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WÜRZBURG: Antijüdische Hetze im Café Milchladen

WÜRZBURG

Antijüdische Hetze im Café Milchladen

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    Martin Dobat.
    Martin Dobat.

    Im Café Milchladen hielt der Suchttherapeut Martin Dobat am 25. Juni einen 75-minütigen Vortrag, der im Internet nachzuhören ist: „Die biblische Wahrheit, die die Juden nicht hören wollen! Ist der Holocaust schon zu Ende? Gott wartet auf die Umkehr seines Volkes“. Knapp zehn Leute, sagt er, seien da gewesen.

    Im Zentrum der Thesen Dobats steht die Vorstellung von einer „Kollektivschuld der Juden am Tod von Jesus“. Diese Schuld könnten „die Juden nicht anders loswerden, als dass sie anerkennen, dass der Holocaust und diese ganzen anderen Pogrome, die da vorher waren – dass die letztendlich etwas damit zu tun gehabt haben, dass Gott sie züchtigt für das, was sie gemacht haben.“ Weil die Juden ihre Sünden nicht einsähen, nicht umkehrten und „ständig neue Schuld“ aufhäuften, so Dobat weiter, habe Gott „im Prinzip keine andere Wahl“, als das Volk Israels „noch tiefer und intensiver zu bestrafen, als es im Holocaust passiert ist“. Denn „Gott wäre nicht Gott, wenn er da ein Auge zudrücken würde“. Die Juden könnten der Katastrophe nur entkommen, wenn sie den biblischen Jesus als Erlöser (Messias) akzeptieren. Er würde gerne nach Israel gehen, sagte er, zu den Holocaust-Überlebenden in den Altenheimen, und ihnen sagen: „Ihr müsst umkehren!“ Denn „was die brauchen ist: Sie müssen mit der Wahrheit konfrontiert werden.“

    Dobat ist der Gründer und Leiter des gemeinnützigen Café Milchladen. Im Internet bewirbt er seine Angebote zur Suchtprävention, indem er sich als Suchtberater der Stadt Würzburg vorstellt. Das ist er allerdings seit knapp drei Jahren nicht mehr. Der 54-Jährige ist beratendes Mitglied im Jugendhilfeausschuss des Stadtrates; zweimal im Jahr hält er im Rathaus Fortbildungen im Bereich Suchtprävention.

    Dobat steht in der 1900 Jahre alten Tradition des christlichen Antijudaismus. Kern dieser Denkungsart ist, die Judenheit habe Jesus nicht als Erlöser akzeptiert, seinen Tod zu verantworten und damit für alle Zeiten Schuld auf sich geladen. Alles Unheil, welches Juden widerfährt, sei eine Strafe des christlichen Gottes. Eine antijudaistische Symbolfigur ist der „ewige Jude“ in den christlichen Legenden, der Ahasver, der, von Jesus verflucht, bis ans Ende der Zeiten ruhelos durch die Welt wandern muss.

    Der religiös motivierte Antijudaismus ist die historische Grundlage des späteren, rassistisch und nationalistisch begründeten, Antisemitismus. Im Gespräch mit dieser Zeitung erklärte Dobat, er orientiere sich an den Aussagen der Bibel. Er habe „keinen Hass, keinen Brass, keine Schwierigkeiten mit Juden. Ich liebe sie, weil Jesus Jude war, ist und immer sein wird.“ Er wolle „die Juden nur wachrütteln“. In einem größeren politischen oder religiösen Zusammenhang steht er nach eigenen Worten nicht. Er sei, sagt er, „im Moment ziemlich alleine.“

    Josef Schuster, der Vorsitzende der Israelitischen Gemeinde in Würzburg und Unterfranken und Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, erkennt an, dass Dobat „früher mal eine sehr gut Suchtarbeit gemacht hat“. Dann aber sei er „abgeglitten in ein sektenartiges Vorgehen mit fast phobischen Ängsten vor Juden und noch mehr vor Muslimen“.

    Martin Dobats Vortrag nennt Schuster „völlig skurril“ und „fast wahnhaft“. Und er hält eine ernsthafte Auseinandersetzung „mit solch absurden Thesen weder für sinnvoll, noch für notwendig“.

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