Über Nacht muss die Erleuchtung über Roland M. gekommen sein, den Gründer der Anlageberater-Firma „Care Life“. Zu Beginn der vorigen Woche hatte der graumelierte Chef eines Firmen-Netzwerkes mit Sitz in Helmstadt auf der Anklagebank noch die Hände gefaltet und geleugnet, dass seine Geschäftsidee auf Betrugsabsicht aufgebaut war, wie die Staatsanwaltschaft Würzburg behauptet.
Immerhin wurden durch seine Firma mehrere hundert Anleger um sieben Millionen Euro gebracht, heißt es in der Anklageschrift, die von 18 Fällen des Betruges spricht. „Ich wollte niemanden schädigen und ich habe niemanden geschädigt“, versicherte der Mann in der Tracht eines Landjunkers mit der Hartnäckigkeit einer Gebetsmühle immer wieder.
Dies versprach eine monatelange Beweisaufnahme in einem komplizierten Wirtschafts-Strafverfahren, in dem es um dubiose Versprechungen in Hochglanzprospekten und um Investitionen zur Alterssicherung geht, um das Eingreifen der Bankenaufsicht und die schnelle Verlagerung des Unternehmens in die Schweiz.
Überraschend vollzog der Angeklagte M. nach zwei Verhandlungstagen jetzt die Wende: Er ließ durch seinen Verteidiger Jan Paulsen erklären, die Anklage sei im wesentlichen richtig. Er bekenne sich schuldig.
Unter dem Motto „clever investieren in die Märkte der Zukunft“ hatte sein Unternehmen aus Helmstadt gezielt Kunden angesprochen, die eine zusätzliche Altersabsicherung suchten. Care Life bot ihnen an, gegen Zahlung ab 2000 Euro für zwölf bis 40 Jahre Komplementär des Unternehmens zu werden. Zinsen von zehn Prozent pro Jahr lockten. Sie sollten sich aus Erwerb und Vermittlung von Immobilien im In- und Ausland ergeben. Das Unternehmen wollte 40 Millionen Euro bei Kunden einsammeln.
Doch die Idee hatte von Geburt an einen Schönheitsfehler: Die Firma, die ihre Anlegern Kapitalgarantien gab, betrieb nach Ansicht von Bankenaufsicht und Staatsanwaltschaft Einlagengeschäfte, ohne dafür eine Erlaubnis zu haben. Damit machten Roland M. und seine Mitarbeiter noch weiter, nachdem die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungs-Aufsicht (Bafin) dies untersagt und die Rückgabe der investierten Gelder an die Kunden angeordnet hatte.
Nun sieht es plötzlich so aus, als ginge der Prozess gegen M. und den mit angeklagten Steuerberater Stefan S. schneller zu Ende als erwartet – sofern sich auch der zu einem Geständnis durchringen kann. Bisher spielt der smarte Steuerberater im grauen eleganten Geschäftsanzug – wenig überzeugend – die Rolle des ahnungslosen Treuhänders und Aufsichtsrats-Vorsitzenden bei „Care Life“, für den „Kontrollpflicht“ offenbar ein Fremdwort war.
Bezeichnend war ein freud'scher Versprecher seines Verteidigers, der ihn fragte: „Sie hatten keinen Grund, an der unkorrekten Vorgehensweise von Herrn M. zu zweifeln, oder?“ Fast hätte der Steuerberater da zugestimmt, doch dann bemerkte er die wachsende Heiterkeit des Gerichts und der Staatsanwaltschaft über diese Formulierung – und zog es vor, zu schweigen.
Vermutlich redet aber auch er, sobald seine Verteidigung sondiert hat, mit welcher Strafe er bei einem Geständnis zu rechnen hat. Dann könnte der Prozess, für den Termine schon bis September geplant waren, sehr viel schneller zu Ende sein.