An Heilig Abend hat die Familie Frank Stress. Wie jeder andere auch rund um Weihnachten, möchte man meinen. Doch die Franks sind bereits in der siebten Generation Inhaber des Zirkus Europa, der als Schweinfurter Weihnachtscircus schon zum 15. Mal auf dem Volksfestplatz zu Gast ist. Und als Zirkusfamilie hat man auch an Weihnachten vielleicht doch ein bisschen mehr Stress als andere.
Aufstehen morgens um 6 Uhr, als erstes werden die knapp 60 Tiere versorgt, von den Kamelen über die Esel, Pferde, Hunde, Kühe, Gänse, Schafe und Ziegen. Dann schnell frühstücken, während die Crew schon die Heizung im großen 900-Personen-Zelt angeschmissen hat, der Verkaufsstand für Getränke und Naschereien im Vorzelt vorbereitet wird, sich die Artisten aufwärmen und bereit machen. Denn der Heilige Abend ist bei Franks ein Arbeitstag, um 11 Uhr hebt sich der Vorhang, beginnt die große Show im roten Rund, das die Zirkuswelt bedeutet.
Zwei Stunden konzentrierte Show, zwei Stunden die Besucher die magische Zirkusluft schnuppern lassen. Zirkuschef Sandro Frank freut sich schon das ganze Jahr auf diese besondere Vorstellung an einem besonderen Tag: "Weihnachten", sagt er, "beginnt für uns in der Manege. Diese Vorstellung hat immer ein ganz besonderes Flair." Er bekomme regelmäßig eine Gänsehaut, wenn die Vorstellung endet, die Sängerinnen und Sänger gemeinsam mit den Besuchern "Stille Nacht, Heilige Nacht" anstimmen. "Der Applaus ist für uns der schönste Lohn, den es gibt", so Sandro Frank.

Wenn die Vorstellung gegen Mittag vorbei, alles aufgeräumt und die Manege vorbereitet für die nächste Show am 25. Dezember ist, hat auch die Zirkusfamilie Zeit für Besinnlichkeit. Der Heilige Abend ist auch deshalb stressiger als andere Tage, weil während der Show sich die Familie im Hintergrund darum kümmert, dass danach ein schönes, traditionelles Weihnachtsessen mit Gans und allem, was dazu gehört, auf dem Tisch steht.
"Nach der Vorstellung kommen wir alle zusammen, essen gemeinsam, feiern und erzählen, wie das vergangene Jahr gelaufen ist."
Angelo Frank über den Heiligen Abend im Weihnachtscircus.
"Nach der Vorstellung kommen wir alle im Vorzelt zusammen, es ist eine lange Tafel, schön geschmückt, wir essen gemeinsam, feiern und erzählen, wie das vergangene Jahr gelaufen ist, was schön war", erzählt Juniorchef Angelo Frank, der mit seinen Geschwistern Celina und Sandro Junior im Zirkus aufgewachsen ist und ihn als Familienbetrieb weiterführen wird. Die Tafel, an der sich alle versammeln, ist im übrigen beeindruckend groß: 27 Artisten sind alleine in der Manege, dazu kommen noch einmal rund 20 Personen Familie und Team. Es ist also ganz schön was geboten beim Zirkus-Weihnachtsessen.

"Der Weihnachtscircus ist nicht mehr wegzudenken wie Volksfest oder Stadtfest."
Manfred Geiling, Veranstalter.
Mit dabei als Teil der Familie ist auch der Schweinfurter Manfred Geiling. Der Restaurantbesitzer kennt die Franks seit vielen Jahren, er ist Mitorganisator und Veranstalter des Weihnachtscircus, der aus seiner Sicht "nicht mehr wegzudenken ist, wie Volksfest oder Stadtfest." 31 Vorstellungen gibt es zwischen Weihnachten und Dreikönig, erwartet werden mehrere Tausend Besucher, teils Stammgäste, die seit vielen Jahren regelmäßig kommen.
"Der Weihnachtscircus wird sehr gut angenommen", erzählt Angelo Frank, "es ist ein tolles, treues Publikum, dem wir auch immer ein neues Programm bieten." Rund 300 Vorstellungen zeigt der Zirkus pro Jahr, die Saison beginnt im März, endet mit dem Weihnachtscircus, nach dem es zurück nach Norddeutschland geht, in Bergen sind der Stammsitz und das Winterquartier für die Tiere.

