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WÜRZBURG: Abschied von Kasperle und Co

WÜRZBURG

Abschied von Kasperle und Co

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    Bild aus früheren Zeiten: Schon 1985 zauberte das Puppenspieler-Team mit seinen Hohnsteiner Handspielpuppen den Kindern ein Lächeln ins Gesicht.
    Bild aus früheren Zeiten: Schon 1985 zauberte das Puppenspieler-Team mit seinen Hohnsteiner Handspielpuppen den Kindern ein Lächeln ins Gesicht. Foto: Foto: Puppenbühne Lengfeld

    Die Gretel, der Kasper, die Großmutter, der König, die Hexe, der Räuber, das Krokodil – im Regal in den Räumen der Lengfelder Stadtteilbücherei reihen sich die Handpuppen brav aneinander. Brav solange, bis sie von ehrenamtlichen Puppenspielern zum Leben erweckt werden. Dann nämlich schmiedet die böse Hexe Intrigen, das Kasperle bringt die Kinder zum Lachen und das Krokodil macht sich auf die Suche nach Nahrung.

    Kasperle, wo bleibst du?

    „Wir Kinder sind schon alle da und singen unser Tralala: Kasperle, wo bleibst du?“, ist das Lied, das auch über die Jahrzehnte als Kasperlied ein Hit geblieben ist. Für Birgit Fuß heißt es nun Abschied nehmen von diesem Hit und von der Puppenbühne Lengfeld. „Ich bin ein dreiviertel Jahrhundert alt und habe gemerkt, dass die Zeit reif ist zu gehen. Die Arbeit wird auch körperlich anstrengender, denn auch der Bühnenaufbau gehört zu unseren Aufgaben.“

    Trotzdem fällt der Abschied schwer, war Fuß doch von Anfang an mit dabei. Los ging es zur Einweihung des Ökumenischen Zentrums Lengfeld im Dezember 1975, erinnert sich die quirlige Frau. Der in Lengfeld lebende Josef Scharrer besaß bereits einige „Hohnsteiner“-Puppen, die er zu dem Anlass auf die Bühne holte.

    Im Nu war die Puppenbühne geboren

    „Die Begeisterung war groß, im Nu war die Puppenbühne geboren.“ Im Laufe der Zeit wurde alles professioneller, durch Spenden konnte die Puppenspieler-Truppe eine Wanderbühne finanzieren, die Kulissen gestaltete die 2013 verstorbene Künstlerin und Malerin Mio Gumpinger.

    Schon lange hat die Puppenbühne ihren festen Platz im Kulturleben des Stadtteils gefunden. Gespielt wird in der Tradition des berühmten 'Hohnsteiner Puppentheaters' mit geschnitzten Handpuppen, erklärt Fuß. Sie werden in Handarbeit aus Lindenholz hergestellt, durch den berühmten Puppenspieler Max Jacob wurden sie in der ganzen Welt bekannt.

    Der fröhliche Kasper

    „Nicht der prügelnde Jahrmarktskasper, sondern der fröhliche, lebensbejahende Kasper steht hier im Mittelpunkt, der im Kampf gegen das Böse alle menschlichen Eigenschaften wie Angst, Mut oder Zaghaftigkeit anwendet.“

    Fuß setzte sich besonders dafür ein, dass die Puppenbühne eigene Räumlichkeiten bekam. „Unsere erste Bleibe fanden wir im Keller des Ökumenischen Zentrums, dann übten wir im alten Bürgermeisterzimmer mit einem Kanonenofen. Im Winter froren wir dort immer.“

    Kurz vor dem Ende

    Als im Jahr 1990 Josef Scharrer und andere Spieler ausschieden, hätte das fast das Ende der Puppenbühne bedeutet. „Wir waren nur noch zu Zweit“, erzählt Fuß, die damals die Leitung übernahm. Glücklicherweise sei dann die jetzige Leiterin, Christl Amrhein, zur Gruppe gestoßen. Und weitere Spieler folgten. „Es gab immer eine gewisse Fluktuation.“

    1997 wurde Fuß' Hartnäckigkeit – was die Räumlichkeiten betraf – belohnt: Die Puppenbühne bezog im offiziell übergebenen „Bürgerhaus“ im alten Rathaus in Lengfeld ein 13-Quadratmeter-Zimmer. „Nun wurde alles einfacher. Die daneben liegende Bibliothek ließ sich in den Zuschauerraum verwandeln, und dann konnten die Puppen handeln“, erzählt sie lächelnd.

