Er ist aus einem ganz besonderen Teig, der Doudeweck. Darin sind sich alle Kürnacher einig. Deshalb war und ist der überdimensionierte Eierweck auch ein ganz besonderes Neujahrsgeschenk. "Früher gab's nicht diese Vielfalt an Gebäck und Süßigkeiten, die es heute gibt", erzählt Friedelinde Söhnlein. "Deshalb haben wir uns immer riesig gefreut, wenn wir an Neujahr von unserem Paten einen Doudeweck bekommen haben."
Was im Kürnacher Dialekt als "Doud" bezeichnet wird, findet sich im Lexikon unter dem Begriff "Dot" wieder und ist in unserem Sprachgebiet der mundartliche Ausdruck für "Patin" oder "Pate". Er war früher der wichtigste Verwandte eines Kindes, denn wenn die Eltern sich aus irgendeinem Grund nicht mehr um das Kind kümmern konnten, trat der Taufpate an ihre Stelle. Er war es auch, der dem Kind bei verschiedenen Anlässen Geschenke machte. Meist endete diese enge Bindung mit der Firmung.
"Glückseli's Neujahr, gab mer a Hampferla Säuhaar"
Spruch der Patenkinder in Kürnach an Neujahr
Auch im katholisch geprägten Kürnach hört die Doudeweck-Tradition in vielen Familien mit der Firmung auf. "Bei uns hält dieser Brauch aber noch immer an", sagt Bäckermeister Winfried Fischer. Seine Patenkinder bekommen Jahr für Jahr pünktlich am Neujahrstag ihren Doudeweck - obwohl sie inzwischen längst erwachsen sind. "Darauf freuen sie sich jedes Jahr, denn der große Eierweck schmeckt ihnen besonders gut."
Es stimmt also tatsächlich, dass der Doudeweck aus einem ganz besonderen, hochwertigen Teig hergestellt wird. "Im Gegensatz zu den kleinen Eierwecken, die es bei uns das ganze Jahr über gibt, kommt in die großen Butter statt Margarine rein", verrät Fischer. Der fertige süße Hefeteig wird dann gerollt, mit einem Holz der Länge nach eingedrückt und anschließend zu einem übergroßen Hörnchen geformt.
Die Nachfrage nach den großen Eierwecken, die übrigens kein einziges Ei enthalten, ist groß. "Wir haben 180 gerichtet, aber damit kommen wir wahrscheinlich nicht hin", sagt Fischer.
Auch bei der Bäckerei Scheller ist die Nachfrage nach Doudeweck groß - zumindest bei den alteingesessenen Kürnachern. "Die Neubürger können mit dem Begriff wenig anfangen, die bestellen halt dann große Eierweck", erklärt Richard Scheller. Seine im Durchmesser fast 60 Zentimeter großen Doudeweck sind ebenfalls aus einem "besseren Teig" hergestellt. "Ich nehme weniger Zucker als bei einem normalem Hefeteig, dafür aber mehr Fett", sagt Scheller. "Das macht den Eierweck schön zart und länger haltbar." Die Tradition des Doudeweck-Backens hat er, wie auch schon sein Vater und sein Großvater, vom Urgroßvater übernommen.
Den Eierweck bekommen Kinder allerdings nicht wie andere Geschenke gebracht, sondern sie müssen ihn sich an Neujahr beim Paten abholen. "Am 1. Januar bin ich immer mit meinen beiden Geschwistern zu den Onkeln und Tanten gegangen", erzählt Friedelinde Söhnlein. Gerne erinnert sie sich an den Spruch, mit dem man den Verwandten an der Haustür ein gutes neues Jahr wünschte: "Glückseli's Neujahr, gab mer a Hampferla Säuhaar, lass mi nit so lang doa steha, muss no a Häusla weitergeha". Anschließend wurden die Nichten und Neffen mit einem Geldstück oder Zwieback beschenkt, den Doudeweck bekam ausschließlich das Patenkind.
Noch heute besuchen die Kürnacher Kinder an Neujahr traditionell ihre Paten. Den Spruch hört man allerdings nur noch selten.