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WÜRZBURG: 6. August 1939: Gigantischer Zeppelin am Hubland

WÜRZBURG

6. August 1939: Gigantischer Zeppelin am Hubland

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    Propagandaflug: Am 6. August 1939 landete das letzte und größte deutsche Luftschiff „LZ 130 Graf Zeppelin II“ auf dessen Mainfrankenfahrt auf dem Fliegerhorst am Galgenberg. Die winzigen Menschen auf dem Flugfeld machen die Ausmaße des 245 Meter langen und über 40 Meter hohen Luftriesen deutlich.
    Propagandaflug: Am 6. August 1939 landete das letzte und größte deutsche Luftschiff „LZ 130 Graf Zeppelin II“ auf dessen Mainfrankenfahrt auf dem Fliegerhorst am Galgenberg. Die winzigen Menschen auf dem Flugfeld machen die Ausmaße des 245 Meter langen und über 40 Meter hohen Luftriesen deutlich. Foto: Foto: Gemeindearchiv Gerbrunn

    Die Vorbereitungen für den Überfall auf Polen liefen schon, als am 6. August 1939 ein gigantischer Zeppelin am Hubland hoch über der Stadt landete. Schlechtes Wetter verhinderte die geplante pompöse Begrüßungszeremonie.

    Am Galgenberg hatten die Nazis ab 1935 einen großen Fliegerhorst mit vier riesigen Flugzeughallen, Kasernen und einem Casino errichtet, der streng abgesperrt war. Nur zu besonderen Anlässen durften die Bürger das Areal zwischen der Rottendorfer Straße und der Straße Am Galgenberg betreten. Ein solcher Anlass war der Besuch von Deutschlands letztem Zeppelin, dem gigantischen „LZ 130 Graf Zeppelin II“, der am Sonntag, 6. August 1939, im Rahmen einer NS-Propagandafahrt um 17 Uhr am Hubland landete. Allerdings spielte das Wetter nicht mit und die geplante pompöse Begrüßungszeremonie entfiel.

    „Begeistert winken die Menschen und vom Zeppelin werden die Grüße herzlich erwidert.“

    Würzburger General-Anzeiger 7. August 1939

    Nachdem sich in der Nacht zuvor heftige Gewitter über Würzburg und dem Maintal entladen hatten, regnete es den ganzen Sonntag über heftig. Dennoch pilgerten Tausende zum Galgenberg hinauf; die Nazis waren freilich von Zehntausenden ausgegangen. Der Rundfunk zerstreute ursprüngliche Befürchtungen, das Luftschiff könne wegen des schlechten Wetters gar nicht landen. Die Absperrungsmannschaften standen seit Mittag auf ihren Posten, aber sie hatten angesichts des unerwartet geringen Andrangs nicht viel zu tun. Schon in der Woche vorher hatte die gleichgeschaltete Würzburger Presse täglich auf die Sensation hingewiesen und strenge Verhaltensmaßregeln veröffentlicht.

    Verboten waren beispielsweise das Fotografieren, das Wegwerfen von Abfällen („Der Fliegerhorst ist keine Festwiese“) und das Rauchen. Die Besucher mussten Eintritt bezahlen. Mehrere Vorverkaufsstellen in der Stadt hatten Tickets angeboten; zu erwerben waren diese am Sonntag außerdem an einem Kartenhäuschen am Letzten Hieb sowie an den vier Eingängen zum Flugplatz. Die Reichspost gab zur Zeppelin-Landung einen Sonderstempel heraus.

    Das Luftschiff war 245 Meter lang und besaß einen Durchmesser von 41,2 Metern; LZ 130 wurde von vier 16-Zylinder-Dieselmotoren mit je 800 PS Dauer- und etwa 1000 PS Höchstleistung angetrieben, die Höchstgeschwindigkeit betrug 135 Stundenkilometer. Der Zeppelin wies 20 Kabinen mit fließendem kaltem und warmem Wasser auf, dazu ein Raucherabteil, Speiseraum, Lese- und Schreibsaal sowie zwei große Aussichtsfenster. Allerdings hatte das Reichsluftfahrtministerium ihn wegen der Katastrophe von Lakehurst vom 6. Mai 1937, bei der das Schwesterschiff LZ 129 Hindenburg in Flammen aufgegangen war und 36 Menschen das Leben verloren hatten, lediglich „für den Luftverkehr ohne Personenbeförderung“ zugelassen. Wie LZ 129 war auch LZ 130 mit dem brennbaren Wasserstoff gefüllt.

