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SCHWEINFURT: Wir töpfern uns einen Stützstrumpf

SCHWEINFURT

Wir töpfern uns einen Stützstrumpf

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    Weisheiten vom Philosophen-Papa: Andrea Badey.
    Weisheiten vom Philosophen-Papa: Andrea Badey. Foto: FOTO Herker

    Die Kabarettistin Andrea Badey aus Oberhausen, bewaffnet mit bestem Kohlenpott-Slang und –witz, muss bei ihrem Gastspiel in der Disharmonie zunächst gewaltig ackern. Doch die gelernte Schauspielerin und Komödiantin hat ja ihr Alter Ego mitgebracht, ihren ständig an der Zigarre nuckelnden Vater, einen polnischen, lebensklugen Bergmann, den „Zigeuner, Bilderfälscher, Frauenversteher und Teppich- und Rohrverleger“. Der ermutigte sie schon als Schülerin: „Du hast den Mut der Verzweiflung, Andrea, riskier' was im Leben!“ Sie tut es auch an diesem Abend. Und so hat die Künstlerin trotz ständiger Handy-Störungen und zweier sich lümmelnden und sich unterhaltenden Bierfreunde in der ersten Reihe bald das Publikum auf ihrer Seite.

    „Zwischen Tanga und Treppenlift“ heißt Badeys neues Programm, und es beschäftigt sich mal komisch, mal nachdenklich mit dem Älterwerden. „Irgendwann kriegt jeder einen Hals wie ein Truthahn“, beschreibt sie brutal-anschaulich die Vergänglichkeit des Fleisches. Was soll man machen mit 50, fragt sie ins Publikum: Bauchtanzen oder einen vhs-Kurs „Wir töpfern uns eine Stützstrumpfhose“? Eines sei jedenfalls klar: „Älterwerden ist nichts für Feiglinge.“ Und einen Trost gibt es ja immer noch: „Was bleibt, ist die Liebe. Alles andere ist noch schlimmer“.

    Dann nimmt die Kabarettistin das Publikum mit auf ihre kunterbunte Lebensreise. Plaudert von den 70er-Jahre-Feten in Oberhausen, von den missglückten ersten Kussattacken von „Böört“ mit dem Mundgeruch, der später Bratscher und ihr inzwischen geschiedener Ehemann wurde. „Damals trug ich eine Zahnspange, groß wie eine Kettensäge – trotzdem versuchte er sich an mir.“ Orientierung erhofft sie vergeblich in Simone de Beauvoirs „Das andere Geschlecht“, und auch ihre polnische Freundin ist ihr keine Hilfe: „Es gibt immer zwei Möglichkeiten im Leben, manchmal sind beide Scheiße.“

    Immer wieder verwandelt sich die Badey in ihren Vater, schlägt auch nachdenkliche Töne an. Der sinniert mit ihr über das Älterwerden, das ja auch etwas mit dem Tod zu tun habe. Er erzählt von seiner „Verschüttung“ im Bergwerk, als ein toter Kumpel stundenlang neben ihm lag. Und er fabuliert von seiner Unterhaltung mit Gott: „Lass mich noch ein paar Runden drehen.“ Das wurde erhört, und Kumpel Helmut verließ nach seiner Rettung Familie und Oberhausen, ging nach Tahiti und Afrika – weit fort. Und wenn seine Tochter Andrea mal Sehnsucht nach ihm hat – auch da weiß der polnische Philosoph einen tröstlichen Rat: „Ständiger Wohnsitz ist doch dein Herz, da kann man sich auch immer mal besuchen kommen.“

    Zum Schluss noch ein Zitat von ihm: „Man darf alles falsch machen im Leben – nur auslassen darf man nichts.“ Kein Wunder, dass die Künstlerin diesem klugen Papa ein besonderes Loblied singt: Den James-Brown-Klassiker „This is a man's world“. Freundlicher Applaus.

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