Zwölf Jahre nachdem Eckhard Kremers schon einmal zu Gast in der Sparkassengalerie war, kehrt er an diesen Ort zurück. „Plastisch“ ist die Ausstellung des früheren Professors am Institut für Bildende Künste der Universität Marburg überschrieben, was den Besucher auf den ersten Blick ein wenig erstaunt. Präsentiert werden nämlich nicht allein bildhauerische Arbeiten, sondern auch Gemälde und Zeichnungen. Dass die Bereiche jedoch durchaus in enger Verbindung stehen, zeigt das stimmige Arrangement des Raumes, wenn ein Blumenbouquet beispielsweise mit den vertrockneten Ästen des Gemäldes „Frost“ korrespondiert. Zu sehen ist dies auch auf der Einladungskarte.
Tobias Wall, der in die Ausstellung einführte, nennt Kremers einen „Universalbildner“, der in der Zeichnung wie im Gemälde und der Bildhauerei gleichermaßen zu Hause ist. Er nennt ihn aber auch einen „universell Gebildeten“, einen Menschen, der lange in Japan gelebt hat und mit der asiatischen Kultur so gut vertraut sei wie mit der europäisch-christlichen.
Kremers Arbeiten entstehen aus dem Zufall, aus persönlichem Erleben heraus. Das kann der Unfall mit dem Vater oder der Eimer sein, der ihm auf der Autobahn vors Auto gerollt ist, den er später zerbeult über einen Bronzekopf stülpt.
Metapher für die menschliche Existenz
Als Student hat Kremers am Staatstheater Stuttgart in der Kostümabteilung gearbeitet, wo er lernte, dass das Unperfekte, Grobe oft die beste Bühnenwirkung erzielt. Seitdem tauchen bei ihm immer wieder antik anmutende Gewänder als Metapher für die menschliche Existenz auf. In der Schalterhalle der Sparkasse begegnet der Besucher der fast mannshohen Figur „Ma Donna II“.
Kremers liebt das Experiment, schafft Fragmente, in dem er zerstörerisch in sein Werk eingreift, dem perfekt in Szene gesetzten, überall verfügbaren Glatten das Unfertige, Geheimnisvolle entgegensetzt. Dabei steht der Mensch im Mittelpunkt: In den Gewändern, in den groben Bronzeköpfen, in denen sowohl Würde wie Zerbrechlichkeit zum Ausdruck kommen, in den Zeichnungen der Serie „vom Vergessen“ und Gemälden, in denen Körper in ihre Einzelteile zerlegt und zerschnitten werden, aus einem geschundenen Kopf, die Augen wie Tränen rollen.
Es ist dies die vorübergehend vorletzte Ausstellung in der Sparkassengalerie. Im Juni nimmt Kurator Adolf Lutz nach 32 Jahren endgültig seinen Abschied, mit Werken von Heinz Altschäffel, der auch die erste Ausstellung in der Sparkasse bestritt.
Denkpause angekündigt
Wie geht es weiter? Das ist noch offen, wie Sparkassenvorstand Roberto Nernosi erklärte. Zunächst einmal sollen in der Galerie Arbeiten aus den Beständen der Sparkasse gezeigt werden, die bislang in nur bedingt zugänglichen Büros des Hauses hängen. Diese Zeit wollen die Verantwortlichen als Denkpause nutzen, ein neues Konzept erstellen und einen Partner suchen, „mit dem das bisherige Niveau zu halten ist“.