Nach Wochen der Ruhe haben sich wenige Tage vor Weihnachten mehrere Gruppierungen, die einen Nationalpark im Steigerwald fordern, in Pressemitteilungen wieder zu Wort gemeldet. Der Grund seien "massive Fällungen in den Staatswäldern im Nordsteigerwald".
"Wir sehen mit großer Sorge, dass gerade die dicksten Buchen konsequent herausgeschlagen wurden und so große Löcher in das schattenspendende Kronendach gerissen werden", wird Ulla Reck vom Freundeskreis Nationalpark Steigerwald in einer gemeinsamen Pressemitteilung von Bund Naturschutz (BN) und Landesbund für Vogelschutz (LBV) zitiert. "In Zeiten der Klimakrise mit extremer Hitze und Trockenheit ist dies schädlich für den verbleibenden Wald."
Es werde verhindert, dass ein alter Wald mit dicken Bäumen entstehen kann, beklagt Ralf Straußberger als BN-Waldreferent. „BN und LBV fordern einen sofortigen Einschlagsstopp im Nationalpark-Suchraum, der nur neun Prozent der Fläche des Naturparks Steigerwald beträgt“, so Martin Geilhufe, BN-Landesbeauftragter und Helmut Beran, Geschäftsführer des Landesbund für Vogelschutz (LBV). Während Rheinland-Pfalz mit einem Einschlagstopp alle alten staatlichen Buchenwälder über 100 Jahre vor den Folgen der Klimakrise schütze, würden die Bayerischen Staatsforste gezielt die dicken Buchen herausschlagen.
Auch die Parteivorsitzende der bayerischen Grünen, Eva Lettenbauer, und die Bundestagsabgeordnete Lisa Badum, Sprecherin des Bündnisses "Steigi bleibt", haben sich zu Wort gemeldet. Das derzeitige Konzept, Bäume nur ab einem Durchmesser von über 80 Zentimetern zu schützen, führe zur gezielten Fällung von Buchen, die knapp 80 Zentimetern oder darunter sind. "Wir fordern ein Ende der Ideologie bei den Staatsforsten und endlich ein Zugehen auf die Bevölkerung. Es hat nie eine Machbarkeitsstudie für einen Nationalpark Steigerwald gegeben. Es steht den Staatsforsten als Unternehmen im Eigentum der Bevölkerung daher nicht zu, Franken die Grundlage für einen Nationalpark und ein Weltnaturerbe zu entziehen und zu fällen. Es muss ein Moratorium der Baumfällungen im Nordsteigerwald geben."
Forstbetriebsleiter Ulrich Mergner vom Forstbetrieb Ebrach weist die Vorwürfe zurück. Es habe keine „massiven Fällungen" gegeben. Eine Ernte von zehn bis 20 Bäumen pro Hektar bei gleichzeitigem Belassen von vielen Hunderten nicht genutzten Bäumen, darunter bis zu 14 Biotop-Bäumen pro Hektar sei vielmehr eine sehr schonende Nutzung, betont Mergner. Falsch sei, wenn Ulla Reck behaupte, dass der Forstbetrieb die dicksten Buchen fällen lässt. "Dicke Buchen haben auf Brusthöhe einen Durchmesser über 80 cm und bleiben grundsätzlich als Methusalembäume im Wald stehen. Sie werden auch nach ihrem Ableben nicht genutzt", stellt der Forstbetriebsleiter klar.
Falsch sei auch, wenn behauptet werde, dass große Löcher in das Kronendach geschlagen werden. Offenbar habe man übersehen, dass ein Unter- und Zwischenstand für Schatten sorgt. Lediglich dort, wo lichtbedürftige Mischbaumarten als künftiger Klimawald gepflanzt werden, werde in vorsichtiger Weise etwas mehr Licht gegeben. Denn andernfalls würden instabile Buchen-Reinbestände nachwachsen. Falsch sei auch, dass im Steigerwald die Artenvielfalt bei Nichtnutzung zunehme würde. Genau das Gegenteil sei der Fall: "Die Baumartenvielfalt geht dramatisch zurück. Das betrifft vor allem die Baumart Eiche, die weniger Schatten verträgt und von der Buchennaturverjüngung gnadenlos überwachsen wird", so Mergner.
Falsch sei auch, so Mergner, dass ungenutzte Wälder widerstandsfähiger in der Klimakrise seien. Die Absterbevorgänge in den ungenutzten Naturwaldreservaten des Steigerwalds zeigten deutlich, dass in erster Linie die geologische Grundlage entscheidend für die Trockenschäden an den Buchen sei. Es sei unbewiesen, dass nutzungsfreie Wälder mehr Wasser speichern als genutzte Wälder.