Eigentlich sollte das Jubiläum eine eher kleine und intime Feier werden – bei der die Macher von Ars Musica Aub zusammen mit ihren Künstlern das 25-jährige Bestehen ihrer Kulturinitiative feiern. Dass sich das Ganze nun zu einer dreitägigen Veranstaltung mit vielfältigem Programm ausgewachsen hat, könnte unter anderem an Johannes Wolf liegen. „Bei Ars Musica arbeiten wir alle zusammen, aber ich bin der Wahnsinnige in der Gruppe“, sagt der 61-Jährige und lacht. Im Vorfeld der Jubiläumsfeierlichkeiten am kommenden Wochenende haben wir uns mit dem Mitbegründer und der treibenden Kraft von Ars Musica getroffen. Dabei herausgekommen ist ein Gespräch über ländliche Kulturformate, Künstlerkontakte – und eine Liebeserklärung an Aub.
Frage: Wie ist Ars Musica entstanden?
Johannes Wolf: Der Name stand ursprünglich für die private Initiative einer Studenten-WG, der ich angehörte. Wir suchten Räumlichkeiten für Konzerte und wollten gleichzeitig ein schon lange leer stehendes, denkmalgeschütztes Gebäude am Auber Marktplatz wieder öffentlich nutzbar machen. So wurde aus dem ehemaligen Gasthaus „Zum Hirschen“ Ars Musica Aub – ein Haus, in dem nun seit 25 Jahren Künstler zusammentreffen und kulturelle Veranstaltungen stattfinden.
Wie kommt eine Studenten-WG nach Aub?
Wolf: Durch einen Zufall (lacht). Als ich in Würzburg an der Musikhochschule angefangen habe zu studieren, gab es kaum Wohnungen – schon gar nicht für Musikstudenten, die Lärm machen. Eine Wohnungsannonce in der Zeitung führte mich nach Aub. Ich war sofort begeistert.
Was hat Ihnen an Aub so gut gefallen?
Wolf: Aub ist seit 1404 eine Stadt – der Ort hat also nur 1500 Einwohner, aber städtische Strukturen. Diese Urbanität hat sich erhalten: Die Auber haben mehrere Dutzend Vereine und zahlreiche Kleinstinitiativen; der Bürgersinn ist sehr ausgeprägt. Davon profitiert Ars Musica als kulturelle Einrichtung natürlich.
Inwiefern?
Wolf: In Aub herrscht Offenheit für kulturelle Belange. Dass die Stadt so klein ist, macht gerade Organisatorisches leichter. Die Wege sind kurz, oft genügt ein Telefonat. Nehmen Sie zum Beispiel die Prozessionsnacht im Jahr 2001 (s. Infobox, Anmerkung der Redaktion): Da waren wir von abends, 20 Uhr, bis morgens um vier Uhr rund um die Altstadt unterwegs. Ich kann mir keine Stadt vorstellen, in der man so unkompliziert die Genehmigung für etwas Derartiges bekommt. In Würzburg holen die Anwohner doch ab 23 Uhr die Polizei!
Wie viele Konzerte gibt es im Rahmen von Ars Musica Aub pro Jahr?
Wolf: Im Rahmen unserer jährlicher Reihen „Auber Frühlingsfest“ und „Auber Kulturherbst“ organisieren wir zwischen 20 und 25 Konzerte im Jahr; im Lauf der vergangenen 25 Jahre haben wir demnach schon weit über 500 Konzerte organisiert. Daneben setzen wir in Abständen größere künstlerische Projekte in Szene, die neben dem Haus Ars Musica die ganzen Stadt Aub miteinbeziehen.
Für welches Programm, welche Stilrichtungen steht Ars Musica?
Wolf: Unser Schwerpunkt liegt auf klassischer Musik. Zeitgenössische Musikformen liegen uns aber auch am Herzen. Wir sind außerdem bestrebt, auch andere Formate anzubieten – zum Beispiel die lange Jazznacht, die unser Jubiläumsprogramm am kommenden Samstag eröffnet. Daneben findet man bei uns immer wieder die Verknüpfung von Musik und Literatur, ebenso wie Tanzperformances.
