Untersuchungen belegen es: Das Insektensterben ist dramatisch und die Anzahl der Arten geht drastisch zurück. Von allen Arten in Deutschland – das sind 3000 höhere Pflanzenarten, 1000 Moosarten, 30 000 Insektenarten, 330 Vogelarten und 100 Säugetierarten – ist derzeit die Hälfte gefährdet. Viele stehen auf der Roten Liste und sind damit vom Aussterben bedroht.
Bei diesen düsteren Prognosen, gibt es dennoch etwas Positives: Wir alle können etwas gegen den Rückgang der Arten tun. Vor allem die 17 Millionen Gartenbesitzer in unserem Land. Die Gesamtfläche aller deutschen Privatgärten ist laut Naturschutzbund (Nabu) mehr als halb so groß wie alle Naturschutzgebiete in Deutschland zusammen. Als Lebensraum und Nahrungsquelle kommen den Gärten wichtige Funktionen für den Artenschutz im Siedlungsraum zu, heißt es beim Bundesamt für Naturschutz.
Konkrete Maßnahmen, mit denen man im eigenen Garten (oder auch auf dem Balkon) etwas für die Artenvielfalt und Vielfalt der Lebensräume tun kann, stellte die Landschaftsökologin Dr. Lucia Jochner-Freitag aus Inzell jetzt bei einer Veranstaltung im Kloster Oberzell in Würzburg vor. Sie sagt: "Wir sind alle aufgefordert, etwas für die Biodiversität zu tun." 10 Möglichkeiten im Überblick.
1. Eine artenreiche Blumenwiese wachsen lassen

Rasenmähen ist nicht nur anstrengend, sondern auch energie- und zeitraubend. Für die Artenvielfalt ist ein kurz gemähter Rasen sogar wertlos. Mäht man weniger (maximal zweimal im Jahr) und hat ein wenig Geduld, lässt sich der Rasen in eine artenreiche Wiese mit heimischen Wildpflanzen umwandeln. Schon nach zwei bis drei Jahren sieht man den Erfolg: Wilde Möhre, Wiesensalbei, Wiesenbärenklau, Wicke, Wegwarte, Margerite, Schafgarbe, Spitzwegerich, Gänseblümchen, Gundermann und viele andere Pflanzen und Gräser zeigen mit der Zeit ihre Blütenpracht und spenden Nahrung für Wildbienen und Schmetterlinge. Düngen darf man allerdings nicht, denn die Wildpflanzen mögen es mager.
2. Die Wiese richtig mähen
Am besten mäht man eine Wildblumenwiese mit einer Sense, notfalls noch mit einem Fadenmäher, um Insekten und andere Lebewesen zu schonen. Das gestaffelte Mähen ist optimal: erst die grasreichen Teile der Wiese, später dann die blütenreichen, wenn die Blütenpflanzen abgeblüht sind und ihre Samen verbreiten konnten. Ein paar Streifen bleiben stehen, sodass Insekten sich dorthin zurückziehen können. Und das Schnittgut lässt man einen Tag liegen oder trocknet es zu Heu, das wiederum im Gemüsegarten als Mulch verwendet werden kann. Auf keinen Fall darf das Schnittgut aber auf der Wiese liegen bleiben.
3. Keine Chemie im Garten
Chemische Pestizide, Insektizide oder Dünger haben im naturnahen Garten nichts verloren. Giftfrei Gärtnern tut der Natur und dem Menschen gut. "Wer naturnah gärtnert, hilft seinem Garten dabei, sich selbst zu regulieren und setzt auf Nützlinge, biologische Mittel und eine angepasste Pflege", schreibt der Nabu auf seiner Internetseite. Im Gemüsegarten sorgen uralte Methoden wie Mischkultur und eine geeignete Fruchtfolge sowie Pflanzenjauchen aus Brennnessel und Schachtelhalm für starke und gesunde Pflanzen. Landschaftsökologin Lucia Jochner-Freitag setzt auch hier auf die Vielfalt mit vielen unterschiedlichen Sorten.
4. Vielfältige Lebensräume im Garten schaffen

Unterschiedlich gestaltete Lebensräume im Garten sind wichtig für die Biodiversität. Das schafft man beispielsweise durch Entsiegelung. Kies- und Pflasterwege statt Beton lautet die Devise. Aber auch am Haus lassen sich Lebensräume für Tiere und Pflanzen schaffen – durch Nischen, Vorsprünge am Haus, Begrünung der Wände oder eine Dachbegrünung. "Mit ein bisschen weniger Perfektionismus schaffen wir automatisch neue Lebensräume", sagt Jochner-Freitag.
5. Hecken mit einheimischen Sträuchern gestalten

