Geldersheim (sia) Wenn im Mittelalter Feinde in ein Dorf einfielen, suchten die Bewohner Zuflucht in ihren Kirchen, wenn vorhanden in den Kirchenburgen. Heute sind viele dieser ungewöhnlichen Denkmäler gerade im Schweinfurter Umland wieder auf dem Weg, ein Zentrum im Ort zu werden, wie eine Ausstellung über unterfränkische Kirchenburgen in Geldersheim zeigt.
Gerade die Region um Schweinfurt, aber auch das Rhönvorland und der Landkreis Kitzingen bergen viele dieser Kirchenburgen, die als Wahrzeichen Frankens gelten. Daher macht die Wanderausstellung "Unterfränkische Kirchenburgen heute - Nutzung historischer Bausubstanz" bis zum 4. Juli erstmals im Landkreis Schweinfurt Station.
Als Projekt des Bezirks Unterfranken und der Direktion für Ländliche Entwicklung konzipierte die Kunsthistorikerin Daniela Schedel die 21 Schautafeln mit vielen Fotos, die in den Gaden Geldersheim zu besichtigen sind. Dabei geht es darum, von der historischen Bedeutung der Kirchenburgen überzuleiten auf Möglichkeiten der Nutzung heute.
Etwa um 1300 begannen die Befestigungen von Dorfkirchen und Friedhöfen. Entweder umgab eine Wehrmauer den Kirchhof oder es wurden Speicherbauten um die Kirche, so genannte Gaden, errichtet. Der Eingang war dem Dorf zugewandt und meist mit einem Torhaus gesichert. Beispiele für Kirchenburgen im Landkreis Schweinfurt sind Geldersheim, Euerbach, Schleerieth, Schnackenwerth, Gochsheim, Donnersdorf, Zeilitzheim und Schwanfeld.
Viele öffentliche Gebäude wie Rathaus oder Schule waren in der Nähe oder sogar innerhalb der Kirchenburg früher untergebracht. Damit bildeten diese Gebäude den Mittelpunkt des dörflichen Lebens.
Ihre Bedeutung als Wehrburgen verloren die Anwesen mit der Zeit. Auch die Funktion als Lager für Kartoffeln, Rüben, Most oder Wein war mit dem Rückgang der kleinbäuerlichen Wirtschaftsweise und der Landwirtschaft insgesamt nicht mehr gefragt. Leerstand und allmählicher Verfall der Gebäude waren die Folge.
Da es durch die fränkische Realteilung oft unterschiedliche Eigentümer in Keller und Gaden gibt, sind Sanierungen immer eine Gemeinschaftsaufgabe. Als beispielhafte Restaurierungen werden Schleerieth und Schnackenwerth genannt. Im Zuge von Dorferneuerungen unter dem Motto "Kulturgüter erhalten und nutzen" wurden beispielsweise die Geldersheimer Gaden wieder hergestellt.
Als Nutzungsmöglichkeiten sind häufig Museen genannt, wie etwa das Gochsheimer Reichsdorfmuseum. Förderkreise und Vereine kümmern sich meist um die Belebung der Gadenanlagen. Zu einem Treffpunkt im Dorf können die Gebäude durch Veranstaltungen wie Konzerte oder Ausstellungen werden, wie das Beispiel Geldersheim beweist. Aber auch größere Feste und Theateraufführungen, etwa die Gadenspiele in Schleerieth, tragen dazu bei, die Kirchenburg ins dörfliche Leben zu integrieren.
Kirchliche Einrichtungen wie Gemeindezentren (Euerbach) mit Versammlungsräumen, Jugendtreff oder sogar Bücherei (Willanzheim), teilweise auch die Unterbringung einer Sozialstation (Nenzenheim) sind in den Gaden zu finden. Originell ist die Idee aus Seinsheim, eine kleine Brauerei im Keller zu installieren und immer freitags dunkles Bier zu produzieren. Die Wanderausstellung können interessierte Gemeinden bei der Direktion für Ländliche Entwicklung kostenlos anfordern.
Die Kirchenburg-Ausstellung in Geldersheim ist verlängert bis zum Sonntag, 4. Juli. Geöffnet ist sie täglich von 10 bis 12 Uhr und von 14 bis 17 Uhr. An den Werktagen ist der Schlüssel vormittags im Rat- haus (innerhalb der Gadenanlage) in Zimmer 4 zu holen.