Der Arzt sieht zunächst überhaupt nicht ein, dass er etwas falsch gemacht haben soll an jenem Abend im Dezember 2006. Von einem Patientenbesuch sei er gekommen, erzählt er vor Gericht, habe im Auto laute Musik gehört und „vielleicht bemerkt“, dass sich an einer engen Stelle in Ochsenfurt sein „Außenspiegel bewegt“ habe, als er an einem Ford vorbeifuhr. Gehört, so versichert er, habe er nichts. Deshalb hat er auch Einspruch gegen einen Strafbefehl eingelegt, mit dem er wegen „unerlaubten Entfernens vom Unfallort“ zur Zahlung von 30 Tagessätzen a 100 Euro und drei Monaten Fahrverbot verurteilt wurde.
In der Verhandlung vor dem Würzburger Amtsgericht wird klar, dass der Mercedes den Ford streifte, dass dabei ein Schaden von über 1000 Euro entstand und dass der Unfallverursacher erst anhielt, als der Ford-Fahrer ihn verfolgte. „Der junge Mann schrie mich auf unflätige Art an“, erklärt der Arzt vor Gericht, „er beschuldigte mich, betrunken zu sein“.
Der 26-Jährige hat den Vorfall anders in Erinnerung. „Ich habe gehört, dass der Mercedes mein Auto gestreift hat“, erzählt er dem Richter. „Aber der Fahrer fuhr einfach weiter.“ Deshalb habe er den 69-Jährigen verfolgt. Vor einer Kirche habe er ihn stellen können. „Dort parkte er mit ausgeschaltetem Licht.“
Privatrezept
Sofort habe der Arzt vorgeschlagen, die Angelegenheit „ohne Polizei“ zu regeln. Da er dem 26-Jährigen „nicht fahrtüchtig“ erschien, rief dieser trotzdem auf der Inspektion an. Bevor die Beamten eintrafen, war der 69-Jährige jedoch schon weg. Zuvor habe er noch versucht, ihm einen Zettel zu geben, sagt der Ford-Fahrer. „Das war ein Privatrezept, auf dem meine Anschrift stand“, sagt der Angeklagte. Er habe drauf geschrieben, dass er für eventuell entstandene Schäden aufkomme.
Ein Unfall-Sachverständiger glaubt nicht, dass der Arzt den Unfall nicht bemerkt hat. „Es ist unbestritten, dass man solche Anstöße sehr deutlich hört“, erklärt er.
Der Verteidiger des Angeklagten versucht, eine Einstellung des Verfahrens zu erreichen, was jedoch nicht gelingt. Dann schlägt er vor, die Höhe der Geldstrafe und des Fahrverbots zu reduzieren, womit sich auch der Staatsanwalt anfreunden kann. Zum einen, weil der Arzt, nachdem die Polizei ihn gefunden hatte, 13 Tage auf seinen Führerschein verzichten musste. Zum anderen, weil der Mediziner erklärt, am Ende des Monats bleibe „nichts übrig“ und Ersparnisse habe er auch nicht.
Das Gericht verurteilt den 69-Jährigen zur Zahlung von 30 Tagessätzen a 50 Euro, insgesamt also 1500 Euro und einem Monat Fahrverbot.