Es waren geschichtsträchtige Tage für Mühlhausen: Am 20. August 1975 fand in der damals selbstständigen Gemeinde eine Bürgerversammlung statt. Das einzige Thema war die bevorstehende Eingemeindung des kleinen Ortes. Die Mühlhäuser sollten entscheiden, ob sie sich lieber Kürnach oder Unterpleichfeld anschließen – so lauteten die Vorschläge der Regierung. Doch obwohl beide Gemeinden intensiv um die Mühlhäuser geworben hatten, wollten diese etwas ganz anderes: 37 von 42 Bürgern stimmten bei der Versammlung für eine Angliederung an Estenfeld. Für Kürnach und Unterpleichfeld gab es keine einzige Stimme. Dieses Votum war zwar nicht bindend, aber der Mühlhäuser Gemeinderat nahm es sich sehr wohl zu Herzen: Etwa drei Wochen später, am 8. September 1975, beschloss das Gremium mit 7:2 Stimmen die Eingemeindung nach Estenfeld (die zwei Stimmen waren für Unterpleichfeld).
Die Entscheidung war nötig geworden, nachdem der Bayerische Landtag 1971 die große Verwaltungs- und Gebietsreform beschlossen hatte. Gemeinden, ja ganze Landkreise, sollten zu leistungsfähigen Einheiten zusammengeführt werden, heißt es in einer Pressemitteilung der Gemeinde Estenfeld.
Bis zum endgültigen Zusammenschluss von Estenfeld und Mühlhausen dauerte es noch bis 1978: Am 29. April unterschrieben die damaligen Bürgermeister Ignaz Schneider (Estenfeld) und Richard Schneider (Mühlhausen) im Rathaus in Mühlhausen den Eingemeindungsvertrag. Am 30. April fand eine große Proklamation zur Eingemeindung Mühlhausens und zur Bildung der Verwaltungsgemeinschaft statt. Am 1. Mai 1978 wurde Mühlhausen dann offiziell nach Estenfeld eingemeindet – Estenfeld wurde Sitz der Verwaltungsgemeinschaft, zu der heute noch Prosselsheim und Eisenheim gehören.
Eingemeindungsvertrag im Detail
Im Eingemeindungsvertrag wurde Folgendes festgeschrieben:
- Der Gemeindename von Mühlhausen soll als Ortsteilname erhalten bleiben.
- Die eigene Feuerwehr soll bestehen bleiben.
- Es wird weiterhin eigene Feldgeschworene geben.
- Die Mühlhäuser Kinder dürfen Kindergarten und Schule in Estenfeld besuchen.
- Mühlhausen behält seine eigene Wasserversorgung.
- Sogar die Nutzung des Friedhofs wurde nach Mühlhäuser Sitte geregelt.
40 Jahre nachdem diese „Ehe“ geschlossen wurde, feierten Gemeindevertreter sowie Bürger beider Ortsteile Ende November „Rubinhochzeit“. Der Festzug durch Mühlhausen führte zum Dorfgemeinschaftshaus, wo das Kirchweihessen stattfand. Die Mühlhausen-Fahne – ein Geschenk der Gemeinde – war bei der Jubiläumsfeier bereits gehisst. Zusätzlich überreichte Bürgermeisterin Rosi Schraud ein Foto an die Mühlhäuser Gemeinderäte Silke Scheller und Rainer Galm. Darauf ist die Unterzeichnung des Eingemeindungsvertrags durch die beiden Bürgermeister zu sehen, im Hintergrund die letzten „eigenen“ Mühlhäuser Gemeinderäte Alois May, Otmar Heinrich, Reinhold Nuß, Franz Burkard, Edgar Schneider, Hugo Heil, Werner Roth und Anton Füller.
Bürgermeisterin Schraud bekannte, dass die Eingemeindung für viele Mühlhäuser „ein schwerer und trauriger Anlass“ gewesen sei – sie hätten schließlich ihre Eigenständigkeit verloren. „Nicht umsonst“ sei damals das Ortsschild mit Trauerflor am Maibaum befestigt worden. „Doch mit gegenseitigem Vertrauen wurde ein Fundament für einen dauerhaften Zusammenschluss geschaffen – und ich denke, rückblickend war die Eingemeindung nach Estenfeld die richtige Entscheidung.“
Schraud: "Gute Partnerschaft"
Was in den vergangenen 40 Jahren in und für Mühlhausen getan wurde, rief Schraud stichpunktartig in Erinnerung: die Renovierung des Bürgerhauses und des ehemaligen Rathauses, die Friedhofssanierung mit Bau eines neuen Leichenhauses, die vernünftige Regelung der Abwasserbeseitigung mit der Verwirklichung der Abwasserleitung nach Estenfeld, die umfassende Dorferneuerung und die damit verbundene Ortsverschönerung, die Waldflurbereinigung, der Bau des Feuerwehr- und Dorfgemeinschaftshauses, die Ausweisung neuer Baugebiete sowie die Anschaffung eines neuen Feuerwehrfahrzeugs.
Was die Bürgermeisterin sehr zufrieden macht: „Das gemeinsame Ziel, dass zwei Ortschaften zu einer funktionierenden Gemeinde verschmelzen und ein Zugehörigkeitsgefühl entwickeln, mag damals manchen wie eine ferne Utopie erschienen sein. Dieses Ziel ist heute fast erreicht.“ Heute sei es Normalität, dass die Kinder von Estenfeld und Mühlhausen gleiche Vereine besuchen, die Fußballer miteinander trainieren und die Feuerwehren gemeinsame Übungen durchführen und ausrücken. Auch in Zukunft werde keiner der beiden Partner – „wie in einer guten Ehe“ – die eigene Identität aufgeben müssen, sagte Schraud. „Denn das macht ja gerade eine gute Partnerschaft aus: die Ergänzung und Bereicherung durch den anderen. Die Mühlhäuser haben stets darauf geachtet, ihre eigenen Gebräuche, ihre Besonderheiten zu bewahren, sich in manchen Dingen vom Hauptort abzugrenzen. Sie sind stolz auf ihre Gemeinde. Sie sind stolz auf das, was bei ihnen durch die gute Dorfgemeinschaft möglich ist und wollen sich dies auch zu Recht bewahren.“
