Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Würzburg
Icon Pfeil nach unten
Landkreis Würzburg
Icon Pfeil nach unten

175 Jahre Fränkischer Weinbauverband

Landkreis Würzburg

175 Jahre Fränkischer Weinbauverband

    • |
    • |

    Der Zweck des Vereines ist die höchst möglichste Vervollkommnung des fränkischen Weinbaues in seinem ganzen Umfange, sowohl am Stocke, als im Keller. So steht es in der ersten Satzung des „fränkischen Weinbau-Vereins“. Am 29. Mai 1835, vor 175 Jahren also, hatten ihn Winzer mit Weitblick in den Sälen des „Platz'schen Gartens“ in Würzburg aus der Taufe gehoben.

    Die napoleonischen Kriege hatten ein verarmtes Deutschland zurückgelassen. Die Winzer, bislang daran gewöhnt, den herrschaftlichen Anweisungen zu folgen, waren plötzlich auf sich selbst gestellt. Der Anbau reichtragender Sorten wie Elbling hatte zum Verfall der ehemals hohen Weinqualität beigetragen und die Absatzchancen verringert. Zudem ließ die Ausbildung der Häcker und Winzer zu wünschen übrig.

    Höhen und Tiefen prägten die Vereinsgeschichte. Im Jahr 1933 erfolgte auf Veranlassung des Reichsnährstandes die Auflösung des Weinbau-Vereins. 1947 wurde er als Fränkischer Weinbauverband neu gegründet mit Hans Ruck (Iphofen) als Präsidenten an der Spitze. Die folgenden Jahre waren nicht leicht, die Rebfläche umfasste 1959 nur noch 2360 Hektar. Der Wiederaufbau erfolgte mit Flurbereinigung, Förderungen der Erzeugergemeinschaften und dem Einsatz moderner Produktionsmittel, so dass die Weinbaufläche wieder kontinuierlich zunahm und heute bei rund 6100 Hektar liegt.

    Vier Präsidenten des Fränkischen Weinbauverbandes, die die wechselvolle Geschichte des Weinbaus in Franken nach dem Krieg miterlebt haben, stehen heute als Zeitzeugen zur Verfügung:

    Manfred Fröhlich (Jahrgang 1933) hatte 1969 das Präsidentenamt von Theo Zang (Nordheim) übernommen. Seine Zeit war geprägt von den großen Flurbereinigungen und dem Aufbau des Genossenschaften, „doch langfristiges Denken war schwer zu vermitteln“, sagt er. Anfang der 60er Jahre gab es die ersten Erträge auf bereinigten Flächen in Escherndorf. Die dortige Winzergenossenschaft war gar nicht vorbereitet auf solche Mengen, und so stellten die Winzer Schwimmbecken im Garten auf, die 200 Hektoliter fassen konnten. In ihnen wurde der Wein offen bis zum Frühjahr gelagert.

    Um den Absatz zu fördern, sollte Werbung für den Frankenwein gemacht werden, doch der Werbeausschuss des Verbandes bekam gerade einmal 20 000 Mark, obwohl sich der Präsident bei den Winzern „den Mund fransig geredet“ hatte. Heute stehen der Gebietsweinwerbung dank der eingeführten Zwangsabgabe rund eine Million Euro zur Verfügung.

    Ein weiteres zentrales Thema war für Fröhlich die Qualitätssicherung. Mit den steigenden Hektarerträgen versuchte der Verband, die Winzer von einem qualitätsbezogenen Rebschnitt und freiwilliger Mengenbegrenzung zu überzeugen. Wichtig war Fröhlich auch, ein leistungsgerechtes Einkommen der Genossenschaftswinzer zu erreichen. Mitte der 70er Jahre waren auch die Kleinen auf Augenhöhe mit den großen Weingütern. „Doch wenn es dem Esel zu gut geht, geht er aufs Eis“, kommentiert Fröhlich den Absturz der folgenden Jahren.

    Nach drei schlechten Ernten von 1979 bis 1981 hatte der Staat Hilfen wie in Baden-Württemberg abgelehnt und den Winzern geraten, die gute Preissituation auszunutzen. Die Winzergenossenschaft Franken erzielte daraufhin durchschnittlich zwölf Mark pro Liter. Auch auf den Rat der Regierung von Unterfranken seien die Winzer in den Folgejahren trotz Warnung ihres Präsidenten in die Vollen gegangen: 1982 und 1983 brachten Rekordernten von fast 150 Hektoliter pro Hektar. Was folgte, war ein beispielloser Preisverfall von zwölf auf vier Mark pro Liter.

