Ein kräftiges, fröhliches Rot leuchtet aus dem Dreiseithof in der Mainstraße heraus: Rot sind die Fensterläden am ehemaligen Bauernhaus an der Straße, rot die Hoftore, rot der neugebaute Friseursalon „Haarscheune“ hinten im Hof. Sogar die fränkische Fahne flattert rot-weiß im Wind, ein Zeichen, dass sich hier ziemlich viel bewegt. Davon kann sich der Besucher beim „Tag der Innenentwicklung“ am 8. September überzeugen.
Wenn der 32-jährige Stefan Hartmann zurückblickt, stellt er fest, „dass wir seit über zehn Jahren immer wieder gebaut haben“. Was manch anderem auf Dauer zuviel wird, ist für ihn „Hobby“, wie er sagt: „Ich mach's gern!“ An seiner Seite hat er dazu die richtige Frau: Tanja, zielstrebige Friseurmeisterin, die schon als junges Mädchen wusste: „Ich mache mich einmal selbstständig!“ Gemeinsam haben sie sich mit sehr viel Arbeit einen Wohn- und Lebenstraum erfüllt.
Die Grundlage dafür war der Bauernhof von Stefans Onkel und Tante in Bergrheinfeld, die – weil kinderlos – ihrem Neffen das Anwesen mitten im Ort anvertrauten. Das Ehepaar bewohnte am Hof das Wohnhaus von 1913. Im Jahre 2000 fing der damals 20-jährige Neffe an, den Dachboden, den ehemaligen Getreidespeicher, zur Wohnung umzubauen. Fast alles in Eigenleistung, schließlich konnte der gelernte Schreiner zupacken und eignete sich weiteres Wissen nach und nach an.
Drei Jahre später absolvierte seine damals 21-jährige Freundin Tanja, Innungsbeste bei den Gesellen, die Meisterprüfung als Friseurin. Ein eigenes Geschäft zu führen, hatte sie sich vorgenommen, was gemeinsam in die Tat umgesetzt wurde. Den ans Wohnhaus angebauten früheren Schweinestall rissen sie Anfang 2004 ab, „die Mauern waren zu sehr mit Ammoniak versetzt“, erklärt Stefan Hartmann. Mit den Steinen verfüllten sie zum Teil die ehemalige Güllegrube, das Holz wurde in der Heizung verschürt.
Im Juli 2004 eröffnete Tanja, damals noch Bohley, ihre „Haarscheune“, wie sie den Friseursalon taufte. Denn „wenn man mitten im Hof steht, fällt die Scheune zuerst auf“. Das Geschäft entwickelte sich so gut, dass 2007 die 80 Quadratmeter des Erdgeschosses um die gleiche Fläche im ersten Stock ergänzt werden konnten. Fünf Vollzeitkräften und zwei Auszubildenden gibt der Salon mittlerweile Arbeit.
Am Wohnhaus hatte Stefan Hartmann bereits 2006 den Sockel erneuert, die maroden Sandsteingewänder an Türen und Fenstern ersetzt, neue Fensterläden nach altem Vorbild und mit Bergrheinfelder Wappen angebracht, „ein Spleen“, wie er lacht.
Zeit zum Heiraten fand das Paar dann 2009; vor vier Monaten sind die beiden zudem Eltern einer kleinen Antonia geworden. Weil als Familienwohnung das Dachgeschoss zu klein werden würde und „weil ich schon lange vorhatte, die Scheune auszubauen“, wie Schreiner Stefan sagt, begann 2009 das nächste Großprojekt: Wohnen hoch droben im Obergeschoss und Dachgeschoss der Scheune, mit viel Platz, viel Licht, mit Blick in den Hof und nach hinten in den Garten. „Und ruhig, ohne den Verkehr der Mainstraße, der mit der neuen Mainbrücke zugenommen hat“, so Hartmann.
Als eine Innenhülle, wie ein zweites Haus, bauten die jungen Leute ihre Wohnung in das Obergeschoss der Scheune hinein. Zwischen alter und neuer Mauer kam die Schüttung für die Wärmedämmung. „Wichtig ist, dass die Statik stimmt“, wissen die Bauherren. Balken und Eisenträger mussten in das Tragwerk eingezogen werden.
Auch das Scheunendach brauchte im Gebälk Verstärkung. Dort oben wurden in einer großen Gaube die Schlafräume Richtung Garten untergebracht. Die offenen Wohn-, Ess- und Küchenräume darunter sind geprägt von Großzügigkeit und modernen, klaren Linien. Viele Fensterflächen, auch ein großes, modernes Element zum Hof hin, über dem Scheunentor, sorgen für Helligkeit.
„Das Tor werde ich noch durch ein neues ersetzen, der Scheunencharakter soll erhalten bleiben“, betont der Bauherr. Hinterm Tor ist im Erdgeschoss Platz für Lager, Garage und Technik. Schließlich versorgen eine Hackschnitzelheizung sowie eine Photovoltaikanlage das Anwesen mit Energie.
Auch wenn die jetzt dreiköpfige Familie an Ostern in ihre Wohnscheune einzog, „fertig sind wir noch nicht“, lachen die jungen Eltern. Das Treppenhaus und die Scheunenwand müssen noch verputzt werden, die bisherige Dachgeschosswohnung im Haupthaus für Mieter hergerichtet, der Hof gepflastert werden. „Wir haben eben Lust am Werkeln“, unterstreichen die beiden. „Wenn man alles von Handwerkern machen lassen würde, käme es viel zu teuer.“ Stolz sind sie schon auf ihr Werk: „Andere fahren in Urlaub, wir haben uns nicht viel gegönnt, aber uns etwas geschaffen. Das hier ist nicht vergänglich.“
Tanja und Stefan Hartmann haben am „Tag der Innenentwicklung“ im Oberen Werntal am Samstag, 8. September, ihren Hof in Bergrheinfeld in der Mainstraße 20 geöffnet, halten Kaffee und Kuchen für Besucher bereit und informieren über ihre Baumaßnahmen. Zu besichtigen ist die „Haarscheune“ auch im Innern, die Wohnräume aus Rücksicht auf die verschiedenen Bewohner nicht.