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Euerbach: Wieviel Biber verträgt das Land?

Euerbach

Wieviel Biber verträgt das Land?

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    Vor der stattlichen Biberburg am Kützberger Bach bei Euerbach informierten (von links) Poppenhausens Bürgermeister Ludwig Nätscher, Gerhard Weniger von der Unteren Naturschutzbehörde und Euerbachs Bürgermeisterin Simone Seufert.
    Vor der stattlichen Biberburg am Kützberger Bach bei Euerbach informierten (von links) Poppenhausens Bürgermeister Ludwig Nätscher, Gerhard Weniger von der Unteren Naturschutzbehörde und Euerbachs Bürgermeisterin Simone Seufert. Foto: Silvia Eidel

    Angesichts zunehmender Besiedelung von Bächen und Gewässern durch den streng geschützten Biber stellte Poppenhausens Bürgermeister Ludwig Nätscher bei einem Ortstermin die Frage "Wieviel Biber verträgt das Land?" an die Untere Naturschutzbehörde. Denn der fleißige Nager beschäftigt bei aller gewünschten Entwicklung auch permanent die Rathäuser und Bauhöfe und gefährdet teils auch Wege und Straßen.

    Ziemlich eindrucksvoll sieht die zwei Meter hohe Biberburg am Kützberger Bach außerhalb von Euerbach aus. Dünne Bäumchen und Äste hat der Nager gefällt und auf einen imposanten Berg gehievt. Seit Herbst hat er vor allem einen langen Damm errichtet, so dass sich eine richtige Seenlandschaft aufstaute. Diese liegt auf einer Fläche der Gemeinde Euerbach am renaturierten Bach, wo sich ursprünglich eine Feuchtwiese bilden sollte, jetzt aber ein Biberrevier für einen ökologisch wertvollen, artenreichen Lebensraum sorgt.

    Weil in Corona-Zeiten die Menschen viel mehr spazieren gehen, registrieren sie solche Naturschauspiele häufiger und fragen im Rathaus nach, bestätigt Euerbachs Bürgermeisterin Simone Seufert. Positive Stimmen gebe es genauso wie Fragen zum Weg, dem jetzt Vernässung droht.

    Für die Gemeinde ist es das zweite Bibervorkommen neben der renaturierten Euer in Richtung Geldersheim. In der Nachbargemeinde Poppenhausen zählt Bürgermeister Nätscher mindestens fünf Biberreviere: bei Pfersdorf, Hain, Kützberg, Kronungen und Maibach. Wobei er unterstreicht, dass die Natur und das Landschaftsbild durchaus vom Biber profitieren.

    Pro Revier werden im Schnitt drei Tiere gerechnet, erklärt Gerhard Weniger von der Unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt. Er ist für die Gemeinden Ansprechpartner beim "Bibermanagement", er will Interessenskonflikte vermeiden und lösen. Der Artenschutz steht den  Interessen der Eigentümer, gerade der Landwirtschaft, gegenüber. Weniger klärt mit den Gemeinden ab, wann welche Maßnahmen zu ergreifen sind. Ob wegen drohender Vernässung von Äckern und Wegen etwa Dammdrainagen nötig sind. Ob nach vorheriger Begutachtung Dammkronen reduziert werden müssen. Ob auch schon mal Dämme weggenommen werden müssen, etwa im Ortsbereich. "Die Zusammenarbeit klappt auch sehr gut", beteuern die beiden Bürgermeister.

    Der aufgestaute Kützberger Bach hat bei Euerbach eine Seenlandschaft geschaffen.
    Der aufgestaute Kützberger Bach hat bei Euerbach eine Seenlandschaft geschaffen. Foto: Silvia Eidel

    Noch sei der Aufwand, den der Biber verursacht, zu handhaben, meint Nätscher. "Aber was ist in Zukunft?", will er wissen. Sein Bauhofleiter Marco Preuske bestätigt wie sein Euerbacher Kollege Sebastian Marx, dass mit wöchentlichen Kontrollen und wiederkehrenden Maßnahmen die Arbeitskapazität des Bauhofs immer stärker gebunden werde. Da wurden schon Asphaltwege unterhöhlt, die der Bauhof mit Beton ausgießen musste, Röhren zum Abfließen des Wassers mussten gelegt, immer wieder Schlamm und Äste beseitigt werden.

    Grundsätzlich stellt Weniger klar, dass alle Beteiligten gefordert seien, um Konflikte so gering wie möglich zu halten und gleichzeitig den Erhalt der Biberpopulation zu sichern. Es sei aber nicht zu erwarten, dass sich der Biber immer weiter vermehre. Geeignete Gewässerabschnitte seien meist schon belegt. Wenn Jungtiere in bereits besetzte Reviere kämen, gebe es heftige Kämpfe, die die Tiere dezimieren. Aber auch durch den Verkehr gebe es Verluste.

    Die Antwort auf die Frage der generellen Unter-Schutz-Stellung des Nagetiers liegt aber nicht beim Landratsamt. Nach dem deutschen Bundesnaturgesetz steht der Biber nach wie vor auf der Roten Liste der gefährdeten Arten. Nach der FFH-Richtlinie (Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie) ist er auch in der EU streng geschützt.

    Bayern ist nach offiziellen Angaben zwischenzeitlich fast flächendeckend wieder mit dem Biber besiedelt, nachdem er einst ausgerottet war. Derzeit wird der bayerische Biberbestand auf circa 22 000 Tiere in etwa 6000 Revieren geschätzt. Für den Landkreis Schweinfurt gibt es keine systematische Untersuchung.

    Auf die vielen positiven Effekte des Bibers weißt Weniger hin: auf die Artenvielfalt, die in solchen Revieren entsteht. Auch der natürliche Wasserrückhalt werde durch die Biber-Landschaften vergrößert, was Euerbach gerade erst beim Hochwasserschub zugute kam. Angesichts der trockenen Sommer sorgt der Biber auch dafür, dass auf angrenzenden Wiesen überhaupt etwas wächst und gemäht werden kann. "Beim Biber muss man frühzeitig das Problem erkennen und zeitnah reagieren", weiß der Fachmann. Aktuell haben sowohl Euerbach als auch Poppenhausen größere (Obst-)Bäume in Bibernähe mit Drahthosen versehen, um einerseits diese vor dem Annagen zu schützen, andererseits angrenzende Wege zu sichern.

    Angesichts der gestiegenen Biberbestände hat der Freistaat Bayern Anfang dieses Jahres sein Budget für Ausgleichszahlungen an die Land-, Forst- und Teichwirtschaft für Biberschäden um 100 000 Euro auf 550 000 Euro erhöht. Gemeinden können als öffentliche Hand zwar keinen Ausgleich erhalten,  aber Kosten für Material, etwa Dammdrainagen, würden erstattet, informiert Weniger.

    Große Bäume hat der Bauhof Euerbach zum Schutz vor dem Biber mit Maschendraht umgeben. Hier begutachten Bauhofleiter und Gerhard Weniger von der Unteren Naturschutzbehörde den Weg, der durch das hoch anstehende Wasser von Vernässung bedroht ist.
    Große Bäume hat der Bauhof Euerbach zum Schutz vor dem Biber mit Maschendraht umgeben. Hier begutachten Bauhofleiter und Gerhard Weniger von der Unteren Naturschutzbehörde den Weg, der durch das hoch anstehende Wasser von Vernässung bedroht ist. Foto: Silvia Eidel
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