Acht Grad Wassertemperatur und mehr als 30 Zentimeter Sicht – „das ist Karibik“, sagt Patrick Heusinger. Man stellt sich Karibik anders vor, aber für den Berufstaucher ist die Arbeit am Pfeiler der Alten Mainbrücke tatsächlich eine willkommene Abwechslung. Meistens taucht er in Kläranlagen.
Man hat das Team von Tauchunternehmer Wolfgang Dauth aus Eschau bei Miltenberg nach Ochsenfurt beordert, um im Main nach Hinterlassenschaften der letzten Instandsetzung im Jahr 1957 zu suchen. Damals waren um die Flusspfeiler herum Spunddielen aus Stahl in den Grund des Mains gerammt worden, um die Baustelle trocken zu legen und ein späteres Unterspülen der Fundamente zu verhindern.
Jetzt werden zum gleichen Zweck wieder Spunddielen benötigt, und es wäre schlecht, wenn sich die neuen mit den alten in die Quere kämen.
Während der Schifffahrtssperre, als der Main besonders klar war, waren die alten Spundwände aufgefallen, etwa 30 Zentimeter neben den Pfeilern. Sie waren damals vor mehr als 50 Jahren einfach oben abgeschnitten worden.
Patrick Heusinger zwängt sich in den dicken Gummianzug. Sein Kollege hilft ihm dabei. Obwohl die Sonne scheint ist es kalt am frühen morgen. Das eisige Wasser fürchtet Patrick Heusinger nicht. Der Anzug hält warm – und trocken. Luft bekommt der Froschmann später über einen Schlauch, direkt vom Kompressor. Trotzdem trägt er eine zusätzliche Pressluftflasche auf dem Rücken. Auch wenn er nur wenigen Meter tief in den Main tauchen muss, geht Sicherheit vor.
Im Helm sind Mikrophon und Lautsprecher eingebaut, über die sich Patrick Heusinger später mit den Helfern an Land unterhalten kann. Tauchertelefon nennt man das Gerät. Alles in allem hat der Taucher 60 Kilo Ausrüstung und Bleichgewichte am Körper, wenn er schwerfällig die Leiter hinunter steigt. Später im Wasser ist die Last kaum zu spüren. Sein Kollege steht bereit, notfalls ebenfalls ins Wasser zu springen und Patrick Heusinger zu retten. notfalls zu retten. Sein Chef Wolfgang Dauth nimmt am Tauchertelefon Informationen entgegen und gibt Anweisungen weiter.
Ein knappe halbe Stunde taucht Patrick Heusinger um den Pfeiler herum und beschreibt dem Bauleiter und dem Architekten, was er sieht. Dann darf er wieder an Land. Auf der anderen Flussseite folgt das gleiche Spiel noch einmal.
Patrick Heusinger ist schon ein paar Jahre im Beruf. Voraussetzung dafür war ein Handwerksberuf und ein zweijährige Ausbildung zum Berufstaucher. 250 Stunden muss er in dieser Zeit unter Wasser arbeiten, schweißen, schneiden, montieren. Die Handgriffe müssen buchstäblich blind sitzen, denn bei den meisten Einsätzen ist die Sicht gleich null. Kläranlagen sind sein häufigster Einsatzort. Dann hofft man nur, dass der Anzug dicht ist, erzählt Patrick Heusinger. Wie gesagt: der Main, das ist Karibik.