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OCHSENFURT: Aufklärungsarbeit und Konfliktlösung

OCHSENFURT

Aufklärungsarbeit und Konfliktlösung

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    Das Jugendzentrum in Ochsenfurt wird von immer mehr Jugendlichen besucht.
    Das Jugendzentrum in Ochsenfurt wird von immer mehr Jugendlichen besucht. Foto: Foto: Claudia Schuhmann

    Das Ochsenfurter Jugendzentrum (JUZ) verzeichnet inzwischen ein sehr hohes Besucheraufkommen. Wie beliebt die Einrichtung ist, erklärte die Leiterin Tanja Welzenbach in der Sitzung des Hauptausschusses. Dessen Mitglieder lassen sich einmal im Jahr über die Entwicklung der Einrichtung informieren und erfuhren diesmal, dass sich das vom Bayerischen Roten Kreuz betreute JUZ von einem Treffpunkt für die Freizeit zu einer Integrationseinrichtung gewandelt hat.

    2016 seien durchschnittlich noch 33 Besucher täglich ins Jugendzentrum gekommen, sagt Tanja Welzenbach. 2017 steigerte sich diese Zahl auf 38. In den ersten Monaten des Jahres 2018 sei man bereits bei 50 angekommen, mit steigender Tendenz. An einzelnen Tagen kämen sogar bis zu 80 Besucher. Hauptgrund für den Anstieg seien die vielen jugendlichen Flüchtlinge, die im JUZ nicht nur ihre Freizeit verbringen wollen, sondern auch Unterstützung suchen.

    Flüchtlinge benötigen Beratung

    „Drei Viertel unserer Besucher sind inzwischen junge Flüchtlinge“, sagt Tanja Welzenbach. 2016 lag ihr Anteil noch bei rund einem Drittel. Die meisten von ihnen kommen aus Syrien und Afghanistan, manche auch aus Somalia und Eritrea. Einige wenige stammen aus dem Irak und aus Indien. Aufgrund ihres mangelhaften Vorwissens in Sachen Schule und Ämter sei ihre Betreuung im JUZ sehr aufwendig.

    Aber auch Ochsenfurter Jugendliche kommen ins JUZ – Welzenbach nennt sie die „ansässigen Jugendlichen“. Sie nähmen fast ausnahmslos das vom Jugendzentrum angebotene Bewerbungstraining in Anspruch und hätten anschließend auch immer Erfolge zu verzeichnen, sagt Tanja Welzenbach nicht ohne Stolz.

    Viele Kinder und Eltern haben Angst

    In einem Bereich jedoch verzeichnet das JUZ einen Rückgang: Den „Kidsday“ am Mittwoch, der für Kinder zwischen acht und zwölf Jahren gedacht ist, besuchten im Jahr 2017 60 Prozent weniger Kinder als noch 2016. Wolfgang Karl (CSU) fragte nach dem Grund. „Die Eltern haben Angst vor den vielen Flüchtlingen“, antwortete Tanja Welzenbach.

    Eine Angst, die sie für unbegründet hält. Gerade die ausländischen Jugendlichen seien sehr lieb und geduldig im Umgang mit kleineren Kindern. Obwohl ihre persönlichen Erfahrungen mit den Flüchtlingen sehr positiv sind, weiß Tanja Welzenbach, dass man die Angst nur schwer aus den Köpfen der Eltern bekommt. Sie machten sich nun einmal Sorgen, da sie diese fremden jungen Männer ja nicht kennen.

    Schlimme Vorfälle haben sich eingeprägt

    Schwerwiegende Vorfälle in der Vergangenheit, etwa das Axt-Attentat in einem Regionalzug bei Würzburg oder auch die Kölner Silvesternacht, hätten sich bei vielen Menschen einfach eingeprägt, sagt die Leiterin des JUZ im Gespräch mit der Redaktion. Dabei hätten auch die ausländischen Jugendlichen selbst unter diesen Vorfällen sehr gelitten.

    Allerdings, sagt Tanja Welzenbach, habe das Jugendzentrum viel Aufklärungsarbeit betrieben. Dadurch sei es bei etwa der Hälfte der ansässigen Jugendlichen gelungen, die Vorurteile ganz oder zum Teil aus dem Weg zu räumen.

    Jugendliche waren traurig und gereizt

    Dass es unter den verschiedenen Nationalitäten Konflikte gebe, will Welzenbach gar nicht verschweigen. Durch den nicht funktionierenden Familiennachzug bei den Syrern und die Abschiebungen bei den Afghanen sei die Stimmung unter diesen Jugendlichen vor allem Anfang 2017 traurig und gereizt gewesen. Inzwischen habe sich die Lage aber entspannt.

    Wo es Reibereien gab, setzte das JUZ auf Annäherung. Beim gemeinsamen Kochen nach dem Motto „keine Kooperation – kein Essen“ hätten sich die Jugendlichen dann doch zusammengerauft, erklärt Tanja Welzenbach.

    Kein einziges muslimisches Mädchen

    Wolfgang Karl machte im Zusammenhang mit den jugendlichen Flüchtlingen einen weiteren bemerkenswerten Punkt aus. Wie seine Nachfrage bei Tanja Welzenbach ergab, kommen von ihnen ausschließlich die Jungs ins JUZ. Unter ihren Besuchern sei kein einziges muslimisches Mädchen, sagt die Leiterin des JUZ. Manchmal kämen die jungen Muslimas gemeinsam mit ihren Brüdern, dann aber vor den Öffnungszeiten und zur Beratung. „Inzwischen kommen manchmal wenigstens die muslimischen Mamas.“

    Tanja Welzenbach sieht kaum Chancen, dass irgendwann auch Mädchen aus Flüchtlingsfamilien ins JUZ kommen werden. Lediglich einige christliche Syrerinnen seien schon da gewesen, erklärt sie gegenüber der Redaktion. Die muslimischen Mädchen aber blieben unter sich. Ihre Familien seien nun einmal so strukturiert. Männer und Frauen feierten nur in sehr engem familiären Rahmen gemeinsam. Wo viele Fremde seien, dort hielten Mädchen und Frauen sich zurück – nicht aus Zwang, sondern weil das ihre Kultur sei. Sie mit aller Gewalt ins JUZ locken zu wollen, hält die Leiterin für kontraproduktiv. „Damit tut man ihnen keinen Gefallen.“

    Das JUZ hätte gern mehr Geld

    In Anbetracht der vielen Beratungen, die das JUZ seinen Besuchern anbietet, sagt Tanja Welzenbach: „Ein bisschen mehr Geld wäre nicht schlecht.“ Darüber müsse man sprechen, sagte Wolfgang Karl, der es positiv findet, dass die jungen Flüchtlinge ins JUZ kommen. Für diese Aufgabe stelle der Landkreis Gelder zur Verfügung, und Ochsenfurt sei ein Schwerpunkt in der Flüchtlingsbetreuung.

    Das Bayerische Rote Kreuz hat auch schon entsprechende Anträge gestellt. Beim Landratsamt habe sie übrigens erfahren, dass das Ochsenfurter Jugendzentrum das bestbesuchte JUZ in Stadt und Landkreis Würzburg sei, verriet Tanja Welzenbach.

    „Drei Viertel unserer Besucher sind inzwischen junge Flüchtlinge“

    Tanja Welzenbach, Leiterin des JUZ

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