Erstmals in seiner Schweinfurter Geschichte hat der ZF-Konzern statt drei Betriebsversammlungen, die auch noch durch ein Wochenende getrennt waren, eine einzige abgehalten. Dafür musste das Unternehmen mit großem organisatorischen und logistischen Aufwand ein Riesenzelt auf dem Volkfestplatz errichten lassen, das Platz für etwa 5000 Mitarbeiter bietet. Diese wurden am Montagmorgen ab 8.30 Uhr mit Bussen dorthin gefahren – und später wieder abgeholt. In der gut fünfstündigen Veranstaltung wurde erstmals die Gesamtbelegschaft gleichzeitig über die Lage des Standorts und Pläne informiert.
Format und Ergebnis überzeugend
Nicht nur das neue Format war laut dem Betriebsratsvorsitzenden Oliver Moll überzeugend. Auch das Ergebnis sei vor dem Hintergrund vieler negativer Nachrichten aus der Automobil- und Zulieferbranche in Bezug auf die Beschäftigungslage sehr zufriedenstellend, so Moll am frühen Abend. Demnach ist mit dem Management eine Beschäftigungssicherung am Standort Schweinfurt bis Ende 2025 so gut wie vereinbart. Die Unterschriften fehlten zwar noch, die seien aber Formsache.
Im Gegenzug werden die Beschäftigten, um bezüglich Kosten und Personal wettbewerbsfähig zu bleiben, innerhalb von vier Jahren ein Volumen von rund 70 bis 80 Millionen Euro einsparen. Das könne laut Moll etwa durch den Wegfall von außertariflichen Schichtzulagen oder neue Schichtmodelle geschehen. Positiv aus Sicht der Arbeitnehmer sei auch, dass Altersteilzeitprogramme fortgeführt werden könnten und die Ausbildung nicht gestoppt oder verringert werde, die in Schweinfurt eine lange Tradition hat. Wie bisher würden demnach 132 Azubis pro Jahr eingestellt und anschließend unbefristet übernommen.
Klares Zeichen für den Standort
Für den Betriebsratschef ist dieses Ergebnis "ein klares Zeichen für den Standort Schweinfurt". Das Unternehmen schaffe auch Fakten. Letzte Woche erst sei eine neue Montageanlage montiert worden. "Wir haben das Votum der Beschäftigten, diese Zukunftsvereinbarung zu unterzeichnen", so Oliver Moll.
"Das Zelt war bis 14 Uhr proppevoll und die Stimmung gut", schildert IG-Metall-Chef Peter Kippes diesen ersten ZF-Versuch, aus drei Betriebsversammlungen eine zu machen. Aus seiner Sicht war es ein voller Erfolg. Er selbst habe – wie schon bei der Protestaktion der Gewerkschaft am Mittwoch – an den Gemeinschaftsgeist appelliert. Alle hätten sich untergehakt. "Veränderungen kann man nur mit den Beschäftigten erreichen, nicht gegen sie", so Kippes.
OB und FH-Präsident sprachen
Standortleiter Hans-Jürgen Schneider und fünf Divisionsleiter gaben Statement ab. Was sehr ungewöhlich ist: Oberbürgermeister Sebastian Remelé und der Präsident der FH Würzburg Schweinfurt, Professor Robert Grebner, waren vor Ort und äußerten sich in einer moderierten Podiumsdiskussion unter anderem zu der Frage, was die Stadt beziehungsweise Fachhochschule für die Sicherung der industriellen Stärke Schweinfurts und seiner Großbetriebe tun könnten.
Remelé verwies nach Informationen dieser Redaktion etwa auf den Campus und Wohnungsbau für viele weitere, auch internationale Studenten in Schweinfurt. Von Grebner hätte ZF am liebsten, dass sich viele seiner neuen Studenten für Elektrotechnik interessieren und den künftigen ZF-Bedarf an entsprechenden Ingenieuren decken.
Nach erfolgreicher Premiere einer Großbetriebsversammlung im Riesenzelt: Wird sich dieses Format durchsetzen? Moll fand's spitze und sagt: "Wir werden ein Resümee ziehen, und wenn die Kostensituation in Ordnung ist, kann ich mir vorstellen, dass das wieder so gemacht wird."