Seit eineinhalb Tagen versuchen die jungen Leute, einen in die Jahre gekommenen zwei Meter hohen Grenzzaun zum „El Paradiso“ auf Vordermann zu bringen. Da wird eifrig geschnitten, eingerissen, gesägt, gehämmert und schließlich aufgeräumt. Zwischendurch lassen sie Arbeit Arbeit sein und albern herum. Die Stimmung ist prächtig, die jungen Gäste scheinen Spaß an der Tätigkeit zu haben. Das war nicht immer so. Die regnerischen Tage der ersten Woche machten ihren Einsatz teilweise zur Tortur. So mussten sie Betonarbeiten zum Teil im Regen machen. „Da war es schwierig, alle zu motivieren, da keiner große Lust hat, im Regen zu arbeiten“, sagt Betreuer Henning Weu. Uwe Jain von der Jugendfarm fügt hinzu: „Weil die Erde total nass und klebrig war, war es eine schweißtreibende, harte Arbeit für alle.“
Gleichwohl: Nützliche Arbeit und viel Spaß können sich fabelhaft ergänzen, berichten die deutschen Betreuer Romana Hemmes und Weu und geben dabei einen Einblick in den Tagesablauf: Nach dem Frühstück arbeitet die Gruppe an verschiedenen Baustellen. Hier und da seien Flexibilität und Improvisation gefragt. Zum Beispiel an diesem Dienstag. Eigentlich soll das Dach eines Stalls erweitert werden. Aber dann erkrankte der Schreiner. Umgehend wurde das Programm umgestellt.
Urlaub nennen die Geschwister Katharina und Petra aus der Slowakei den dreiwöchigen Arbeitseinsatz. Es ist tatsächlich ein Urlaub der besonderen Art. Aber auch ein Wagnis, weil An- und Abreise von den Jugendlichen selbst organisiert werden müssen. Und das klappt nicht immer. Deshalb sind Teilnehmer aus Algerien, Serbien und der Türkei nicht gekommen. Es wird angenommen, dass sie womöglich Schwierigkeiten haben, ein Visum zu bekommen. „Das ist schade, weil es unsere Arbeit ein bisschen erschwert“, sagt Katharina. „Wir haben jetzt weniger Leute, die mit anpacken.“.
Auf Englisch verständigt sich die Gruppe, die Quartier auf dem Gelände der Jugendfarm bezogen hat. Dennoch muss keiner auf seine Muttersprache verzichten. Bisher, hört man, ist die Stimmung unter den Teilnehmern sehr gut, denn die Arbeit auf der Jugendfarm sei für viele nur einer der Gründe nach Würzburg zu kommen. Mindestens genau so wichtig ist die Begegnung mit Gleichgesinnten aus anderen Nationen. Vor allem aber bringen die jungen Gäste eine Portion Idealismus mit: Sie wollen sich für gemeinnützige Projekte engagieren, erklären alle unisono.
Katharina und Petra sind schon zum zweiten Mal dabei und wissen auch warum: Diese Art hier mit anderen Leuten aus anderen Ländern sei etwas ganz Besonderes. „Wir haben hier eine sehr ruhige, entspannte und freie Atmosphäre.“
Ganz so positiv haben zwei russische Geschwister das nicht gesehen. Allerdings waren sie nicht länger als einen Tag auf der Farm. Sie kamen am Abend des 5. August und wollten auch gleich wieder gehen, weil ihnen die Unterkunft nicht zusagte. „Es war nicht das, was sie erwartet haben. Anscheinend haben sie auch falsche Informationen bekommen“, meint Jain. Mit viel Überredungskunst sind sie doch über Nacht geblieben. „Sie haben viel Spaß dabei gehabt. Wir haben uns daher gewundert, dass sie trotzdem gegangen sind“, sagt Ramona Hemmes.