
Opel. Ein Name, Begriff, Kult. Mit einer bewegten Geschichte, die vor 120 Jahren begann. Am 21. Januar 1899 stieg Opel in die Automobilbranche ein. Die Firma aus dem hessischen Rüsselsheim, bis dato als Nähmaschinen- und Fahrradhersteller bekannt, übernahm von Friedrich Lutzmann aus Dessau sämtliche Maschinen und Patente. Der "Opel Patent-Motorwagen System Lutzmann" war das erste Auto, das in Rüsselsheim vom Hof rollte. 1,5 Liter Ottomotor. 3,5 PS. Und mit über 20 Stundenkilometern eine echte Rennmaschine für die damalige Zeit.
Unterfränkischer Manta gewinnt
Fast 120 Jahre später, im Frühjahr 2017, setzt der Würzburger Architekt und Künstler Matthias Braun der Firma ein Denkmal. 14 Tonnen Opel Manta hängen an einem Tag im März an einem riesigen Kran über dem Kunstpfad in Rüsselsheim. Bereit, heruntergelassen zu werden. Brauns Projekt heißt "Dauerparker". Der Wagen ist aus Beton gegossen. Gekommen, um zu bleiben. Wie jedes Kultauto ist auch der "Dauerparker" für die Ewigkeit geschaffen. Braun, dem Kulturpreisträger der Stadt Würzburg 2014 ist, mit ihm den Wettbewerb "Kunstpfad Mainvorland" gewonnen.

Woran denkt man, wenn man an Rüsselsheim denkt? Diese Vorgabe hatten die Künstler im Kopf. "Ich hab gleich an Opel gedacht. Und an den Manta als Kultobjekt", sagt Matthias Braun. Ein Fahrzeug in Originalgröße aus einem Guss herzustellen, ist kein leichtes Unterfangen. Alles muss genau plant sein. 14 Tonnen Beton flossen in die Spezialanfertigung aus Holz.
"Jeder, der schon mal einen Kuchen gebacken hat, kennt dass. Man hofft inständig, dass er sich sauber aus der Form löst, nicht kleben bleibt, nicht in Einzelteile zerfällt." Aber auch beim Aufstellen in Rüsselsheim geht alles gut. Der Dauerparker steht, Opel-Fans lassen sich mit dem Wagen aus Würzburg ablichten. Der Dauerparker hat eineeigene Seite auf Facebook, über die Fans aus dem ganzen Bundesgebiet kommunizieren und Selfies posten.
"Jeder Popel fährt nen Opel, jeder Affe fährt nen Ford."
Die Prinzen, Lied: "Mein Fahrrad"
Was Adam Opel dazu gesagt hätte? Schwer zu sagen. Der Schlosser aus Rüsselsheim hatte den Einstieg seiner Firma ins Automobilgeschäft im Jahr 1899 nicht mehr erlebt: Er war vier Jahre zuvor mit 58 Jahren an Typhus gestorben. Die Firma hatte er da bereits seiner Frau und seinen fünf Söhnen überschrieben. Adam Opel war ganz und gar kein Fan von Motorwagen gewesen. Mehr noch: Er soll verächtlich über die "Stinkkutschen" aus dem Hause Carl Benz gespottet haben, die damals schon über die Straßen knatterten. Eine Zukunft sah er in den Automobilen nicht. Allenfalls ein Spielzeug für Millionäre.

Und heute? "Jeder Popel fährt nen Opel, jeder Affe fährt nen Ford, jeder Blödmann fährt nen Porsche, jeder Arsch nen Audi Sport, jeder Spinner fährt nen Manta, jeder Dödel Jaguar, nur Genießer fahren Fahrrad und sind immer schneller da." Das Lied "Mein Fahrrad" von den Prinzen hätte dem Firmengründer und Fahrrad-Liebhaber vermutlich aus dem Herzen gesprochen.
Opel-Fahrräder: Gigantischer Umsatz
Es waren ja auch die Fahrräder, die Opel größere Investitionen in den Autobau erst ermöglicht hatten. Der riesige Absatz an Zweirädern sicherte dem Unternehmen das Überleben in der Wirtschaftskrise in den 1920er Jahren. 1928 war Opel weltweit der größte Fahrradhersteller und behielt die Drahtesel parallel zu den Autos konsequent im Programm. So wurde der Bau eines Oberklasse-Autos möglich. 1929 erwarb der US-Konzern General Motors 80 Prozent an dem deutschen Autobauer, zwei Jahre später auch die restlichen Anteile. Im Jahr 1936 war Opel schließlich nicht mehr nur der größte Autobauer Deutschlands, sondern sogar der größte Fahrzeughersteller Europas. Mehr als 120.000 Autos wurden jährlich produziert.
Und noch eine Idee der Opel-Brüder Fritz und Wilhelm hatte Erfolg. Sie gründeten die Opel-Bank, um auch weniger betuchten Käufern die Finanzierung eines Autos zu ermöglichen.