In der Regel begrenzen wir unsere Gärten und Grundstücke mit Zäunen oder Hecken. Eine Thujahecke bietet aber kaum Nahrung für Tiere, einheimische Wildhecken-Sträucher wie Heckenrose, Holunder, Schlehe, Vogelkirsche, Kornelkirsche, Weißdorn, Felsenbirne, Mispel und Eibe dagegen schon. Wenn sie im Frühling blühen, locken sie Insekten an. Und im Winter bereiten sie mit ihren Früchten den Vögeln einen reich gedeckten Tisch. Darüber hinaus geben sie vielen Tieren auch noch Schutz und Unterschlupf, beispielsweise mit dem Laub aus dem eigenen Garten, das im Herbst in der Hecke landet und nicht in der braunen Tonne.
6. Steinhaufen oder Steinmauern anlegen

Mauern, die aus Natursteinen ohne Beton und Mörtel aufgebaut werden, sind sogenannte Trockenmauern. Sie nehmen die Wärme der Sonne auf, speichern sie und bieten Lebensraum für trockenheitsliebende Pflanzen wie Hauswurz und Mauerpfeffer oder Tiere wie Eidechsen, Kröten Molche, Blindschleichen und Insekten. Wer keine Trockenmauer bauen will, schichtet die Steine möglichst an einem sonnigen Ort zu einem Haufen auf – je größer der Haufen, umso besser.
7. Einen Teich oder eine Wasserstelle anlegen
Teiche und Biotope sind wichtige Lebensräume für Frösche und Molche, an ihren Rändern wachsen feuchtigkeitsliebende Pflanzen wie das Mädesüß. Außerdem dienen sie durstigen Igeln, Vögeln und Insekten als Wasserspender. Der optimale Standort für einen Teich ist im Halbschatten, möglichst aber nicht direkt unter einem Baum, wegen des herunterfallenden Laubes. Es muss aber auch nicht gleich ein ganzer Teich sein, auch kleinere und weniger aufwendige Wasserstellen sind für die Tiere im heimischen Garten, gerade in sehr trockenen Sommern, sehr wertvoll.
8. Totholz im Garten

Nichts ist so lebendig wie totes Holz. Im Garten fällt immer Holz an, sei es durch Obstbaum- oder Heckenschnitt oder andere Aufräumarbeiten. Das lässt sich aufgetürmt als Haufen prima als Lebensraum für viele Tiere nutzen: Insekten, Amphibien, Reptilien, Spinnen, Vögel, Fledermäuse, Igel. Dabei gilt: Je dicker das Totholz, umso besser ist es laut Nabu als Lebensraum. Besonders wenn es von der Sonne beschienen ist, tummeln sich hier im Sommer zahlreiche Insekten, beispielsweise die Blaue Holzbiene, aber auch Eidechsen und andere wärmeliebende Arten. Und im Winter dient das Totholz als Winterquartier.
9. Nutz- und Wildpflanzen auf engstem Raum kombinieren

Die Gartenmelde wächst gemeinsam mit dem Rucola, der Gundermann fühlt sich als kriechender Geselle unter den Tomaten wohl, der Heilziest bereichert die Beerensträucher-Gesellschaft, das Johanniskraut hat sich den Rhabarber als Nachbarn ausgesucht und die Färberkamille fühlt sich neben der Rose wohl. Das Miteinander von Wild- und Nutzpflanzen ist für Mensch und Natur sinnvoll und förderlich. Oft suchen sich die Wildpflanzen ihre Partner selbst aus und siedeln sich dort an, wo es ihnen am besten gefällt. Und genau dort wachsen und gedeihen sie auch am allerbesten.
10. Der Natur Raum geben – Wilde Ecken im Garten

In einem Naturgarten darf es auch wilde Ecken geben, in denen Brennnesseln und Disteln wachsen und gedeihen können. Beide Arten sind wichtige Pflanzen für die Artenvielfalt, die Brennnessel bietet den Raupen zahlreicher Falterarten, unter anderem des Tagpfauenauges, einen gedeckten Tisch. Und auch für den Menschen ist die Brennnessel eine wichtige Nähr- und Heilpflanze. Ihre zarten Triebe bereichern schon im zeitigen Frühjahr unseren Speiseplan mit wertvollen Vitaminen und Mineralien, ihre Samen lassen sich sehr gut als Wintervorrat trocknen und sind regelrechte Energiebomben.