Auch in Bergen wohnt die Familie übrigens in ihren großen, 20 Meter langen Wohnwägen, die so gar nichts gemein haben mit dem, was man mit Camping in Verbindung bringt. Es sind kleine fahrende Häuser mit allem Komfort, ein echtes Zuhause, weihnachtlich geschmückt, in dem sich die Kinder wohlfühlen. Angelo Frank hat zwei Söhne, seine Frau Nathalie ist schwanger, erwartet eine Tochter.
Für die Kinder ist das Zirkusleben schon lange Gewohnheit, auch wenn es tatsächlich ungewöhnlich ist. Angelos ältester Sohn Louis ist acht, er geht im Moment in die Körnerschule. Wenn sie wieder nach Bergen kommen, geht er natürlich dort in die Schule. Der ständige Wechsel gerade wenn man im Frühjahr und Sommer auf Deutschlandtournee ist, ist für die Kinder normal.
"Ich war in über 300 Schulen", erzählt Angelo Frank, "natürlich ist man oft der Neue, der sich durchsetzen muss." Sein Sohn sei aber schon vergangenes Jahr in der Körnerschule gewesen und habe sich jetzt gefreut, Freunde wieder zu treffen. Ob er auch mal in der Manege auftritt, überlässt Angelo Frank seinem Sohn: "Er hat artistisches Talent, aber sie müssen nicht, wir werden sehen."

Sandro Frank erzählt, dass der Zirkus einst von Vorfahren gegründet wurde, bis 1865 könne man die Familienlinie in sieben Generationen nachweisen, von damals gibt es ein Reisegewerbe, "das war schon reisendes Volk und Zirkusleute", erzählt der Chef, der selbst "in St. Peter Ording im Wohnwagen geboren und mein ganzes Leben schon dabei" ist.
Franks Sohn Angelo hat übrigens zwei Leidenschaften: Den Zirkus, wo er auch die Pferdedressuren macht, sowie als Profiboxer Angelo Frank. Ein kleiner Raum in seinem Wohnwagen zeugt von zahlreichen Meisterschaften und internationalen Titeln. Pokale und Gürtel hängen da, auf Bildern ist Angelo Frank mit dem ehemaligen Schwergewichts-Weltmeister Mike Tyson aus den USA zu sehen. „Ich brauche beides, den Zirkus und meinen Sport“, sagt er lächelnd, und die Leidenschaft für beides ist in seinen strahlenden Augen deutlich zu sehen.

Schweinfurter Weihnachtscircus Der Weihnachtscircus der Familie Frank mit dem Zirkus Europa gastiert auf dem Volksfestplatz zum 15. Mal. Gespielt wird bis einschließlich Dreikönig. Vorstellungen sind täglich um 15 und 19 Uhr, Sonn- und Feiertag um 15 und 18.30 Uhr. Am Heiligen Abend, Dienstag, 24. Dezember, gibt es nur eine Vorstellung um 11 Uhr. An Silvester, 31. Dezember, gibt es um 15 und 19 Uhr Vorstellungen, an Neujahr, 1. Januar, um 15 und 18.30 Uhr. Die Vorstellung dauert gut zweieinhalb Stunden inklusive Pause. Einlass ist eine Stunde vor Beginn, das Zelt ist beheizt. Informationen zum Programm und Ticketverkauf unter www.schweinfurter-weihnachtscircus.com