    Der Anbaustopp und eine erste Mengenbegrenzung kamen dann 1984 unter der Präsidentschaft von Edgar Schwab (Thüngersheim), der 1987 im Amt verstarb. Dennoch ist Fröhlich mit dem zufrieden, was er erreichen konnte: „Qualitätssicherung, werbewirksame Maßnahmen und leistungsgerechte Entlohnung sind die drei Säulen des Weinbaus, die man nicht verlassen sollte.“

    Kurt Münch (Jahrgang 1943) trat 1987 sein Amt an und führte den Verband bis 1992. „Franken hatte damals einen guten Ruf, und der Bocksbeutel war das Synonym für Qualität. Doch dann machten die Winzer den Fehler: Wenn's gut geht, wird noch einer draufgesattelt“, schildert er die aufkommende Krise. Nach einer großen Ernte 1988 brachte das Jahr 1989 mit 154 Hektoliter pro Hektar den bisher höchsten Ertrag der Nachkriegszeit – und wieder ging es mit den Preisen abwärts. Angebot und Nachfrage wieder in Einklang zu bringen, sah Münch als seine große Herausforderung. Eine zweite war, dem Auseinanderdriften der verschiedenen Gruppierungen entgegenzusteuern, „denn nur gemeinsam sind wir stark“. Als Manager der BayWa lag ihm am Herzen, den Weinbau betriebswirtschaftlich auszurichten „mit weniger Blick nach dem Staat“.

    Ein weiteres wichtiges Thema war Münch die Ausbildung. 60 Prozent der Fläche wurden damals noch von Nebenerwerbswinzern bewirtschaftet. So wurde mit der Regierung von Unterfranken eine Ausbildung zum Winzergehilfen entwickelt. In Münchs Zeit fallen auch die Anfänge des Bio-Weinbaues, und als Präsident bemühte er sich, Erkenntnisse des biologischen Weinbaus auch im traditionellen einzuführen, „denn wenn alle Winzer sieben statt zehn Mal spritzen, dann ist für die Natur mehr gewonnen als mit ein paar Biowinzern mehr“, sagt er.

    So wurde 1989 auch der Weinbauring gegründet, der Wetterstationen betreibt und den Winzern Empfehlungen fürs Spritzen und für Düngung gibt. Und ein weiteres „dickes Ding“ nahm Münch in die Hand: den Bocksbeutelschutz. Die EU wollte wegen eines freien Marktes davon nichts wissen. Eher Zufällig kam es im Bürgerspital zu einem Treffen mit EU-Beamten. „Die haben wir ordentlich eingeseift“, erzählt Münch. Es scheint gewirkt zu haben, denn 1989 kam der Bocksbeutelschutz – aber nur in Europa.

    Andreas Oestemer (Jahrgang 1937) folgte 1997 auf Edgar Wirsching † (Astheim). Auch am Anfang seiner Amtszeit stand, divergierende Interessen zusammenzubringen. „Jede Gruppierung hat ihr eigenes Süppchen gekocht. Aber es ist der Konsens gelungen, dass Franken auf Qualität setzt, und so sind auch Spitzenwinzer wieder in den Verband eingetreten“, blickt Oestemer zurück.

    In seine Amtszeit fällt 2002 die Schaffung des Weinfonds, der nun fixe Abgaben pro Hektar für die Weinwerbung brachte. Mit Hilfe der Landkreise wurde der Tourismusverband Franken gegründet und mit Unterstützung der Landesanstalt für Weinbau der Weintourismus angekurbelt, der vielen kleinen Winzerdörfern heute das Überleben sichert.

    Auch beim Thema Qualität gab es Fortschritte. So wurde in Oestemers Amtszeit eine Mengenbegrenzung für die Bocksbeutel von 90 Hektoliter Pro Hektar und höhere Ansprüche bei der Qualitätsweinprüfung festgelegt. Eine richtige Blüte erlebten in Oestemers Amtszeit die Weinhoheiten. Wobei nun neben Charme und Schönheit auf großes Fachwissen der Weinrepräsentantinnen Wert gelegt wurde. Oestemer darf sich damit schmücken, dass in seiner Amtszeit mit Nicole Then aus Sommerach und Marlies Dumbsky aus Volkach zwei Fränkische Weinköniginnen auch Deutsche Weinköniginnen wurden.

    Ein eher dunkles Kapitel war der Abschied vom „Haus des Frankenweins“ in Würzburg, das anfänglich viel Beachtung fand, aber zunehmend ein finanzieller Klotz am Bein geworden war.

    Artur Steinmann (Jahrgang 1955) aus Sommerhausen wurde im Juni 2009 neuer Präsident. Er sieht sich mit seinen Vorgängern in einem Staffellauf: „Sie alle haben zusammen eine gute Zwischenzeit im Rennen am Markt hingelegt. Jetzt müssen wir noch etwas Tempo zulegen, um bei der großen internationalen Konkurrenz mithalten zu können“, sagt er und verweist darauf, dass in den 70er und 80er Jahren ausländischer Wein kaum präsent war, inzwischen aber 56 Prozent Marktanteil hat. Auch deshalb ist für Steinmann Qualität unverzichtbar. Selbst wenn die Situation nach den Frostschäden schwierig sei, dürfe man jetzt nicht hysterisch werden und einen Rückschritt bei der Qualität machen.

    Und dann sieht der amtierende Präsident eine große Gefahr näher rücken: 2015 will die EU den Weinanbau gänzlich freigeben – eine große Gefahr für die Steillagen, die gewachsene Kulturlandschaft und den Weintourismus. Zumindest einen zeitlichen Aufschub will Steinmann erreichen, um den Frankenwein fit zu machen für die neuen Konkurrenten.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden