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OCHSENFURT: Antibiotika: Falsch angewendet bald stumpfe Waffen

OCHSENFURT

Antibiotika: Falsch angewendet bald stumpfe Waffen

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    Dr. Sven Stabenow informiert den Patienten Viktor Ens aus Würzburg über Antibiotika.
    Dr. Sven Stabenow informiert den Patienten Viktor Ens aus Würzburg über Antibiotika. Foto: Foto: MainArzt

    Die Entwicklung der Antibiotika gehört zu den Meilensteinen der modernen Medizin, und ihre Verabreichung ist aus den Arztpraxen nicht mehr wegzudenken. Sie können bei einer Lungenentzündung oder einer Blutvergiftung Leben retten. Auch bei bakteriellen Erkrankungen lindern sie die Symptome und beschleunigen die Genesung. Doch wann werden sie wirklich benötigt? Häufiger Einsatz führt unter Umständen zum Verlust der Wirkung. In einer Pressemitteilung gibt der Ochsenfurter MainArzt Dr. Sven Stabenow (Internist und Hausarzt) Antworten auf wichtige Fragen:

    Frage: Wann ist es sinnvoll Antibiotika einzusetzen und zu verordnen?

    Dr. Sven Stabenow: Im Grunde immer dann, wenn eine bakterielle Infektion vorliegt, die nicht lokal behandelt werden kann. Zum Beispiel kann eine Nagelbettvereiterung häufig durch antiseptische Bäder und Salben beherrscht werden. Breitet sie sich jedoch aus, kommt ein Antibiotikum zum Einsatz. Schwieriger ist es im Bereich der Atemwegsinfektionen. Sie werden fast immer durch Viren verursacht. Hier gilt es, Kriterien wie Krankheitsverlauf, Fieber, Nachtschweiß und sinnvolle Laborparameter heranzuziehen, ob ein Antibiotikum verordnet werden muss.

    Wie entstehen Resistenzen?

    Dr. Sven Stabenow: Resistenzen entstehen durch Veränderungen im Erbgut der Bakterien. Das ist ein ganz normaler Vorgang. Wenn ein Bakterium immun gegen ein Antibiotikum geworden ist, kann es diese Resistenz mit anderen Bakterien austauschen. Beim Kontakt zu einem Antibiotikum sterben nie alle Bakterien, einige wenige überleben, weil sie einen Abwehrmechanismus gegen den Wirkstoff entwickelt haben. Diese Keime sind dann resistent. Dies wird auch begünstigt, wenn der Patient die vom Arzt vorgegebene Behandlungsdauer unterschreiten, also die Behandlung vorzeitig beenden, beispielsweise weil es Ihnen schon bessergeht.

    Welche Alternativen gibt es zu Antibiotika?

    Dr. Sven Stabenow: Antibiotika sind gegen Viren wirkungslos. Und auch nicht jede bakterielle Infektion muss sofort mit Antibiotika behandelt werden. Körperliche Schonung und – vor allem bei Fieber - hilft ausreichend Trinken.

    Warum werden trotzdem so viele Antibiotika verschrieben?

    Dr. Sven Stabenow: Die Patienten wollen natürlich möglichst schnell wieder gesund und fit werden. Sie glauben, dass nur ein Antibiotikum hilft. Viele fordern es regelrecht ein. Gerade im Bereitschaftsdienst am Wochenende wird so mit Kanonen auf Spatzen geschossen. So kommen Bakterien der Umwelt in Kontakt mit Antibiotika und können Resistenzen entwickeln.

    Wie ist es möglich der Entstehung neuer Antibiotika-Resistenzen Einhalt zu bieten?

    Dr. Sven Stabenow: Ein verantwortungsbewusster Umgang mit Antibiotika darf sich nicht nur auf die Medizin erstrecken, es ist auch ein Umdenken in der Landwirtschaft erforderlich. Die Massentierhaltung trägt nicht unwesentlich zu Resistenzbildungen bei Antibiotika bei.

    Welche Bedeutung hat das Projekt ARena für die niedergelassen Ärzte?

    Dr. Sven Stabenow: ARena ist ein von 14 Arztnetzen durchgeführtes Programm, mit dem Ziel des vernünftigen Einsatzes von Antibiotika im ambulanten Bereich. Damit unterstützen wir die Deutsche Antibiotika-Resistenzstrategie (DART 2020). Bei ARena handelt es sich um eine Studie, in der drei unterschiedliche Strategien zur Reduzierung von Antibiotika verglichen werden.

    Antibiotika Alexander Fleming entdeckte 1928 das Antibiotikum Penicillin. Noch heute sind Antibiotika eines der wichtigsten Instrumente in der Behandlung von Infektionskrankheiten. Doch dies birgt auch Risiken. Wirkstoffe werden oft zu schnell und unnötig eingesetzt und werden vom Patienten nicht richtig angewendet. Die Ärzte der MainArzt sind sich einig, dass insgesamt immer noch zu viele Antibiotika verordnet werden. Bei 90 Prozent aller Infektionen liegen virale Infekte vor, so dass ein Antibiotikum nur schadet. Daher beteiligt sich die MainArzt auch am Innovationsfonds-Projekt „ARena“ (Antibiotika-Resistenzen nachhaltig abwenden). Das Ziel ist, die Wirksamkeit von Antibiotika langfristig zu erhalten und Resistenzen zu unterbinden. Am Arena-Projekt nehmen insgesamt 14 Arztnetze aus Bayern und Nordrhein-Westfalen teil. Dies ist ein wichtiges Projekt, schließlich sterben nach Angaben der WHO jährlich weltweit mehr als 700 000 Menschen an den Folgen einer Antibiotika-Resistenz.

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