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WÜRZBURG: Auf der Jagd nach Pfefferspray

WÜRZBURG

Auf der Jagd nach Pfefferspray

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    Heiß begehrt: Pfefferspray aus der Drogerie.
    Heiß begehrt: Pfefferspray aus der Drogerie. Foto: Foto: Gisela Rauch

    Würzburg hat in den letzten Wochen einen Run auf Pfefferspray erlebt. Seit Juni, seit die Drogeriekette dm in ihren Filialen Pfefferspray anbietet, haben die Würzburger nach Aussage hiesiger dm-Mitarbeiter oft zu der rot-gelbschwarzen Dose gegriffen. Manch eine Kundin, so wird erzählt, habe beim Einkauf gleich zwei der Sprühdosen aufs Band gepackt. Jetzt ist der „Pfeffer-KO Fog“ mit Sprühnebel und einer Reichweite bis zu vier Metern in der Region Mangelware.

    In der Würzburger dm-Filiale in der innenstädtischen Eichhornstraße etwa finden Kunden wie üblich Deosprays, Haarsprays und Sonnensprays en masse. Pfefferspray hingegen? „Das tut mir jetzt leid, aber das ist ausverkauft“, sagt eine Mitarbeiterin. Gleichlautende Aussagen kommen aus den dm-Filialen im Frauenland und der Zellerau. Wann kommt denn das Spray samt „Panikverschluss“ und „praktischem Gürtelclip“ wieder in die dm-Filialen? Achselzucken. Der Hersteller habe aufgrund der deutschlandweit großen Nachfrage Lieferengpässe, sagt eine Mitarbeiterin. Den Lieferengpass bestätigt eine Sprecherin der deutschlandweiten dm-Hotline. Sie rechnet frühestens ab Mitte September mit Nachschub.

    Nach langer Suche stellt sich heraus, dass im Höchberger dm-Markt noch Pfefferspray vorrätig ist. „Da hinten steht das; beim Tierbedarf“, erklärt eine Mitarbeiterin. Tatsächlich, zwischen Katzenhalsbändern und Hundefutter lagert das Pfefferspray mit elfprozentigem Pfefferkonzentrat – es ist deklariert als „Tierabwehrspray“. Dass es nicht nur zum Schutz gegen bissige Hunde oder randalierende Wildsauen dient, sondern auch zum Schutz gegen menschliche Angreifer, geht aus der Packungsaufschrift klar hervor: Dort heißt es, Pfeffer-KO wirke ebenso überzeugend gegen Menschen – auch wenn es in Deutschland dafür nicht zugelassen sei. „Solange man Pfefferspray für die Tierabwehr verkauft, ist das legal“, erläutert der Würzburger Waffenfachhändler Fritz Steinerstauch. Anders als das bisweilen kommuniziert werde, brauche man für Pfefferspray keinen kleinen Waffenschein. Steinerstauch, der in seinem Waffengeschäft ebenfalls Pfefferspray vertreibt, sagt, das Spray sei in den letzten Wochen „sehr gut nachgefragt“ worden. Auch nach Silvester zu Anfang des neuen Jahres sei der Umsatz stark gewesen.

    Der Vertriebsleiter des dm-Pfefferspray-Herstellers Klever, Gerd Simon, bringt die große Nachfrage nach dem Spray in direkten Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise. „Seit der Grenzöffnung vor einem Jahr“, sagt Simon, „haben wir einen großen Umsatzzuwachs.“ Sein Unternehmen habe das Spray schon lange vor der Aufnahme ins dm-Sortiment über Internethändler vertrieben. Früher habe man pro Jahr eine „sechsstellige Anzahl an Dosen“ verkauft. „Seit der Grenzöffnung sind die verkauften Stückzahlen siebenstellig.“

    Soll das heißen, dass weit über eine Million Pfefferspray-Dosen in Deutschlands Handtaschen, Hosentaschen oder Handschuhfächern bereitliegen? „Es dürften noch viel mehr sein“, sagt Simon und verweist darauf, dass es in Deutschland neben seiner Firma noch vier weitere Pfefferspray-Hersteller gibt. Sein Unternehmen sieht er als „eines der zwei umsatzstärksten“. Verkauft sein stärkster Konkurrent pro Jahr so viel wie er, dann dürften in Deutschlands Haushalten mindestens zwei Millionen Pfefferspray-Dosen vorrätig sein.

    Der Polizei gefällt das nicht. Der bayerische Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Peter Schall, sagt, er verstehe die Verunsicherung in der Bevölkerung und sehe, dass das „Sicherheitsgefühl“ leide. Dennoch rät er Frauen, die sich aus Angst vor Angriffen ein Pfefferspray zugelegt haben, eher vor dessen Benutzung ab. „Das Spray vermittelt eine Scheinsicherheit“, sagt Schall. Ob eine Frau, die in einer Bedrohungslage hektisch in der Handtasche nach dem Spray wühle, gegen einen Aggressor eine Chance habe, sei fraglich. Schall glaubt auch, dass Frauen, die sich etwa „mit einem aufdringlichen Ausländer“ konfrontiert sähen, überreagieren könnten und eine Notwehrsituation sehen, wo keine ist. „Wenn dann eine Person sprüht, ohne dass eine Notwehrsituation vorliegt, muss sie sich wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten“, so Schall. Ungefährlich sei das Spray schließlich nicht: Sprühe man etwa bei Wind, könne der Sprühnebel leicht die Sprüherin selbst treffen. „Und das Zeug tut wirklich weh!“

    Schall sieht grundsätzlich das Problem, dass das Pfefferspray bei zunehmender Verbreitung öfter versprüht wird. „Wir hatten in Bayern in den letzten Wochen etliche Fälle, wo Betrunkene in der Disco, im Lokal oder beim Streit gesprüht haben“, berichtet er.

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