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WÜRZBURG: 300 Jahre „Roter Bau“ in der Theaterstraße

WÜRZBURG

300 Jahre „Roter Bau“ in der Theaterstraße

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    Der „Rote Bau“ steht unter Denkmalschutz. Im Buch „Die Kunstdenkmäler des Königreiches Bayern; Unterfranken“ wird er auch als „Greiffenclau' scher Hof“ bezeichnet. Das Gebäude wurde von Fürstbischof Johann Philipp von Greifenclau in den Jahren 1706 bis 1709 für seine Eltern und Geschwister erbaut. Greiffenclau regierte als Fürstbischof von 1688 bis 1719 im Rosenbachhof und auf der Festung Marienberg. Der Baumeister des „Roten Baues“ war Ingenieur und Hauptmann Andreas Müller, ein Schüler des großen Barockbaumeisters Antonio Petrini. Die bogenförmigen Fensterstürze im ersten Stock mit den vielen Verzierungen erinnern an die kurz vorher fertiggestellte barocke Stift-Haug-Kirche.

    Greiffenclau wurde 1719 von Johann Philipp von Schönborn abgelöst, der 1720 mit dem Residenzbau begann. Der „Rote Bau“ ist somit 20 Jahre älter ist als die Residenz. Greif-fenclau hat für seine Angehörigen an der Westseite des Hauses die Ignatiuskapelle anbauen lassen. Diese Kirche diente von 1803 bis 1806 als evangelisches Gotteshaus und wurde 1844 abgerissen.

    Von 1845 bis 1853 diente der „Rote Bau“ als Postamt. Nach einem Umbau zog 1854 das Generalkommando des II. Armeekorps ein. Dazu wurde der Haupteingang an die Westseite verlegt mit einem großen überdachten Balkon. Zu beiden Seiten der Freitreppe standen Schilderhäuschen.

    Militär und Paraden

    Die kommandierenden Generäle hatten damals im „Roten Bau“ ihre Dienstwohnung und begrüßten vom Balkon herab die Abordnungen und nahmen die Paraden ab. Am längsten von allen kommandierenden Generälen bewohnte von 1875 bis 1890 der General der Infanterie, Karl von Orff, den „Roten Bau“. Wegen seiner Strenge erhielt er von seinen Untergebenen den Zunamen „der eiserne Karl“ oder „das Auge Gottes“. Zum 50-jährigen Dienstjubiläum 1884 wurde der General zum Befehlshaber des 17. Infanterieregimentes ernannt. Seine Frau war eine Enkelin des Philosophen Friedrich Wilhelm Josef von Schelling. Sie hielt im „Roten Bau“ und dem zugehörigen Park unzählige Damenkränzchen und Sommerfeste ab.

    Ab der Jahrhundertwende diente nunmehr das ganze Haus als Militärverwaltungsgebäude. Bis Mai 1926 unterstand das Gebäude dem Reichswehrfiskus und ging am 8. Mai 1926 an den Bayerischen Staat über. Nach 1933 bei der Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht ging der „Rote Bau“ wiederum in den Besitz des Deutschen Reiches über.

    Von 1935 bis 1937 hatte der Kommandeur der 4. Panzerdivision, General Guderian, hier seinen Dienstsitz. Von 1938 bis 1945 war das Gebäude Sitz militärischer Dienststellen.

    Schwere Schäden beim Angriff

    Am 16. März 1945, beim verheerenden Luftangriff auf die Stadt Würzburg, wurde auch der „Rote Bau“ zerstört und brannte völlig aus. Lediglich die Außenfassade sowie die zwei bis drei Meter starken Gewölbe- und Grundmauern des Kellers, der als Luftschutzkeller diente, hielten dem Bombardement und der Feuersbrunst stand.

    Von Kriegsende 1945 bis 1949 lag der „Rote Bau“ als Ruine im Dornröschenschlaf. In den Kellergewölben hatten sich einige Familien Notunterkünfte eingerichtet. Am 20.April 1949 ging das Gebäude wieder in den Besitz des Freistaates Bayern über und 1950/51 erfolgte der Wiederaufbau. Hierbei wurde der bisherige Haupteingang von der West- an die Ostseite verlegt. Der Balkon wurde völlig abgerissen und nicht wieder errichtet.

    Beauftragt mit dem Wiederaufbau wurde die Staatliche Chemische Untersuchungsanstalt Würzburg unter der Regie des Leiters Dr. Helmut Bieber. Nach Fertigstellung im Sommer 1951 zog die „Staatliche Chemische Untersuchungsanstalt für Nahrungs- und Genussmittel“ als Hausherr in das neue Gebäude ein. Ende 1952 – nach Fertigstellung der Parterre-Räume – bezog das Staatliche Gesundheitsamt die unteren Räume.

    1995 zieht die „Chemische Untersuchungsanstalt Würzburg“, jetzt umbenannt in „Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit“ aus und findet in den Gebäuden der ehemaligen „Staatlichen Bakteriologischen Untersuchungsanstalt“ in der Luitpoldstraße 1 ein neues Zuhause.

    Ab 1995 geht der „Rote Bau“ in die Zuständigkeit des Gesundheitsamtes über.

    Inzwischen befinden sich die Außenfassaden des Gebäudes in einem äußerst desolaten Zustand. Da der Bayerische Freistaat all die Jahrzehnte seit dem Wiederaufbau 1950/51 keine ausreichende Mittel für den Erhalt „seines Kulturdenkmals“ zur Verfügung gestellt hat, ist von der einstmaligen Pracht des Gebäudes, insbesondere von den „Petrini-Fenstern“, auch bei genauem Hinschauen nicht mehr viel übrig geblieben.

    Der Autor

    Dr. Konrad Hildenbrand Dr. Konrad Hildenbrand beschäftigte sich schon von Berufs wegen mit dem historischen Gebäude. Er war von 1961 bis 1995 als Lebensmittelchemiker im „Roten Bau“ tätig, von 1982 bis 1995 als Leiter der Staatlichen Chemischen Untersuchungsanstalt. Er war damit auch für den Gebäude-Unterhalt zuständig. Neben seinen eigenen Erfahrungen bezieht er sich auf Aufzeichnungen von Dr. Gundekar Stöckel und von Stadthistoriker Werner Dettelbacher.

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