um eine Frau. Foto: Boris Roessler, dpa

    Trotz des Axt-Anschlags bei Würzburg vor knapp zwei Jahren gilt die Region nicht gerade als Islamisten-Hochburg. Im Gegenteil: „Die Zahl der Personen, die in Unterfranken als Gefährder geführt werden, liegt im niedrigen einstelligen Bereich“, erklärt Polizeisprecher Björn Schmitt und ergänzt, dass das auch Personen sein könnten, die sich „im Ausland aufhalten oder in Untersuchungshaft sitzen“.

    Umso alarmierender klang eine Randbemerkung in einer Pressemitteilung des bayerischen Sozialministeriums: Allein in Schweinfurt seien „laut Einschätzungen der Polizei mindestens 60 religiös begründete Radikalisierungen bekannt“, hieß es kürzlich in einer Information über ein Präventionsprojekt, das vom Freistaat initiiert und bezuschusst wird. Auf Nachfrage dieser Redaktion relativieren Ermittler diese Zahl. Eine Gruppierung haben sie in Schweinfurt allerdings im Blick.

    Welche Bevölkerungsgruppe besonders gefährdet ist

    Fälle, wie sie das Sozialministerium in der Pressemitteilung anspricht, würden bei der Polizei statistisch gar nicht erfasst, so Polizeisprecher Björn Schmitt. Zudem sei die Begrifflichkeit „religiös begründete Radikalisierung“ zu allgemein gehalten. So gebe es „Fälle, die zunächst als Verdacht einer Radikalisierung gemeldet werden“, sich aber „nicht zwangsläufig als solche bestätigen“. Außerdem spiele auch die „Sozialisation von vermeintlich radikalisierten Personen“ eine Rolle: „Eine Person, die sich in Deutschland bewusst einer fundamentalistischen Strömung anschließt, ist anders zu bewerten, als zum Beispiel Flüchtlinge, die aus einem anderen Wertesystem zu uns kommen und zunächst einem Anpassungsprozess unterliegen“, so Schmitt.

    In ganz Unterfranken befinden sich laut Polizei und Landeskriminalamt (LKA) derzeit insgesamt nur drei Personen in einem Deradikalisierungsprogramm. Dabei handle es sich um zum Islam konvertierte Deutsche im Alter zwischen 20 und 30 Jahren. Bayernweit werden laut dem LKA aktuell 32 Personen in sogenannten ausstiegsbegleitenden Maßnahmen betreut. Meist handle es sich bei Radikalisierungsfällen um Jugendliche und junge Erwachsene. Sie seien hier eine „überdurchschnittlich repräsentierte Gruppe“. In etwa 20 Prozent der Fälle hätten es die Ermittler mit Frauen zu tun.

    So stark ist die Salafistenszene in Bayern

    Zu den Hintergründen ließen sich zwar keine pauschalen Aussagen machen, so das LKA weiter. Radikalisierungsverläufe seien individuelle Prozesse. Bei „labilen und orientierungslosen Jugendlichen“ scheine allerdings „eine größere Radikalisierungsgefährdung“ vorzuliegen. Und in vielen Fällen spiele das Internet und der Kontakt zu Personen aus der salafistischen Szene eine entscheidende Rolle.

    Letztere hat laut dem Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) 730 Anhänger im Freistaat, ein Viertel gilt als gewaltbereit. Schwerpunkte sind die Ballungsräume München und Nürnberg. „In Unterfranken konnten bislang keine Vereins- oder Moscheegründungen salafistischer Strukturen festgestellt werden“, so ein LfV-Sprecher auf Nachfrage.

    „Islamische Jugend Aschaffenburg“ und „Tablighi Jama'at“

    Lediglich die Islamische Jugend Aschaffenburg (IJA) hatte in der Region für Aufsehen gesorgt – ein Zusammenschluss junger Muslime ohne Organisationsstruktur, die in den Jahren 2014 und 2015 eine Nähe zum Salafismus erkennen ließen. Einige von ihnen waren in der Ende 2016 durch das Bundesinnenministerium verbotenen Koranverteilungsaktionen „Lies!“ aktiv. Laut Verfassungsschutz sind allerdings seit Ende 2015 „keine Aktivitäten der IJA mehr erkennbar“.

    Und woher kommen nun die „60 religiös begründeten Radikalisierungen“, von denen das Sozialministerium spricht? Auf Anfrage erklärt eine Ministeriumssprecherin, dabei handle „es sich wohl um Mitglieder der Gruppe ,Tablighi Jama'at‘“ (TJ). Die Gruppierung, die nicht zum salafistischen Spektrum zählt, wird vom Verfassungsschutz beobachtet. Deren bayernweit 140 Anhänger „vertreten eine wörtliche Auslegung des Korans und der Sunna, die politische und gesellschaftliche Ausgrenzung von Frauen und die Abgrenzung zu Nicht-Muslimen“, heißt es im aktuellen Verfassungsschutzbericht für Bayern.

    In Unterfranken ist die „Tablighi Jama'at“ vor allem „in der Stadt Schweinfurt und deren Umland aktiv“, bestätigt ein LfV-Sprecher gegenüber dieser Redaktion. In einer TJ-eigenen Moschee fänden demnach regelmäßig Treffen statt, zu denen ausschließlich Teilnehmer mit TJ-Hintergrund zugelassen seien. Dabei würden Aktivitäten geplant und bilanziert – unter anderem missionarische Tätigkeiten.

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