Bei der ersten Mahnwache nach der Sommerpause, aber bewusst noch vor den Landtags- und Bundestagswahlen veranstaltet, hat das Schweinfurter Aktionsbündnis gegen Atomanlagen am Montagabend einmal mehr die sofortige Abschaltung aller Kernkraftwerke gefordert. Das vor allem wegen der noch immer ungeklärten Endlagerung des Atommülls, der in einem „erschreckenden Ausmaß“ weiter produziert werde, sagte Sprecherin Babs Günther auf dem Georg-Wichtermann-Platz vor rund 60 Zuhörern, darunter mit dem energiepolitischen Sprecher der Grünen im Bundestag, Hans Josef Fell, sowie zahlreichen Stadt- und Kreisräten auch einige prominente Namen.
Babs Günther erinnerte an eine kürzlich erfolgte Spendenübergabe an die hiesige Tschernobyl-Hilfe von Erwin Koch, der dabei über die „verheerenden Auswirkungen dieses Super-Gaus“ informiert habe, die „nach 27 Jahren noch immer verheerend sind“. Nicht minder erschreckend seien die Folgen der Atomkatastrophe von Fukushima, sagte sie und listet die aktuelle Gefahrenlage durch kontaminiertes Wasser.
Breiten Raum widmete Günther auch dem Thema Katastrophenschutz und Evakuierung im Falle eines Atomunfalls in Grafenrheinfeld. Das Bayerische Innenministerium habe auf Anfrage mitgeteilt, dass man seit zwei Jahren an einem neuen Katastrophenschutzplan, der die in Fukushima gemachten Erfahrungen beinhalten solle.
Günther machte bei der Mahnwache keinen Hehl daraus, dass auch der für den Sommer 2013 angekündigte neue ebenso wie der existente Katastrophenschutzplan aus „Reißbrettmaßnahmen besteht, die mit der Situation im Ernstfall nicht viel zu tun haben“.
Sie erinnerte in diesem Zusammenhang an die Auswertung einer Luftballonaktion durch Erich Waldherr vom Bund Naturschutz. Die Fundorte der bei einer Anti-Atom-Demo 1998 losgelassenen Ballons lagen im Raum Kitzingen, wohin laut gültigem Katastrophenschutzplan beispielsweise die Bürger aus Gochsheim evakuiert würden. Ein Atomunfall sei möglich, während die Evakuierung kläglich sei, sagte Günther. Am Ende der Mahnwache verteilten Akteure des Bündnisses Plakate mit diesem Slogan an die Vertreter verschiedener Umweltverbände und Parteien mit der Aufforderung, sie im öffentlichen Raum zu platzieren.
Dem Thema Energiewende widmete sich als zweiter Redner Edo Günther, Vorsitzender der Schweinfurter Kreisgruppe im Bund Naturschutz. Sie sei, wie Umfragen bestätigten, in Deutschland nach wie vor populär, was die schwarz-gelbe Führungsriege dazu veranlasse, „die vergifteten Botschaften zu streuen, dass die Energiewende gegen die Bürger erfolgt und zu teuer ist“, sagte Günther.
Gerechtfertigt sei heute eine EEG-Umlage von maximal 2,2 Cent pro Kilowattstunde. Die aktuelle 5,3 Cent/kWh beruhten auf „Regierungspfusch“. Das EEG sei mit der falschen Entscheidung zur Börsenvermarktung von EEG-Strom und systemfremden Privilegien „für so genannte stromintensive Industrieunternehmen überfrachtet“. Eine dezentrale Energiewende ohne Atomkraft dürfe nicht weiter torpediert werden, weil die Mehrheit der Bevölkerung sie wolle, sie die Zukunft unserer innovativen Wirtschaft sichere, weil sie Arbeitsplätze schaffe und wegführe vom teuren Oligopol der Stromkonzerne. Der Künstler Eugen de Ryck kümmerte sich um den musikalischen Rahmen.
„Reißbrettmaßnahmen, die mit der Situation im Ernstfall nicht viel zu tun haben“.
Babs Günther zum Katastrophenschutzplan