Schon 1909 hegen sie den Gedanken, Autos bezahlbar zu machen. Sie bringen einen Vierzylinder auf den Markt, der mit knapp 4000 Mark halb so teuer ist wie die gängigen luxuriösen Karossen der Konkurrenz. Der heute legendäre "Doktorwagen" gilt als Durchbruch: Da viele Land- und Tierärzte den wendigen Wagen, der auch für schlechte Wegstrecken taugt, damals für ihre Hausbesuche nutzen, hat er schnell seinen Spitznamen weg. Opel kann sich durch den Erfolg größere Investitionen in den Rennsport erlauben.

1914 wird der hubraumstärkste Opel aller Zeiten gebaut: das grüne Monster. Ein Rennwagen mit gusseisernem Reihenvierzylinder, 12,3 Liter Hubraum und 260 PS. Geld verdienen die Opel-Brüder aber mit kleinen Modellen. Sie tragen lustige, niedliche Namen wie "Puppchen" oder "Laubfrosch". Letzteren gab es nur in grün. Und "Puppchen" avancierte zum Liebling der Nation. Ein Schnell-Lastwagen, vorgestellt 1930, heißt Opel Blitz. Auch bei Namen wie Kapitän, Olympia Rekord, Admiral, Diplomat, Caravan, Kadett, GT oder Manta, die im Laufe der Jahrzehnte gebaut werden, bekommen Opel-Fans heute noch leuchtende Augen.

Viele Opel-Modelle haben es geschafft, zum Thema ihrer Zeit zu werden. Ob reich, ob arm, Bildungsschicht oder Arbeiterklasse: Opel war immer auch ein Volkswagen. Über viereinhalb Millionen Opel sind derzeit in Deutschland zugelassen. Die Vielfältigkeit spiegelt sich auch in der Szene wieder, bei den Fans, die die Begeisterung für alte Opel-Modelle auch in Unterfranken zusammenschweißt. Bei den zahlreichen Treffen quer durch Mainfranken und in den Internet-Foren diverser Clubs wird eifrig diskutiert, treffen alte Freunde, Bastler, Schrauber zusammen.
"Irgendwann wird der Manta Moos ansetzen und zu der Frage führen, wie zeitgemäß ist das Automobil noch?"
Matthias Braun, Architekt und Künstler aus Würzburg
Ob "Opelfreunde Underfrangn" mit Sitz in Niederwern im Landkreis Schweinfurt oder "Opelclub Tauberkreis" mit Sitz in Neubrunn im Landkreis Würzburg, überall werden Opel gehegt und gepflegt und stolz vorgeführt. Die Erinnerung an alte Zeiten, an Kindheit, Jugend, erster Urlaub, erste Liebe, sind, so sagen sie, unbezahlbar. Die "Opelfreunde Underfrangn" haben einen blauen Manta in ihrem Logo. Ein Statement. Der Manta als Zeitdokument - das soll auch Matthias Brauns Beton-Skulptur "Dauerparker" sein. Werke im öffentlichen Raum, sagt der Würzburger Architekt, seien grundsätzlich wichtig. Der Opel Manta rege zum Nachdenken an. "Irgendwann wird er Moos ansetzen und zu der Frage führen, wie zeitgemäß ist das Automobil noch?"

Ob der Manta noch zeitgemäß ist? 2010 hatte sich der damalige Opel-Betriebsratschef Klaus Franz genau dieses Modell ganz offiziell zurückgewünscht. Seine Begründung damals: Wenn man jüngere Leute anlocken wollen, müsse man den Manta wieder bauen. So manchem Zeitgenossen standen da die Haare zu Berge. Schließlich hatte der Opel Manta in den 70er und 80er Jahren die Nation gespalten wie kaum ein zweites Auto. Aber auch ein vermeintlicher Alptraum kann Kult werden. Till Schweiger jedenfalls hatte im Film "Manta, Manta" seinen Durchbruch als Schauspieler auf der Kinoleinwand. Nie wieder wurde ein Auto gleichermaßen so verspottet und so geliebt: als Prollschleuder mit Fuchsschwanz - oder Hammer-Auto mit viel bestaunten Hosenträger-Gurten zum Anschnallen.
Egal, auf welcher Seite man war oder bis heute ist: Geblieben ist eine liebevolle Erinnerung an früher. Die unterfränkischen Oldtimerfans können sich jetzt schon auf ihre Touren und Treffen im Sommer freuen.