Sie hätte viel zu erzählen, nicht nur, weil Eugenie Roth (geborene Balling) in ihren 80 Lebensjahren viel erlebt hat und weil seit über fünf Jahrzehnten ihr Reich der Bäcker-Laden Roth in Riedenheim ist, sondern auch, weil sie so ungewöhnliche Dinge erlebt hat wie das, dass sie im Haushalt des ersten Bundeskanzlers der Nachkriegszeit Konrad Adenauer (1876-1967) gearbeitet hat – sechs Jahre lang.
Wenn sie auch nicht mehr jeden Tag mit ihrer blütenweißen Schürze im Geschäft steht und mit ihrer freundlichen Art die Kunden bedient, denkt die jung gebliebene Jubilarin dennoch auch an ihrem 80. Geburtstag über einen endgültigen Ruhestand noch lange nicht nach.
Eugenie Roth, die am 24. September 1940 geboren wurde und im heutigen Gelchsheimer Ortsteil Oellingen aufgewachsen ist, war zunächst im Würzburger Säuglingsheim am Mönchberg beschäftigt. Sie war gerade mal 18 Jahre alt als sie sich bei dem damaligen Bundeskanzler Konrad Adenauer um eine Stelle in dessen Haushalt beworben hat und angenommen worden ist.
Ihre „Ära Adenauer“, an die sie sich gerne erinnert, begann 1959. Im Haus des damals 83-jährigen Staatsmannes hatte sie sich schnell eingelebt. Nach und nach lernte sie den großen Mann der deutschen Geschichte von seiner ganz persönlichen Seite kennen, die den „Normalbürgern“ verborgen geblieben ist, sagt sie. Dass in dem Kanzlerhaushalt, in dem auch Adenauers Sohn Paul gewohnt hat, einfach gelebt wurde, das lernte die junge Oellingerin schon bald. Wie viele Spuren die Jahre 1959 bis 1965 hinterlassen haben, davon zeugen die zahlreichen Erinnerungsstücke, die sich damals und auch noch nach dem Tod ihres ehemaligen prominenten Arbeitgebers bei ihr angesammelt haben.
Obwohl ihr ihre Tätigkeiten im Haus und im Garten des Bundeskanzlers ebenso gut gefielen wie auch die Urlaubsaufenthalte in Adenauers Feriendomizil der Villa Colina in Cadenabbia in Italien, zog es sie nach sechseinhalb Jahren von Rhöndorf bei Bonn zurück in ihre fränkische Heimat.
Heimkehr in die fränkische Heimat
Schon bald nach ihrer Heimkehr lernte sie beim Riedenheimer Feuerwehrfest den hier ansässigen Bäckermeister Albin Roth kennen und lieben. 1966 hat das Paar geheiratet. Aus der Ehe gingen sechs Kinder hervor. Zwischenzeitlich hat sich die Familie mit den Schwiegerkindern und den 17 Enkelkindern auf 30 Mitglieder erhöht.
Für Eugenie Roth hat es mit der Versorgung der Kinder, des Haushalts und des Ladens nie an Arbeit gemangelt. Besonders stolz ist sie darauf, dass der „Rothe Bäck“ seinen Namen „Familienbetrieb“ zu Recht trägt. Neben den Söhnen Johannes und Martin, die das Geschäft leiten, setzen die vier Töchter die Tradition des Bäcker- und Konditorhandwerks fort.
Anders als heute hat es früher in der Bäckerei keinen Betriebsurlaub gegeben, und Eugenie Roth und ihr im Jahr 2003 verstorbener Mann konnten nur mal, wie sie sagt, „einige Tage zwischendurch“ verreisen. Über die Jahre hinweg schaffte es das Ehepaar, die von Albins Großvater Michael Roth, im Jahre 1890 gegründete kleine Bäckerei zu einem modernen Betrieb mit einem hellen Ladenraum zu entwickeln.
„Alles gut.“ Mit diesen Worten ohne Bedauern, lächelnd und mit Zufriedenheit zieht die Geschäftsfrau mit Leib und Seele diese Bilanz über ihr Leben. In dem ist ihr, wie sie abschießend sagt, „das harmonische Miteinander in der Familie ganz besonders wichtig.“