Schon als Halbwüchsiger rannte Erich aus purer Lust am Laufen auf den Herlheimer Feldwegen und im Humpelwald umher. Als er einige Zeit eine Schweinfurter Schule besuchte, war es für ihn kein Problem, täglich zum Bahnhof nach Alitzheim zu laufen. Später, im Winter 1951/52, machte er Intervall-Training, über das er in einem Buch gelesen hatte. Jeden Abend lief er nach Zeilitzheim, Alitzheim oder Brünnstadt.
Im folgenden Sommer nahm er an verschiedenen Wettbewerben in umliegenden Orten und Städten teil, bei denen er einige Erfolge, auch als Gewinner, erzielen konnte. An einer unterfränkischen Waldlauf-Meisterschaft nahm Erich ebenfalls teil und konnte gut im Mittelfeld mithalten. Auf der Seereise nach Australien und wieder zurück (wir berichteten) fand der junge Auswanderer ebenfalls Gelegenheit für seinen Sport. "Ich versuchte mich fit zu halten, indem ich frühmorgens auf dem Oberdeck meine Runden lief, zur Verwunderung der Matrosen," erinnert er sich. Während seines Aufenthaltes in Tasmanien fand Erich Gleichgesinnte, mit denen er am Abend Trainingsrunden auf einem Fußballplatz drehte. An Sonntagen machten sie dann lange und anstrengende Buschläufe, wobei es über Stock und Stein ging.
Zwei Jahre beim Radsportverein Volkach
Vor seiner Reise nach Australien betrieb Erich auch zwei Jahre lang Radsport beim Radsportverein Volkach. Hierfür kaufte er sich für 200 D-Mark ein gebrauchtes Rennrad, das ihm auch gute Dienste auf dem Weg zur Arbeit leistete. Beim Training an den Sonntagen ging es meist von Volkach über Ebrach nach Bamberg. Bei Rundstreckenrennen oder auch nur auf kurzen Strecken mit Sprints konnte Erich einige Male als Sieger den Wettkampf beenden. Die Rundstrecken betrugen meist 20 bis 30 Kilometer. "Es war schon etwas Besonderes seinen Namen, auf dem Podest stehend, über das Mikrofon zu hören", freut sich Erich in seinen Erinnerungen.

Auch Fußball spielte der Herlheimer mit Leidenschaft. Bereits in seinen Jugendjahren und auch nach seinem Aufenthalt in Australien, gehörte er zur Mannschaft der Herlheimer Fußballer. Er fungierte gerne als Torwart, spielte aber auch im Feld. "Von der Technik her war ich schwach, aber durch mein Laufen war ich jedem Spieler überlegen und auch die Größe beim Kopfball kam mir zugute," schreibt er. Im Lager in Tasmanien kam auch eine "internationale" Fußballmannschaft, gebildet aus Bewohnern, zusammen. Das Team, mit Erich als Torhüter, nahm an einem Pokalspiel in einer größeren Stadt teil und gelangte ins Endspiel. Obwohl er dabei einen Strafstoß hielt, verloren sie mit 2:3. In einem Zeitungsbericht wurde der deutsche Keeper als bester Spieler seiner Mannschaft bezeichnet.

Leichtathletik-Training für Kinder
Anfang der 60er-Jahre begann dann Erichs mehr als 20-jährige Tätigkeit als Leichtathletik-Trainer von Mädchen und Jungen in Herlheim, wodurch der Sportverein neben dem Fußball eine Leichtathletikabteilung erhielt. Auf diese Idee brachte ihn Ludwig Bedenk, der für seine beiden Töchter sportliche Tätigkeiten wünschte. Zusammen machten sie Waldläufe und übten Weitsprung, Kugelstoßen und 100-Meter-Sprints auf dem Sportplatz oder auch auf der Bahn in Gerolzhofen.
Diesen Mädchen folgte dann zahlreicher Nachwuchs. Oft waren mehr als 20 Kinder beim Training, erinnert sich Erich. Auch Hochsprung, Ballweitwurf und Kugelstoßen gehörten zu den Disziplinen der Herlheimer Truppe. Regelmäßig nahmen sie auch mit einigem Erfolg an Wettkämpfen teil. So qualifizierte sich 1978 eine Gruppe mit Gerda und Doris Rudolph, Ilse Fledering, Klaudia Kempf, Jutta Graf und Harald Johanni bei der unterfränkischen Meisterschaft in Münsterschwarzach sogar für die Bayerischen Meisterschaft in Elsenfeld. Hier erreichten sie einen beachtlichen achten Platz.
Nachwirkungen bis heute spürbar
Für sie seien der Montagabend, der Trainingsabend, sowie die Wettkämpfe immer ganz wichtig gewesen und es habe großen Spaß gemacht, berichtet Gerda Rudolph. "Der Sport mit Erich war damals die einzige Möglichkeit zur Förderung von gemeinsamer Bewegung und Wettkampf als Einzelperson sowie als Beitrag in der Mannschaft." Noch heut wirke dies nach, so Rudolph. Sie selbst beteilige sich an Marathonläufen und spiele Tennis und Ilse Fledering betone immer wieder, dass sie ohne Erich nie Sport studiert hätte. Gerne erinnert sich Gerda Rudolph auch noch daran, dass sie, der Trupp aus dem kleinen Dorf Herlheim, bei einem Wettkampf den Schweinfurter Teilnehmern den Sieg abgerungen haben.
Anfang der 90er-Jahre gab Erich Kempf die Aufgabe als Leichtathletik-Trainer auf, was auch das Ende dieser Sportart in Herlheim bedeutete. Er selbst versuchte sich durch tägliche Bewegung fit zu halten, solange es seine Gesundheit zuließ.

HintergrundNach einem zeitweise ungewöhnlichen Leben starb Erich Kempf Anfang Mai dieses Jahres im Alter von 86 Jahren. Seinen Kindern hinterließ er eine, oft bis ins kleinste Detail ausgearbeitete, autobiografische Beschreibung seines Werdegangs. So erlebte er in der Kindheit Krieg und Nationalsozialismus, erlernte den Beruf des Zimmermanns, wanderte später nach Australien aus und kehrte schließlich wieder nach Deutschland zurück. Auch ein guter Sportler war er. In mehreren Teilen berichtet unsere Autorin Brigitte Pfister von den Erinnerungen des Verstorbenen.