„Oder-Neiße-Linie! Die so genannte DDR! Notstandsgesetze! Schießbefehl! Vietnam!“ Es gab einmal eine Zeit in der Bundesrepublik Deutschland, und sie ist noch gar nicht so lange her, da waren das Reizwörter, um die hitzig gestritten wurde zwischen links und rechts. Die Revue „Neuss, Hüsch, Beltz und Konsorten, Kabarett der Bonner Republik“ in der voll besetzten Würzburger Werkstattbühne lässt die Zeit aufleben, als der Kalte Krieg am kältesten war. In der flotten Regie von Stephan Ladnar sprechen und singen Ladnar selbst, Markus Grimm und Julian Plutz, musikalisch begleitet auf der Gitarre oder am Klavier von Uwe Demny, genau 27 Texte, Gedichte und Lieder von Wolfgang Neuss (1925 – 1989), Hanns-Dieter Hüsch (1925 – 2005), Matthias Beltz (1945 – 2002) sowie den „Konsorten“ Dieter Süverkrüp (geb. 1934) und Franz Josef Degenhardt (geb. 1931), alles mehr oder weniger linke Autoren.
Für bestimmte Kreise war damals „links“ ein noch schlimmeres Schimpfwort als heute, und da kam es schon vor, dass Schriftsteller, Künstler oder Musiker keine Verleger oder auch Intendanten fanden, die sie und ihre Werke an die Öffentlichkeit brachten. Mal mit ätzendem Zynismus oder beißender Ironie, oder auch mit einfachem Wortwitz hielten diese Autoren der herrschenden Klasse den Spiegel vor. Zwar lässt sich auch heute noch verhalten lachen zum Beispiel über Süverkrüps „Herr Bonn“, über Hüschs „So genannte Intellektuelle“, über „Die Drogenkultur“ von Wolfgang Neuss, der später süchtig wurde, aber auch über Themen nachdenken, die immer noch aktuell sind: Abtreibung, Homosexualität, Vergangenheitsbewältigung, Faschismus.
Wenn über den Schnellredner Hüsch gesagt wird, seine längsten Gespräche seien „Aha“ oder „Soso“, dann hat das aber auch etwas für sich, und das „Fußball-Märchen“ von Beltz hat nichts mit einer Weltmeisterschaft zu tun, sondern mit einem Schnelldurchgang durch die deutsche Geschichte. Nur werden die Jahreszahlen 1918, 1933, 1939, 1945 und so weiter zu Minuten gemacht: 18., 33., 39., 45.. Hüschs „Mädchen in Aspik“ am Ende der zwei Stunden ist da ansehnlicher.