Die Weihe eines Diözesanbischofs ist eine ganz besondere Zeremonie. Die Menschen im Bistum Würzburg haben sie in den vergangenen Jahrzehnten nicht allzu häufig miterleben können.
Am 14. Oktober 1948 war Würzburg an vielen Stellen eine Ruinenlandschaft, als Julius Döpfner das Weihe-Sakrament im Neumünster erhielt. Auch sein Nachfolger Josef Stangl wurde dort geweiht. Denn zwölf Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg und der Bombardierung Würzburgs war der Dom noch immer eine Baustelle. Die Feier am 12. September 1957, also vor fast 61 Jahren, war die letzte Weihe eines Diözesanbischofs im Bistum.
Matthias Ehrenfried wurde 1924 im alten Dom geweiht
Noch weiter zurück liegt die letzte Bischofsweihe im Kiliansdom. Wer daran noch eine Erinnerung hat, müsste heute über 100 Jahre alt sein. Denn sie fand am 1. Dezember 1924 statt. Mattias Ehrenfried wurde im alten Gotteshaus geweiht. Und nun, am Sonntag, 10. Juni, wird Franz Jung die vor sechs Jahren renovierte und umgestaltete Domkirche als einfacher Priester betreten und fast drei Stunden später als neuer Oberhirte von Würzburg verlassen.
Das heißt nicht, dass es vor Franz Jung nur drei Würzburger Bischöfe gab. Seine Vorgänger waren bereits geweiht und kamen als Weihbischöfe an den Main: Friedhelm Hofmann 2004 aus Köln und vor ihm Paul-Werner Scheele 1979 aus Paderborn. Und die Weihe eines Weihbischofs – wie die im Januar 2009 von Ulrich Boom im Dom – unterscheidet sich laut Stephan Steger von der eines Diözesanbischofs: „Er übernimmt kein Bistum, diesen formalen Akt gibt es nicht. Auch andere Elemente fehlen wie der Willkommensgruße der Bistumsvertreter“, erläutert der Leiter des Liturgiereferats des Bistums Würzburg.
Spannende Premiere für den Liturgiereferenten
Die feierliche Zeremonie an diesem Sonntag ist für Stephan Steger eine „sehr spannende Premiere“ und etwas „ganz besonderes“. Er hat bis zum Sonntag noch alle Hände voll zu tun. Die Proben laufen – zunächst mit Stellvertretern für die hochrangigen Geistlichen und Gäste. Am Samstag wird der künftige Bischof Franz Jung bei der Generalprobe des Bayerischen Rundfunks anwesend sein. Denn auch für den 52-Jährigen ist es eine Premiere. „Das Drehbuch des BR umfasst über 50 Seiten“, erzählt Steger. Alles ist minutiös geplant.
Eine Liveübertragung wie am kommenden Sonntag gab es vor 61 Jahren bei der Weihe von Josef Stangl noch nicht. Fotos existieren jedoch. Sie zeigen die Unterschiede zu heute. Nicht im Weihe-Ritus, sondern auch in der Anzahl der liturgischen Gewänder und deren prächtiger Gestaltung. „Damals haben die Menschen vom eigentlichen Weihe-Geschehen nicht viel mitbekommen“, erläutert Steger, deshalb sei alles auf Weitsicht ausgerichtet gewesen – mit bunter Pracht und reich geschmückter Kopfbedeckung.
Es gibt noch einen weiteren Grund für die Üppigkeit. Vor der Zeit des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962 - 1965) sei die Amtsfülle eines Bischofs auch symbolisch durch mehrere übereinander getragene Gewänder zum Ausdruck gekommen, sagt Liturgiereferent Steger. Das sei aber eine Zeichenhaftigkeit, die es so nicht mehr unbedingt braucht. „Außerdem ist es sehr warm, so viele Gewänder übereinander zu tragen.“ Heute zeige sich die Amtsfülle im verantwortlichen Handeln, erläutert Steger, dafür stehen die Mitra und der Bischofsstab, die bischöflichen Zeichen.
Bischof Stangls Mitra war reich verziert
Damals trug Josef Stangl zur Albe (helles Untergewand) und Stola zwei Obergewänder übereinander: die Dalmatik und darüber die Kasel. Die Dalmatik wird sonst von Diakonen getragen. Und auf dem Kopf eine hohe mit Stickereien verzierte Mitra.
An diesem Sonntag nun wird Franz Jung festlich zum Bischof geweiht. Er hat sich für eine einfache schlichte, niedrige cremefarbene Mitra mit sonnengelbem Innenfutter entschieden – ohne aufwendige Stickereien und Schmuckelemente. „Passend dazu wurde aus dem Fundus der Neumünsterpfarrei das Messgewand herausgesucht“, so Liturgiereferent Stephan Steger.
Ausstellung über Bischof Ehrenfried
Wenige Tage vor Franz Jungs Weihe wurde im Würzburger Diözesanarchiv eine Ausstellung eröffnet anlässlich des 70. Todestages von Matthias Ehrenfried – eine Gelegenheit, sich das Wirken eines seiner Vorgänger kennenzulernen. Der 84. Bischof von Würzburg wird oft als „Widerstandsbischof“ beschrieben, weil er ein Gegner der Nationalsozialisten war. So bekannt wie zum Beispiel Bischof Clemens von Galen, der 1941 in einer Predigt gegen die NS-„Euthanasie“ protestierte, wurde Ehrenfried jedoch nicht.
Noch gebe es keine wissenschaftliche Biografie über ihn, sagte Wolfgang Weiß, Professor für Fränkische Kirchengeschichte und Kirchengeschichte der neuesten Zeit an der Universität Würzburg, in seinem Vortrag zur Ausstellungseröffnung. Seine Ausführungen lassen jedoch einen hochgebildeten, dem konservativen katholischen Flügel angehörenden Kirchenmann lebendig werden, der den Konflikt mit den braunen Machthabern nicht scheute.
Schon vor 1933 habe Ehrenfried für eine deutliche Abgrenzung zu den Nationalsozialisten plädiert. Er lehnte ihre Teilnahme in Uniform und mit Fahne an kirchlichen Veranstaltungen ab, so Professor Weiß. Ehrenfried schätzte und wagte „das offenen Wort“ – immer wieder, so Professor Weiß. „Also Sie sind der Bischof, der uns solche Schwierigkeiten macht?“, soll der Bevollmächtigte der NS-Regierung bei den Verhandlungen zum Reichskonkordat, dem Staatskirchenvertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich, in Rom zu ihm gesagt haben.
1941 wurde Entfernung von Kreuzen angeordnet
Immer wieder habe Ehrenfried deutlichere Proteste der Kirche eingefordert. 1942 habe er zum Beispiel das ursprünglich als gemeinsamen Text der deutschen Bischöfe gedachte Hirtenwort, das die Menschenrechtsverletzungen verurteilte, in seiner Diözese verkünden lassen. Etlichen Amtskollegen war das zu provokant. Eine gemeinsame Aktion gelang ihm jedoch: „Mit anderen bayerischen Bischöfen konnte Ehrenfried erreichen, dass die 1941 in Bayern angeordnete Kreuzentfernung gestoppt wurde.“