    Eine Stimme für Großmutter, Hexe und Prinzessin

    Gern erinnert sich Fuß an die vielen Stücke, in denen sie mal der Großmutter, mal dem Kasperle, der Hexe oder auch der Prinzessin eine Stimme verlieh. „Es hat mir immer sehr viel Spaß gemacht.“ Wichtig sei es, mit der Puppe eins zu sein und nicht „das Hudeln“ anzufangen. „Toll ist auch der interaktive Part im Puppenspiel, denn immer wieder werden Szenen von den Kindern kommentiert. Darauf müssen wir Antworten parat haben.“

    Nie vergessen wird sie die Aufführung, als sie die Prinzessin spielte und ein kleiner Junge plötzlich lauthals Richtung Bühne rief: „Prinzessin, du bist so wunderschön.“ Da gehe einem das Herz auf.

    Leuchtende Kinderaugen

    Überhaupt sei es toll, dass man als Puppenspielerin die Kinderaugen zum Leuchten bringen darf. „Man merkt sofort, wenn die Kleinen Freude am Stück haben. Sie nehmen die Geschehnisse auf der Bühne sehr ernst und sind mit Feuereifer bei der Sache.“

    Wichtig sei, dass das Stück spannend ist. „Es muss immer auch das böse Element, zum Beispiel in Form der Hexe geben, das am Ende besiegt wird.“ Im Übrigen arbeiten die Lengfelder Puppenspieler ihre Theaterstücke selbst aus.

    Das Kroko-Kroko-dil hat Huuuuuuunger

    Ein bisschen könne man in den Figuren auch seine eigenen „zwei Seiten“ ausleben, meint Fuß lachend. Auch Tiere lieben die Kinder, so gehören zum Sortiment der Puppenbühne zum Beispiel Hund, Krokodil und Löwe. Und schwups steckt Fuß' Hand im Krokodil: „Ich bin das Kroko-Kroko-dil und suche was zum Fressen. Hunger habe ich. Huuuunger.“

    Man merkt sofort: Sie ist in ihrem Element und lebt es. Auch ihre eigene Familie lernte die Puppen lieben und Sohn Christian engagierte sich eine Zeit lang aktiv für die Puppenbühne.

    Fünf Auftritte pro Jahr

    Auftritte gab es – neben der eigenen Bühne – in den vier Jahrzehnten beispielsweise in Schulen oder in der Kinderstation der Universitätsklinik Würzburg sowie bei den Jugendbuchwochen der Stadt Würzburg. „Insgesamt versuchen wir bis zu fünf Auftritte pro Jahr auf die Beine zu stellen.“ Auch für Erwachsene hat Fuß schon gespielt und ihnen ein Lächeln ins Gesicht gezaubert.

    Nachdem die 75-Jährige in den vergangenen 27 Jahren die Federführung inne hatte, übernimmt nun Christl Amrhein das Amt. Fuß freut sich, dass es weitergeht mit der Puppenbühne und dem momentan sechsköpfigen Team. „Sonst wäre der Abschied doppelt so schwer“, ist sie sich sicher.

    Wer weiß: Vielleicht kann sie zukünftig ja sogar mal einspringen, wenn Not am Mann ist. Und vertretungsweise in die Rolle der Großmutter, der Hexe oder des Krokodils schlüpfen. Ausschließen könne sie das nicht, sagt sie und lächelt wieder.

    „Es muss das böse Element, zum Beispiel in Form der Hexe geben, das am Ende besiegt wird.“

    Birgit Fuß Puppenspielerin

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