    Der „Mainfranken-Flug“ – es war der drittletzte des Luftschiffs – führte von Frankfurt unter anderem über Aschaffenburg, Rothenfels und Bad Kissingen nach Würzburg. Von mehreren dieser Orte wurden Boden-Luftschiff-Interviews live im Reichssender Frankfurt gesendet. Mit an Bord waren der in Lakehurst schwer verletzte Kapitän Max Pruß, der seit jenem Tag erstmals wieder an einer Zeppelinfahrt teilnahm, sowie Robert Greim, von 1927 bis 1933 Direktor der Fliegerschule am Galgenberg, der seine alte Wirkungsstätte besuchte, und die bekannte Fliegerin Hanna Reitsch.

    Über die Ankunft des Riesen schrieb der General-Anzeiger am Montag: „Um 16.30 Uhr erschien der silberne Riese aus Richtung Ochsenfurt kommend am regenschwangeren Firmament. Im großen Bogen überfliegt er die Stadt und kreuzt dann über dem Flugplatz. Aber noch nicht setzt er zur Landung an. Nochmals zieht er eine Schleife über der Stadt. Ausgezeichnet kann man die verschiedenen Luftmanöver verfolgen. In geringer Höhe nähert sich dann das Luftschiff dem Flugplatz. Begeistert winken die Menschen und vom Zeppelin werden die Grüße herzlich erwidert. Dann werden Taue herausgeworfen. Schnell springen die Haltemannschaften, Angehörige des Fliegerhorstes, hinzu, fassen die Seile und schnell haben sie das Luftschiff in ihrer Gewalt.“

    Um 17 Uhr ist das Landemanöver beendet. Da Kapitän Albert Sammt wegen des Dauerregens nicht lange bleiben will, findet anstelle der offiziellen Zeremonie auf dem eigens errichteten Podium nur eine kurze Begrüßung auf dem Rollfeld statt. Oberbürgermeister Theo Memmel lässt 50 Bocksbeutel aus den städtischen Kellereien übergeben und der Kapitän berichtet über den Verlauf der Fahrt. Zum Dank für den Wein regnen aus dem zum Rückflug nach Frankfurt abhebenden Luftschiff Hakenkreuzfähnchen an kleinen Fallschirmen auf die durchnässten Zuschauer herab, was – wenn man den Berichten der Presse glauben darf – mit „frenetischem Jubel“ quittiert wird.

    Die Würzburg-Visite, Teil einer friedensbetonten Desinformationskampagne vor dem Kriegsausbruch, war ein Teil des Schwanengesangs auf die epochale Erfindung des Grafen Zeppelin. In Wirklichkeit hatten die Machthaber kein Interesse mehr an Luftschiffen, zumal nach dem Lakehurst-Unglück. Schon im Ersten Weltkrieg hatte sich ihre Untauglichkeit für die militärische Verwendung gezeigt. LZ 130 Graf Zeppelin II wurde wenig später abgewrackt. Pläne von Max Pruß, einen neuen, noch größeren Zeppelin zu bauen, der bis zu 200 Passagiere befördern sollte, ließen sich nie verwirklichen, und das nicht nur, weil wegen des am 1. September von Deutschland ausgelösten Zweiten Weltkriegs keine Mittel für das Projekt und den dafür nötigen gigantischen neuen Hangar bereitgestellt wurden. Die Zeit der militärisch nicht nutzbaren Zeppeline und der friedlichen Luftfahrt war vorbei.

    Buch: Der Beitrag basiert auf Roland Flades Buch „Würzburgs neuer Stadtteil Hubland. Seine Geschichte vom 18. bis zum 21. Jahrhundert“, das Ende Februar erscheint.

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