„To be or not to be?“ deklamiert ein Schauspieler als Prolog, mit Schädel: „Sein oder Nichtsein?“. Prompt wird der Möchtegern-Hamlet von einer Stimme aus dem Off gestoppt, auf Englisch. Das Bayernkolleg hat sich entschlossen, Zombies statt Shakespeare auf die Bühne zu bringen: „Das Publikum wird den Unterschied eh nicht merken.“ Wenigstens der Totenkopf ist noch verwendbar, beim Theaterstück „10 Ways to survive the Zombie Apocalypse“. Es geht um die Frage, wie man eine reale Invasion der untoten, vergammelten Beißer überleben könnte, die schlagartig vermehrt über Bildschirme und Leinwände schwanken.
Zombie or not Zombie? Das ist hier die bange Frage, beim P-Seminar unter dem Motto „Drama, Baby“. Kurz, nachdem Schulleiter Peter Rottmann seine Ansage beendet hat, nimmt die Katastrophe ihren Lauf. „Aaaaaaahhhh!“ Mit schrillem Hollywoodschrei stürmt ein Mädchen (Antonia Bötsch) in den Saal, den Teddy auf dem Arm. Die arme Omi versucht per Rollator zu entkommen, verfolgt von zwei grapschenden Leichen: „Brain! Brain! Hirn! Hirn!“ Auch die Zuschauer werden interessiert beschnüffelt, haben aber Glück: „No brain! Kein Hirn!“ Stattdessen wird die Granny als Fast Food zerfleischt, nach erbarmunglos langsamer Verfolgungsjagd.
Zombies gibt es nur in Filmen (davon aber jede Menge)? Weit gefehlt. Mancherorts in der Karibik oder Afrika sollen sozial unverträgliche Gestalten wirklich in willenlose Deppen verwandelt worden sein, mittels giftiger Substanzen. Eine Vorstellung, die in modernen Großstädten niemand mehr vom Barhocker haut. Die mysteriöse Voodoo-Droge von einst ist in den Köpfen längst zum Zombievirus mutiert. In Horrorstreifen a la „The Walking Dead“, „Fear the Walking Dead“ oder „World War Z“ verwandeln Infektionen Millionen von Menschen in ein bissiges, nur noch schwer abzuhängendes Prekariat.
An so einem Massenansturm wäre Merkel zur Abwechslung mal nicht schuld. Zwei Erzähler (Fritz Büttner und Christina Reith) demonstrieren anhand einzelner Szenen, was einem beim Weltuntergang für Perspektiven bleiben – wenn man sich nicht einfach so durchbeißen möchte. Vorlage ist die schwarze Splatter-Komödie des US-Lehrers und Theaterautors Don Zolidis. Angekündigt werden die einzelnen Episoden von einem sanft knurrenden Nummernzombiegirl.
Eine Schar Überlebender schlägt sich zwischen Hochhaus-Ruinen und Autowracks durch: namens Susan, Christy, Sam und Jimmy (Eric Scherer, Ellen Rutz, Manuel Gräf und Bach Lam). Auch in diesem Fall sind es Konflikte in der Gruppe, die zusätzlich Probleme bereiten, Liebeleien zum Beispiel. Oder überhaupt Gefühle. „Opfere die Schwachen“ lautet eine Lektion, die nicht nur in der Politik funktioniert. „Tricks die Zombies aus“ wäre eine weitere Möglichkeit, die Dinger sind nicht umsonst auf der ständigen Suche nach Hirn. „Überwältigende Feuerkraft“ aus dem Pentagon wäre ebenfalls von Vorteil, eine Kettensäge immer noch besser als eine Schwimmnudel. Man könnte sich auf einen Flirt mit den (oft missverstandenen) Zombies einlassen, genetisch veränderte Kampfhunde auf sie hetzen – oder am besten gleich den Planeten verlassen.
Ein Dreivierteljahr hat das Projekt-Seminar das Stück geprobt, eine Premiere, auf Englisch wie das Faltheft. Das blutige, witzig-spritzige Ergebnis ist ziemlich undoof. Englischlehrer Frank Fischer wankt selbst mit, in der kleinen Horde der Untoten, neben Bühnendesignerin Larissa Schmidt und Katrin Mühlfeld. Christina Reith hat beim Make-Up ganze Arbeit geleistet, Manuel Häpp und Alexander Deitner rücken die Zombie-Apokalypse in finstere Töne und schauriges Licht. Zwischendurch heißt's „Guten Appetit“, beim kalten Buffet.