Eigentlich begann die Reise von Felizitas Steng und Alexander Zull bereits auf ihrem letzten Reisetrip in einer kleinen Bar in Novosibirsk. Ein sibirisches Pärchen, mit dem sie den Abend ausklingen ließen, antwortete auf die Frage nach dem schönsten Reiseziel einstimmig: Georgien.
Etwa 14 Monate später verleben die beiden Studenten, die bereits seit der Schulzeit befreundet sind, drei abwechslungsreiche Wochen in Georgien, Armenien und der Osttürkei. Die Route: Von Kutaissi, der zweitgrößten Stadt Georgiens geht es in die Hauptstadt Tiflis, später über die Grenze ins armenische Alawerdi und nach Sevanavank. Über die armenische Hauptstadt Jerewan reisen die Beiden wieder Richtung Georgien ans Schwarze Meer nach Kobuleti und Batumi. Ihre Reise endet in Trabzon in der Türkei.
Mal fahren die gebürtigen Schweinfurter mit Bussen, mal trampen sie, mal sind sie längere Strecken zu Fuß unterwegs. Geschlafen wird im Zelt, im Hostal oder bei netten Leuten, die Couchsurfing anbieten. Letzteres läuft über ein Netzwerk im Internet, in dem Leute kostenlos einen Schlafplatz anbieten und dies dann auch bei eigenen Reisen nutzen. Bei dieser Art des Reisens begegne man Menschen, die man im Pauschalurlaub nie kennengelernt hätte und erlebt Land und Leute von einer ganz anderen Seite, erzählt die 24-jährige Felizitas. „Die Menschen in diesen Ländern sind unendlich gastfreundlich und offen.“ Sie geben ohne nachzudenken und das, „obwohl sie viel weniger haben als wir“.
Felizitas erzählt zum Beispiel von Artak, den sie in Jerewan kennenlernt. Er fährt die jungen Leute mit seinem Auto durch die ganze Stadt, obwohl er in eine völlig andere Richtung muss. Von ihm erfahren sie viel über das – auch heute noch schwierige – Verhältnis zwischen Armeniern und Türken und das armenische Leben im Allgemeinen. Die 24-Jährige denkt auch an den jungen Mann, der ihr in Jerewan ein Taxi ruft und bezahlt, nachdem sie sich verlaufen hat. Auf ihre überschwängliche Danksagung habe er schlicht geantwortet: „Welcome to Armenia!“
Begeistert sind Felizitas und Alexander, die mit einer weiteren Freundin aus Wien unterwegs sind, auch von den vielen Menschen auf Tiflis' Straßen, die sie begrüßen, sich mit ihnen über die gewonnene WM freuen und deutsche Fußballspieler namentlich aufzählen. Am Schwarzen Meer indes erhalten die Studenten die Einladung der Küstenwache, auf der Terrasse ihres Strandhäuschens zu nächtigen. „Es wurden Matratzen herausgeschleppt, und wir bekamen Bier und Knabbernüsse auf den Tisch gestellt“, erinnert sich Felizitas lächelnd. „In allen drei Ländern schienen die Menschen froh zu sein, uns hier zu haben“, sagt die Psychologiestudentin. „Oftmals mussten wir nicht mal den Arm zum Trampen herausstrecken, schon hielt ein Auto.“ Sorge vor dem Trampen hatten die jungen Leute keine. Georgien, das etwa so groß ist wie Bayern und Küste, Kaukasus, Steppe und Städte in sich vereint, gelte als sicheres Reiseland, erklärt Alexander.
Neben Land und Leuten ist der 25-jährige Student der Medienkommunikation und Kunstgeschichte auch an alten Bauten und Kulturgütern interessiert. „Armenien hat zum Beispiel die älteste Staatskirche der Welt, die Armenische Apostolische Kirche, und bietet daher unzählige Gotteshäuser und Klosteranlagen.“ Besonders das Felsenkloster Geghard hat es ihm angetan – mit Kirchensälen, die komplett in das Innere des Berges gemeißelt wurden. Beeindruckt sind die zwei Schweinfurter auch, als sie in Georgien das älteste Weinanbaugebiet der Erde vorfinden und „wir unter anderem Stalins Lieblingswein kosten durften, den er sich wohl damals in großen Mengen aus dem annektierten Georgien liefern ließ“.
Derzeit überlegen die Studenten, an der vhs in Schweinfurt einen Bildvortrag über die Reise anzubieten. „Es wäre schön, wenn wir auch andere Menschen für die eher ungewöhnlichen Reiseziele begeistern könnten“, meint Felizitas. Ganz sicher wird es dabei nicht nur um Berge, Meer und Sehenswürdigkeiten gehen - sondern vor allem um die Menschen, die so herzlich sind.