Wie viele Besucher kommen zu den Veranstaltungen von Ars Musica?
Wolf: Wir sind nicht größenwahnsinnig. Mit durchschnittlich 30 bis 80 Besuchern pro Konzert haben wir ein bescheidenes, aber zuverlässiges Stammpublikum. Unser Programm ist überhaupt nicht publikumsbezogen, die Leute wissen aber: Nach Aub zu fahren, lohnt sich – es wird auf jeden Fall überraschend!
Wie erstellen Sie bei Ars Musica ein Programm?
Wolf: Unser Verein hat insgesamt an die 50 Mitglieder; das Programm erstellt aber eine Programmgruppe – der aktive Kern, der aus sechs bis sieben Personen besteht. Jede davon hat ihre eigenen Künstlerkontakte und musikalische Vorlieben, wir können uns aber meist gut einigen.
Wie ist die Altersstruktur bei Ars Musica, haben Sie auch Nachwuchs?
Wolf: Eine wirkliche Altersmischung hinzukriegen, ist in kleinen Städten schwer. Die Mitglieder unserer Programmgruppe sind zwischen 40 und 70 Jahre alt. Natürlich ist es unser Wunsch, dass sich auch jüngere Leute für ländliche Kulturformate interessieren. Im Augenblick haben wir aber noch nicht das Gefühl, dass die Altersstruktur ein Problem für Ars Musica darstellen könnte.
Wie lange im Voraus planen Sie die Konzerte?
Wolf: Das Auber Frühlingsfest ist bereits im Herbst des Vorjahres in Planung, die Vorbereitungen für den Kulturherbst wiederum laufen schon im Frühjahr. Ein halbes bis ein Jahr Planung ist Standard; große Projekte, wie etwa die Stadtoper im Jahr 2011, benötigen aber mindestens eineinhalb bis zwei Jahre Vorbereitung. Im Fall der Oper wurde zum Beispiel ein extra Komponistenauftrag vergeben, die Regisseurin kam aus Berlin – da war einiges an Planung nötig.
Wie kommt der Kontakt zu den Künstlern zustande?
Wolf: Wir haben uns mit Ars Musica einen guten Ruf erarbeitet und mittlerweile ein riesiges Reservoir an Künstlern, die bei uns auftreten können. Inzwischen kommen auch Anfragen von den Künstlern selbst.
Was schätzen die Künstler an Ars Musica?
Wolf: Zum Beispiel das interessierte Publikum. Zu unseren Konzerten kommt keiner, nur um sein Abendkleid auszuführen. Besonders amerikanische und australische Künstler sind außerdem oft begeistert, wie viele schöne Auftrittsorte es gibt, und wie nah auf dem Land alles beieinander liegt. In ihrer Heimat müssen sie Hunderte von Kilometern reisen, um von einem Konzert zum nächsten zu kommen. Diese verdichtete kleinkulturelle Landschaft ist ein Schatz, den man oft nur von außen wahrnimmt. Dabei ist eine vielfältige Kultur auch ein Wirtschaftsfaktor!
Was war Ihr persönlicher Höhepunkt in 25 Jahren Ars Musica Aub?
Wolf: Jede der Aufführungen war ein Höhepunkt für sich. . .
Können Sie eine dieser Aufführungen als Beispiel schildern?
Wolf: Da gab es etwa anlässlich des 20. Jubiläums von Ars Musica Aub die Oper „Der Weg des Pilgers“, die an zahlreichen verschiedenen Stationen in Aub aufgeführt wurde: vom jüdischen Friedhof über die evangelische Kirche, dem Schloss, der Schlosskapelle bis hin zum Marktplatz. Wir haben an historischen Orten eine Oper inszeniert – mit knapp 400 Menschen als Zuschauern.
Was war bisher die aufwendigste Veranstaltung?
