Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Würzburg
Icon Pfeil nach unten
Landkreis Würzburg
Icon Pfeil nach unten

UNTERBALBACH: 4000 Jahre alte Knochen, Fibeln und Schwerter gefunden

UNTERBALBACH

4000 Jahre alte Knochen, Fibeln und Schwerter gefunden

    • |
    • |

    Der ehemalige Begräbnisplatz in Unterbalbach, der nun ein Baugebiet werden soll, birgt hochinteressante Zeugnisse der langen Siedlungsgeschichte im Taubertal.

    Grabungsleiter Matthias Weber vom Landesamt für Denkmalpflege am Regierungspräsidium Stuttgart bezeichnet sich selbst als den „grabenden Arm der Archäologie.“   In seinem wetterfesten Anorak und den klobigen Stiefeln steigt er in die flache Grube mit dem Skelett hinab. Er fährt mit den Fingern über die Stirn des prähistorischen Toten. „An den ausgeprägten Überaugenwülsten erkennt man, dass das ein Mann war“, erklärt Weber. Das Skelett liegt mit angewinkelten Beinen auf der Seite: ein Hockergrab aus der Jungsteinzeit.

    Das Archäologenteam, das seit Mai in dem zukünftigen Baugebiet Mühlbach-Heißgrat gräbt, hat das Grab der schnurkeramischen Epoche zugeordnet – eine der ältesten Begräbnisstätten, die hier entdeckt wurden. Die Archäologen haben aber auch keltische Überreste, germanische Brandgräber und Gräber aus der Zeit des frühen Mittelalters gefunden – durch diese Vielfalt ein wissenschaftlich ausgesprochen bedeutsames Fleckchen Erde. Der Verdacht, dass hier etwas sein könnte, kam den Experten bei der Auswertung von Luftaufnahmen. Sogar Minister Wolfgang Reinhart möchte sehen, was hier entdeckt wurde, und stapft in seinen gelben Leih-Gummistiefeln durch die feuchte Erde.

    Grabungsleiter Matthias Weber weiß noch mehr über den Mann in der Grube. „Er war auf jeden Fall älter als 25, als er starb“, verrät der Archäologe. Das erkennt er an den schon zusammengewachsenen Schädelnähten. Gute Zähne hatte der Tote, und groß war er. Größer als die ganz in seiner Nähe bestattete Frau, anhand deren Oberschenkelknochen die Archäologen eine Körpergröße von 1,65 bis 1,70 Metern errechnet haben.

    Nur wie der Mann und die Frau aus den Unterbalbacher Hügelgräbern gelebt haben, das weiß man nicht genau. Denn bisher wurden immer nur Friedhöfe aus dieser Epoche gefunden, kaum Siedlungen. Untersuchungen anderer Funde ergaben, dass die Schnurkeramiker hauptsächlich tierisches Eiweiß zu sich nahmen. Deshalb wird angenommen, dass sie Halbnomaden waren. Domestizierte Pferde besaßen sie jedenfalls, so dass sie recht mobil gewesen sein dürften.

    Das Grab des Mannes ist von einem kreisrunden...   ...Graben umgeben. In der Mitte errichteten die Zeitgenossen des Toten einen Hügel. Wie das Grab zur Zeit seiner Entstehung aussah, liegt im Dunkel der Frühgeschichte. Vielleicht war es von einem Zaun umgeben. Matthias Weber hält es durchaus für möglich, dass die Angehörigen die Hügelgräber pflegten. Auffällig ist die Ausrichtung der Toten in ihren Gräbern: Frauen wurden nach Süden schauend bestattet, Männer nach Osten.

    Warum alle Menschen, die je in Unterbalbach siedelten, dieses Gebiet als Begräbnisplatz nutzten, ist aus Sicht der Archäologen leicht erklärbar: Der Boden ist schlecht und daher für den Ackerbau wenig geeignet. Und so betteten auch die Menschen aus der Bronzezeit, die Kelten, die Germanen und die Menschen des frühen Mittelalters ihre Toten hier zur Ruhe. Was die Archäologen an Unterbalbach besonders interessiert, sind die Zeitenwenden. Was passierte, als die Kelten gingen und die Germanen kamen? Verdrängten Letztere die Ersteren? Wie? Warum? Antworten auf diese Fragen erhoffen sich die Wissenschaftler von den Funden aus Unterbalbach.

    Die Germanen, die sich gegen die zuvor hier lebenden Kelten durchsetzten, äscherten ihre Toten ein, sammelten die Überreste und vergruben sie. Solche Brandgräber aus der Zeit um 50 n. Chr. sind in Unterbalbach ebenfalls zu finden – ein archäologisches Highlight, findet das Denkmalschutzamt.   Für Laien sehen diese Gräber wenig spektakulär aus, bergen aber viele Funde: Fibeln, Gürtelschnallen, ein Schwert. Matthias Weber und sein Team haben in einem großen Loch eine germanische Fibel und eine noch undatierte Glasperle gefunden, die sie eigentlich in einem Brandgrab erwartet hätten. Wie diese Gegenstände dorthin kamen, ist eines der Rätsel, das die Wissenschaftler lösen wollen.

    Bisher wurden schon 93 Grabstätten entdeckt. Insgesamt erwartet Weber um die 120 Gräber zu finden. Bis Ende des Jahres werden die Forscher in Unterbalbach wohl noch arbeiten. Lauda-Königshofens Bürgermeister Thomas Maertens unterstützt das Vorhaben, obwohl es den Start des neuen Baugebietes etwas verzögert. Denn das Ortsoberhaupt ist stolz auf die hier verborgenen Schätze der Geschichte.

    Das Stichwort

    Schnurkeramik

    Als Schnurkeramik (2800 bis 2300 v. Chr.) wird ein Kulturkreis der späten Jungsteinzeit bezeichnet, der nach der Art der Verzierung von Tongefäßen mittels einer Schnur benannt ist.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden