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RANDERSACKER: Ab ins Winterquartier: Oldtimer im Pyjama

RANDERSACKER

Ab ins Winterquartier: Oldtimer im Pyjama

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    Frisch gebadet – und jetzt rein in den Winterschlaf-Pyjama. Die Oldtimer von Ralf Schaub in Randersacker (Lkr. Würzburg) haben es schön warm und trocken.
    Frisch gebadet – und jetzt rein in den Winterschlaf-Pyjama. Die Oldtimer von Ralf Schaub in Randersacker (Lkr. Würzburg) haben es schön warm und trocken. Foto: Foto: Thomas Obermeier

    Oktober. Die letzten warmen Sonnenstrahlen. Noch eine letzte Fahrt durch die goldene Herbstlandschaft. Wehmütig und von vielen Seufzern begleitet, beenden gerade etliche Oldtimer-Besitzer die Saison mit ihrem liebsten Spielzeug, ihrem Schätzchen, ihrem Ein und Alles. Gehegt, gepflegt und zur Schau gestellt. Anlass für wunderbare Gespräche, für Stolz und leidenschaftlichen Fahrspaß.

    Zur Zeit sind in Deutschland laut Kraftfahrt-Bundesamt 388 120 Oldtimer mit Historienkennzeichen, also älter als 30 Jahre, zugelassen. Das sind elf Prozent mehr als im Vorjahr. 14 Milliarden Euro geben die Deutschen pro Jahr für klassische Automobile aus, darunter fallen auch jüngere Fahrzeuge. 2,25 Millionen Fahrzeuge in Deutschland haben ein Saisonkennzeichen. Oldtimer sind auch in der Region beliebt, die Handwerkskammer Unterfranken bietet in Schweinfurt sogar die deutschlandweit einzige Ausbildung zur „Fachkraft Oldtimer Restaurierung“ an.

    Der Oktober ist der klassische Monat für die letzte Ausfahrt mit dem wertvollen Schätzchen. Vor den Fahrern liegen jetzt wieder Monate der Entbehrung. Und vor den Autos Monate eines möglicherweise schädlichen Stillstandes. Deshalb ist der Tag, an dem das sowohl kostbare als auch fragile Stück in den Winterschlaf geschickt wird, für die Liebhaber der Fahrzeuge ein ganz besonderer Tag. Denn jetzt gilt es, den Augenstern noch einmal besonders sorgfältig zu pflegen und alles Notwendige zu beachten, damit ihm in der Einsamkeit der Scheune oder der Hektik der Familien-Garage nichts und niemand etwas anhaben kann.

    Der böse Rost etwa, der sich immer heimlich anschleicht und bis zum Frühjahr ganze Arbeit leisten kann. Oder die Mäuse, die es auch durch schmale Fensteröffnungen in das Wageninnere schaffen. Jetzt heißt es, Mausefallen anschaffen und Platz schaffen in der Scheune. Denn nichts ist nach einem unfallfreien Sommer der Achtsamkeit und Einparkvorsicht ärgerlicher als ein Zusammenstoß mit den Gartenmöbeln der Nachbarn. Fiese Kratzer entstehen in einer Garage auch gerne mal durch umgekippte Fahrräder.

    „Man sollte sich schon Zeit nehmen für die Vorbereitung auf den Winterschlaf“, sagt Oldtimer-Experte Ralf Schaub aus Randersacker (Lkr. Würzburg). Im Herbst habe man eher Ruhe und Muße für Arbeiten an und im Auto. „Im Frühling will man bei den ersten Sonnenstrahlen sofort losfahren, da hat man nicht den Nerv, alles so sorgfältig zu überprüfen und zu putzen.“

    Für Schaub, Baujahr 1965, sind Oldtimer eine Passion, er will aber keinesfalls zu den Hardlinern der Szene gerechnet werden. „Das ist ja Wahnsinn, ich kenne Leute, die fahren ihre Autos im Sommer nicht, nur weil ein paar Regentropfen fallen könnten.“ Für den Würzburger, der nach dem Abitur Fahrzeugtechnik studierte, das Ganze dann abbrach, eine Kfz-Lehre machte und später im Bereich Fachjournalismus und Marketing seinen Platz fand, ist ein Auto, egal wie alt und wertvoll, in erster Linie ein Gebrauchsgegenstand.

    Natürlich, so räumt er ein, seien Frost, Schmutz und Streusalz eine Gefahr für die empfindlichen Oldtimer. Deshalb sei eine umfassende Vorbereitung auf die Winterpause bei vielen Autos schon extrem wichtig.

    Einen behaglichen Unterschlupf für die Wintermonate zu finden, ist indes nicht immer leicht, die begehrten Plätze entsprechend teuer. Je nach Wert des Fahrzeuges ist auch die Herberge entsprechend komfortabel. Ganz edle Wagen stehen dann schon mal in einer gut durchlüfteten, beheizten Garage auf einem Teppichboden. Zwischen übertriebenem Bohei und Nachlässigkeit jedoch ist es ein weites Feld.

    „Man muss nicht übertreiben, manchmal reicht es wirklich, die Batterie abzuklemmen und gut ist“, sagt Schaub. Von speziellen Extras wie wasserbettartigen Umhüllungen für die Reifen oder gleich komplett aufblasbaren Garagen hält der Auto-Experte, der schon zig Oldtimer, vorwiegend alte Käfer-Cabrios, aus den USA importiert und aufbereitet hat, nichts. „Das ist dann schon auch Geldmacherei.“ Man könne ein Auto wertschätzen und pflegen, das schon. „Aber muss es nicht den ganzen Tag streicheln, polieren und sein halbes Leben unter ihm herumschrauben. Es gibt Menschen, die reden von nichts anderem mehr. Die kennen kein anderes Thema. Das ist furchtbar.“

    Während es die einen Fahrzeuge richtig schön haben – zum Beispiel nutzen viele Besitzer auch die Angebote diverser Autohäuser, den Liebling in einer großen Halle mit vielen anderen Old- und Youngtimern unterzubringen –, müssen andere mit feuchten Verliesen vorliebnehmen. Dann sind statt edler Poliertücher für das störende Staubkörnchen auf dem glänzenden Lack, Mausefallen und alte Bettlaken angesagt. Besitzern, denen das zu schäbig ist, kaufen ihrem vierrädrigen Baby wenigstens noch einen Pyjama.

    Auto-Pyjamas sind speziell angefertigte Stoffhüllen, in denen der Kleine nicht schwitzt und nicht friert und gut vor Vogel- und Fledermaus-Kot geschützt ist. „Wichtig ist es, das Fahrzeug an einem trockenen Tag ins Winterquartier zu bringen und noch einmal warmzufahren“, sagt Ralf Schaub. Volltanken, den Reifendruck um 50 Prozent erhöhen und eine Grundreinigung gehören zu den Standards vor dem Auto-Winterschlaf. „Chromteile polieren, den Flug- und Kantenost entfernen, die Abläufe im Motorraum von Laub und Dreck, die Felgen vom Bremsstaub befreien“, zählt Schaub weitere wichtige Punkte auf.

    Weil die Nächte im Oktober schon kalt und feucht sind, sollten auch die Teppiche aus dem Innenraum raus. „Mit einem Salzschälchen oder Katzenstreu kann man prima Feuchtigkeit aus dem Innenraum ziehen“, weiß der Würzburger Experte. Dann heißt es, die Wischblätter nach oben stellen, die Handbremse lösen und das Fahrzeug gegebenenfalls mit Bremsklötzen sichern oder aufbocken.

    „Was die Batterie betrifft, muss man schauen, wie warm oder trocken es in der Unterkunft ist. Manchmal kann man sie einfach drin lassen.“ Ansonsten gilt, die Batterie vor dem Abklemmen oder dem Ausbau vollzuladen. Besonders wichtig, so Ralf Schaub, sei auch eine ausreichende Luftzufuhr ins Innere des Wagens, damit es im Frühjahr keine böse Überraschung in Form von Schimmel gebe.

    Je sorgfältiger man jetzt im Oktober alle Punkte abarbeite, erklärt der Experte, desto größer werde die Freude am ersten schönen Frühlingstag im neuen Jahr sein. Dann, wenn die ersten rollenden Schätze auf den Straßen der Region wieder eindrucksvoll von der Leichtigkeit des Sommers und des Seins künden.

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