Wolf: Das war definitiv die fünftägige Kunstprozession „Weg der Kunigunde“ von Aub nach Bamberg zu Pfingsten 2015. Damit haben wir für mein Empfinden auch eine organisatorische Obergrenze erreicht.
Wie finanziert man all diese Projekte?
Wolf: Ständiger Förderer der „Ars Musica“-Veranstaltungen ist unter anderem der Bezirk Unterfranken; die Konzerte der Herbst- und Frühlingsreihe sind außerdem inzwischen ein Selbstläufer. Es gibt verschiedene weitere Fördertöpfe; insgesamt wird das Förderungsmanagement aber immer schwieriger. Man muss als Initiative erst wahrnehmbar sein, und auch dann dauert es noch zig Jahre, bis man bei den Förderstellen Vertrauen in die eigenen Projekte erarbeitet hat. Das Wichtigste ist, immer einen persönlichen Ansprechpartner zu haben, der sich für das jeweilige Projekt einsetzt.
Wie geht es nach der Jubiläumsfeier mit Ars Musica Aub weiter – sind schon neue Projekte in Planung?
Wolf: Momentan ist nichts Neues geplant, man braucht auch mal Ruhe. Wir sind froh, dass das reichhaltige Kulturangebot in Aub generell so gut funktioniert. Im besten Fall sollte kulturelles Leben keine Dekoration sein, die man zu besonderen Anlässen hervorholt – sondern Bestandteil des normalen Lebens.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Wolf: Ich wünsche mir etwas ganz Pragmatisches: Die kulturelle Landschaft im gesamten südlichen Landkreis sollte sich zusammentun: etwa, indem man das Marketing für verschiedene Veranstaltungen miteinander verknüpft.
25 Jahre Ars Musica Aub 1991: Ars Musica eröffnet in Aub am Marktplatz 3 ihre Pforten und beherbergt seitdem Künstler und kulturelle Veranstaltungen wie Konzerte, Lesungen, Tanz- und Theateraufführungen. Seit 1999 werden (unterstützt vom Verein Ars Musica Aub e.V.) neben den jährlichen Reihen „Auber Frühlingsfest“ und „Auber Kulturherbst“ auch größere künstlerische Projekte in Szene gesetzt, die die ganze Stadt mit einbeziehen. Hier einige Beispiele: 1996: Klangwege in Aub (u.a. mit dem Klanggarten von Burkard Schmidl) Pfingsten 2001: Auber Prozessionsnacht (anlässlich 10 Jahre Ars Musica) inner- und außerhalb der Auber Altstadt mit verschiedenen Darbietungen – von Flötenkonzert, ritueller Fußwaschung und Lichtinstallationen bis hin zu Gesang an der Reichelsburg. 2004: Anlässlich des 600-jährigen Stadtjubiläums veranstaltet Ars Musica das Künstlerprojekt „Leerstand 2004“. Begleitet von einem wissenschaftlichen Symposium finden ganzjährig in leerstehenden Auber Geschäftsräumen Ausstellungen statt. 2006: Ars Musica Aub wird beim Wettbewerb „Respekt! Kultur!“ des Bayerischen Rundfunks als beliebteste Kulturinitiative Bayerns ausgezeichnet. Pfingsten 2011: In ganz Aub wird (anlässlich des 20. Jubiläums von Ars Musica) die Stationenoper „Der Weg des Pilgers“ aufgeführt – mit Theater-und Opernszenen sowie mit Performances und Installationen. 2011: Der Verein Ars Musica Aub e.V. erhält im Rahmen der Aktion „Zeichen setzen“ der Mediengruppe Main-Post und des Lernwerks Volkersberg den Preis der Bürgerstiftung der VR-Bank Würzburg. Pfingsten 2015: Anlässlich „1000 Jahre Kloster Michaelsberg“ findet die fünftägige Kunstprozession „Weg der Kunigunde“ von Aub nach Bamberg statt, die aktuell in einer Foto-Ausstellung im Fränkischen Spitalmuseum in Aub nachzuvollziehen ist.