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Gerolzhofen: Zu wenige Einnahmen und zu viele Ausgaben

Gerolzhofen

Zu wenige Einnahmen und zu viele Ausgaben

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    Erstmals seit vielen Monaten tagte der Stadtrat  am Montag wieder in seinem angestammten Sitzungssaal im Alten Rathaus. Der ist teilweise frisch getüncht und mit einer Brandschutztür versehen. Der erste Tagesordnungspunkt, der Prüfbericht zur städtischen Finanzlage von Arnulf Koch (linke Bildseite mit Schal), erwies sich allerdings in manchen Punkten nicht gerade als angenehm.
    Erstmals seit vielen Monaten tagte der Stadtrat am Montag wieder in seinem angestammten Sitzungssaal im Alten Rathaus. Der ist teilweise frisch getüncht und mit einer Brandschutztür versehen. Der erste Tagesordnungspunkt, der Prüfbericht zur städtischen Finanzlage von Arnulf Koch (linke Bildseite mit Schal), erwies sich allerdings in manchen Punkten nicht gerade als angenehm. Foto: Norbert Finster

    Der Tagesordnungspunkt "örtliche Rechnungsprüfung" in einer Stadtratssitzung klingt auf den ersten Blick fade und langweilig. Nicht aber, wenn "Oberrechnungsprüfer" Arnulf Koch (CSU) und seine Stadtratskollegen Christine Dittmeier (CSU), Toni Niedermeier (GEO-net), Johannes Roth (Freie Wähler) und Susanne Wilfling (SPD) am Werk sind.

    Seit Arnulf Koch Vorsitzender des Rechnungsprüfungsausschusses ist, steigt die Qualität des Prüfberichts von Jahr zu Jahr. Diesmal stellte Koch die finanzielle Lage der Stadt - ausgehend vom Prüfungsjahr 2016 -  in den Kontext eines bayerischen Benchmarks (Vergleich von Leistungen). Und da sieht die Stadt teilweise gar nicht gut aus.

    Finanzkraft nicht besonders stark

    Das fängt an bei der Finanzkraft.  Auf 516 Euro Euro je Einwohner kommt hier die Stadt. Vergleichbar große Kommunen in Bayern bringen es aber auf 569, alle bayerischen Kommunen gar auf 766 Euro. Das heißt, Gerolzhofen erreicht nur 67 Prozent des bayerischen Durchschnitts. Dazu kommt laut Koch: Während Gerolzhofen über unterdurchschnittliche Einnahmen verfügt, betreibt die Stadt überdurchschnittlich viele Leistungen abseits der Pflichtaufgaben.

    Koch in aller Deutlichkeit: "Sollte es der Stadt Gerolzhofen nicht gelingen, ihre Einnahmen erheblich zu steigern, fehlt mittel- und langfristig die Finanzierungsbasis für die freiwilligen Leistungen und Einrichtungen der Stadt."

    Auch im Landkreis nicht Spitze

    Im Landkreis liegt Gerolzhofen bei der Finanzkraft nur auf Platz fünf unter den 29 Gemeinden. "Angesichts der Tatsache, dass wir uns immer als wirtschaftliches Zentrum darstellen, müsste das besser aussehen", kritisierte der Prüfer. Innerhalb des Regierungsbezirks liegt Gerolzhofen auf Platz 44 von 308 Gemeinden, innerhalb des Freistaats auf Platz 498 von 2056. Besser sieht es bei der Schuldenentwicklung aus. Die Verbindlichkeiten sind 2016 von 11,1 auf 10,5 Millionen Euro gesunken. Das bedeutet pro Kopf der knapp 7000 Gerolzhöfer 1551 Euro.

    Hier nun die wichtigsten Punkte, die den Prüfern im abgewickelten Haushalt 2016 aufgefallen sind.

    - Lehrerzimmer Mittelschule: Hier wurde der im Haushalt angesetzte Betrag von 90.000 Euro um knapp 80.000 Euro überschritten. Arnulf Koch räumte aber ein, dass es für die Verwaltung schwer sei, bei Baumaßnahmen frühzeitig und ohne richtige Definition des Projekts eine belastbare Kostenschätzung für den Haushalt zu beziffern.

    - Volkshochschule: Der Ansatz für Beschäftigtenentgelte und Dozentenhonorare in Höhe von 95.000 Euro wurde um 20.000 Euro überschritten. Koch empfahl, diesen Ansatz anzupassen. Dozentenhonorare müssten angepasst werden, weil die Volkshochschule Gerolzhofen ihre Lehrkräfte grundsätzlich noch unterdurchschnittlich bezahlt. Dadurch entsteht die Gefahr, dass sich keine Kursleiter mehr finden.

