Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Würzburg
Icon Pfeil nach unten
Landkreis Würzburg
Icon Pfeil nach unten

WÜRZBURG: Alt und selbstständig auf 60 Quadratmetern

WÜRZBURG

Alt und selbstständig auf 60 Quadratmetern

    • |
    • |
    Gabriele und Günter Koch genießen den Blick auf Käppele, Festung und Steinburg aus ihrem Wohnzimmerfenster.
    Gabriele und Günter Koch genießen den Blick auf Käppele, Festung und Steinburg aus ihrem Wohnzimmerfenster.

    Jako ist fast so etwas wie Gabriele Kochs Haustier. Vor sechs Jahren sind sich die heute 82-Jährige und der Rabe zu ersten Mal begegnet, im kleinen Privatpark hinter der Wohnung von Gabriele Koch. Dort fütterte die alte Dame den Vogel mit Hackfleisch-Krümeln, und der danke es ihr, indem er sie und das Futter, nicht mehr vergaß. Denn seither fliegt der Rabe aus seinem Schwarm heraus zu ihr, wenn Gabriele Koch pfeift – um wieder festzustellen, wie lecker die Gaben der Seniorin sind. Die 82-Jährige hat daran ihre helle Freude.

    Wie an vielem übrigens – Kultur, Geologie, Himmelsfarben und Sternformationen. Da ist auch ihr Mann Günter mit Begeisterung dabei. Der 84-Jährige ist rege unterwegs, geht regelmäßig zum Einkaufen und auch mit seiner Frau in eine Würzburger Tanzschule – um Spaß zu haben und das Tanzen zugleich als Sturz-Prophylaxe zu betreiben, erklärt er. Er sei dankbar, sagt Günter Koch, für die Zeit, die er und seine Frau miteinander noch habe.

    Manchmal geht der ehemalige Leiter der Domschule auch noch in die nahe Universitätsbibliothek. Ergänzt dort sein Wissen nicht nur in Philosophie und Theologie (seinen Promotionsfächern), sondern auch bei allerlei Lieblingsbeschäftigungen wie in Musik oder Geologie. Ein paar Versteinerungen hat er im Wohnzimmerregal liegen und zeigt sie stolz.

    Die beiden wohnen in der Wohnanlage „Miravilla“ (frei übersetzt „Wunderbares Haus“) am Hubland in der Hackstetterstraße. Betrieben wird das Haus vom Kommunalunternehmen des Landkreises Würzburg, das fünf weitere derartige Seniorenwohnanlagen mit Service-Angeboten betreuen, in Rimpar, Ochsenfurt, Kürnach, Eibelstadt und Estenfeld.

    Von ihrem kleinen Wohnzimmer aus können die Kochs auf Käppele, Festung und Steinburg blicken. Viel Hab und Gut hatten sie weggegeben, als sie vor einigen Jahren aus ihrem Haus hierher ins Appartement mit circa 60 Quadratmetern gezogen sind – ins „Betreute Wohnen“, das jetzt „Service-Wohnen“ heißt.

    Dafür haben sie seitdem aber viele Erleichterungen im Alltag: unterfahrbare Waschbecken im Bad, eine ebenerdige Dusche, Handläufe beidseitig, breite Türen, die sich beim Kommen automatisch öffnen und wieder schließen, bodentiefe Fenster, um den Räumen viel Licht zu geben. Auch einen Aufzug gibt es, der sie trockenen Fußes über die Hang-Stockwerke bringt.

    Eine Rufanlage in ihrer Wohnung ermöglicht in Notfällen immer eine Verbindung zum Rettungsdienst. Und auch im sozialen Bereich gibt es Unterstützung und Angebote, Ausflüge, die Ansprechpartnerin Michaela Zinecker organisiert. Und dann ist da noch in der Nähe das Schwimmbad des SV 05 (Adamibad). Zur Bushaltestelle ist es auch nicht weit und die Tiefgarage befindet sich direkt unter den Wohnungen, über einen Aufzug erreichbar.

    Das braucht nicht verwundern, denn in der Miravilla ist Wohnen ab dem Alter von 55 Jahren möglich. „Selbstständig, aber nicht allein, unabhängig, aber nicht ohne Unterstützung“ – so will das Team im Haus den Alltag der Bewohner leichter gestalten „und Ihnen die Dinge abnehmen, die Mühe machen“, heißt es im Hausprospekt. „Geistig und körperlich aktiv sein – eine ideale Kombination im Alter“, bewerben die Organisatoren betreute Gymnastik, Physiotherapie, Kartenspielnachmittage, gemeinsame Ausflüge, jahreszeitliche Veranstaltungen und mehr.

    Der Flur, an den nur einseitig Wohnungen angrenzen, ist zur anderen Seite hin verglast. Deshalb sieht Gabriele Koch ihren Raben auch immer wieder, auch wenn sie nur kurz unterwegs ist, auf dem Weg zum Briefkasten oder in die Physiotherapiepraxis im Haus.

    Das Haus Miravilla wurde 2002 gebaut, die 48 Zwei- und Dreizimmerwohnungen des Gesamtkomplexes verkauft – damals schon als „Betreutes Wohnen“ angelegt und von der Bayerischen Stiftung für Qualität im Betreuten Wohnen dafür ausgezeichnet. Das KU verwaltet den Komplex und vermittelt die Eigentumswohnungen bei Bedarf an Mieter.

    „Wir bieten kein Rundum-Service-Pakete an“, sagt Alexander Schraml, Vorstand im Kommunalunternehmen des Landkreises Würzburg (KU) zum Thema Service-Wohnen und Qualität. Es gehe nicht darum, jemandem etwas überzustülpen.

    50 Meter weiter und aus der Miravilla über einen gläsernen Übergang erreichbar befindet sich ein Pflegeheim mit 185 Plätzen. Wer einmal in einem Appartement der Miravilla gewohnt hat, wird vorrangig behandelt, falls er eines Tages auf das Pflegeheim angewiesen ist.

    Die Kochs zahlen für ihr Appartement 1300 Euro Warmmiete zuzüglich anteilige Kosten für die Ansprechpartnerin von 147 Euro. Sie organisiert Ausflüge, Modenschauen, Buchlesungen, Schafkopfrunden – kurz, was die Bewohner wünschen, so weit möglich. Einen Lyrik-Abend – Musik und Texte – bot kürzlich das Ehepaar Koch selbst an. Es kamen 50 Gäste.

    Hinzu gebucht werden bei Bedarf Reinigungsdienst, Hausmeisterarbeiten und warmes Essen aus der Küche des Pflegeheimes. Es wird ins Appartement gebracht.

    Das Konzept „Service-Wohnen“ wie es in der „Miravilla“ angeboten wird, scheint aufzugehen. Das Haus ist immer belegt; es gibt Wartelisten. Und das Miravilla-Team erntet mit seiner Arbeit Auszeichnungen.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden