Bereits im Jahr 2004 hatte die Bayerische Staatsregierung beschlossen, alle 33 Zweigstellen der Amtsgerichte innerhalb von fünf Jahren aufzulösen, um die Kosten zu reduzieren. Die Zweigstelle in Gerolzhofen soll demnach mit dem Amtsgerichtshauptsitz in Schweinfurt verschmolzen werden. Bisher ist jedoch erst gut die Hälfte aller betroffenen Zweigstellen dicht. Zuletzt hatte es kürzlich die in Hammelburg getroffen.
Kaufinteressent abgesprungen
Ihre bisherige Rettung verdankt die Zweigstelle in Gerolzhofen dem Umstand, dass die Auflösung durch einen Verkauf oder eine entsprechende Nachnutzung kostenneutral erfolgen soll. Einen potenziellen Kaufinteressenten gab es zwar zuletzt, doch ist der wieder abgesprungen, nachdem er seine Vorstellungen nicht verwirklichen konnte.
Dem Direktor des Amtsgerichts Schweinfurt, Günter Siebenbürger, ist auch momentan nichts bekannt, was auf einen baldigen Verkauf hindeuten könnte. Zuletzt lag die Kaufpreisvorstellung des Freistaats für die Immobilie bei 600 000 Euro.
Andererseits ist auch klar: Sobald die Liegenschaft an der Hermann- Löns-Straße einen Käufer finden sollte, fällt für Justitia in Gerolzhofen in absehbarer Zeit der Hammer. Betroffen davon wären nicht nur die zehn Bediensteten am Gericht selbst, sondern auch alle, die in irgendeiner Form mit der Justiz zu tun haben, vom Notar über die Rechtsanwälte und die Polizei bis hin zum klagenden oder beklagten Bürger.
Der Direktor des Amtsgerichts Schweinfurt, Günter Siebenbürger, betonte bei der Verabschiedung von Christina Bierhenke und der Vorstellung ihres Nachfolgers, man habe die Richterin sehr gerne in Gerolzhofen gehabt. Er bescheinigte Bierhenke, eine junge Spitzenjuristin zu sein, und betonte: „Sie haben hier menschlich sehr gut hinein gepasst.“
Andererseits sei es für den juristischen Nachwuchs gut, den Richterberuf von der Pike au fin der Praxis zu erlernen und hier an der Front bei den „normalen“ Leuten Erfahrung zu sammeln. Der Unterschied zum „normalen“ Juristen sei nämlich, dass der Richter sein Handwerkszeug auf Menschen anwenden müsse. Siebenbürger: „Dabei kommt es immer wieder auf Dinge an, die man nicht an der Uni lernt.“
Siebenbürger zeigte sich überzeugt, dass sich Gerolzhofen glücklich schätzen könne, einen Nachfolger wie Dirk Diehm bekommen zu haben, wenngleich jeder Richter natürlich seinen eigenen Stil habe. Der Amtsgerichtsdirektor: „Dr. Diem ist fachlich hervorragend, fleißig und kommt gut mit den Leuten zurecht.“
Zuletzt in Bad Kissingen
Der neue Richter in Gerolzhofen ist seit Juli 2008 am Amtsgericht Schweinfurt vorwiegend mit Bußgeldangelegenheiten befasst, worunter Zollvergehen wie etwa Schwarzarbeit fallen. Ferner war er seitdem am Amtsgericht in Bad Kissingen als Strafrichter tätig. Diehm ist Würzburger. Er legte dort auch das Abitur ab. Für seine Doktorarbeit (iuris utriusque, Doktor beider Rechte, also des weltlichen und des kanonischen) mit dem Thema „Menschenrechte der Europäischen Menschenrechtskommission und das deutsche Strafgesetzbuch“ wurde der 30-Jährige von der Unterfränkischen Gedenkjahrstiftung für Wissenschaft ausgezeichnet.
Am Amtsgericht in Gerolzhofen wird vor allem bei den Zivilsachen ein breites Spektrum an Fällen, bei denen ums Geld gestritten wird, verhandelt. Dieser Bereich macht rund 60 Prozent der Verfahren aus. Die restlichen 40 Prozent entfallen auf Strafsachen aller Art, darunter auch Jugendvergehen, sowie auf Nachlassstreitigkeiten. „Alles sehr interessante und abwechslungsreiche Fälle“, so Direktor Siebenbürger.
Die Zweigstelle in Gerolzhofen ist zuständig für die Verwaltungsgemeinschaft Gerolzhofen und die Großgemeinde Kolitzheim mit zusammen gut 20 000 Einwohnern.