    - Stadtbibliothek: Hier zeigt sich bei den Reinigungskosten ein Phänomen der Zeit. Diese Kosten haben sich gegenüber dem Ansatz von 6000 Euro um mehr als das Doppelte auf 12.746 Euro erhöht. Grund: Die bisherige Reinigungsfirma hat die Verträge gekündigt, da sie kein Personal mehr für diese Arbeit gefunden hat. Bei der Neuvergabe hat ein anderes Reinigungsunternehmen mit der genannten Summe zwar das günstigste Angebot abgegeben, das allerdings angesichts der Personalknappheit auch in diesem Sektor zu einem höheren Submissionsergebnis führte. Koch: "Einfache Aufgaben werden nicht mehr kostengünstig angeboten." Den einzigen wirklichen Fehler, den die Prüfer in der Arbeit von Kämmerer René Borchardt entdeckten, sahen sie im Ansatz von 1-Euro-Jobs bei Personalnebenausgaben in der Stadtbibliothek. Dieses Instrument ist schon lange abgeschafft; die Haushaltsstelle wird in "geringfügig Beschäftigte" umbenannt. Zu teuer war den Prüfern auch eine Stellenausschreibung in der Tageszeitung für die neue Leitung der Bibliothek.

    "Das Baumkataster ist die sinnloseste Ausgabe, seit ich Stadtrat bin."

    Arnulf Koch Stadtrat und Rechnungsprüfer

    - Parkanlagen und öffentliche Grünflächen: Auch hier haben sich Kosten von 25.500 Euro im Ansatz auf über 50.000 im Ergebnis verdoppelt. Grund ist das neu angelegte Baumkataster. Koch: "Das Baumkataster ist die sinnloseste Ausgabe, seit ich Stadtrat bin."

    - Straßenreinigung: Hier hat die Stadt einen Wildkrautbesen für die Kehrmaschine angeschafft. Mit diesem werden vermehrt die Straßen gereinigt. Dadurch sind mehr Bauhofstunden angefallen, was den Ansatz für Straßenreinigung von 95.000 auf knapp 105.000 Euro ansteigen ließ.

    - Tourist-Info: Hier gibt es ebenfalls einen nennenswerten Rückschlag. Die Einnahmen sind statt der angesetzten 35.000 Euro auf nur noch 11.569 Euro gefallen. Grund: Der Reisering Hamburg kam seit vielen Jahren bisher dreimal im Jahr (Pfingsten, Herbst, Weihnachten) mit einer Busreisegruppe nach Gerolzhofen. Die Dienstleistung des gebuchten Hotels war aber offenbar so schlecht, dass der einzige Reiseanbieter, der noch nach Gerolzhofen kommt, abgesprungen ist.

    - Bestattungswesen: In diesem Bereich ist ein Defizit von gut 70.000 Euro aufgelaufen. Die Prüfer schlagen eine Neukalkulation der Gebühren vor Dabei sollen mehr Kosten auf den einzelnen Sterbefall und nicht auf die Art der Bestattung umgelegt werden. Die Kosten für die Stadt entstehen auch nicht direkt am Grab, sondern bei der Pflege des Umgriffs. Gärtnereikosten könnten durch eine Satzungsänderung aufgefangen werden, durch die Mieter von Gräbern auch zur Pflege des Umgriffs herangezogen werden. Die Neukalkulation sagte der Kämmerer zu. Entscheiden muss letztendlich der Stadtrat.

    Am Ende seines Vortrags würdigte Arnulf Koch die Unterstützung des Kämmerers bei der Prüfung. René Borchardt habe alles Gewünschte anstandslos offen gelegt. Der Prüfungsausschuss hat an drei Prüftagen für jeweils vier Stunden Einsicht in die Rechnungen genommen. Bürgermeister Thorsten Wozniak (CSU) stellte fest, dass eine solche Rechnungsprüfung viel Arbeit verursacht. "Aber es ist eine wichtige Aufgabe, dass Verwaltung und Bürgermeister kontrolliert werden."

    Wunsch: Vergleich mit anderen Mittelzentren

    Thomas Vizl (Geo-net) begrüßte die bayernweiten Vergleiche im Report. Schön wäre es noch zu wissen, wie Gerolzhofen im Vergleich mit anderen Mittelzentren dasteht. Dafür gibt es zwar laut Arnulf Koch keine Datenbank. Trotzdem werde er dafür sorgen, dass Vizls Wunsch im nächsten Prüfungsbericht in Erfüllung geht.

    Einstimmig stellte der Stadtrat dann die Jahresrechnung 2016 fest und erteilte Verwaltung und Bürgermeister die Entlastung.

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