Freundschaft und Tod liegen nah beieinander. Genauso nah wie die drei Gesichter, die sich auf dem Linoldruck aneinander schmiegen – deren Falten aber von tiefer Trauer geprägt sind. Oder so nah wie die behagliche Raucherrunde, hinter der, noch unbemerkt, eine pechschwarze Gewitterfront aufzieht. „Friendzone“ ist der Titel der neuen Einzelausstellung von Christine Brey. Die junge Künstlerin thematisiert damit einen Begriff, der in der Jugendsprache einen negativen Beigeschmack hat. Denn die „Friendzone“ ist Folge eines einigermaßen tragischen Urteils: „Lass uns nur Freunde bleiben“, heißt es, gerade dann, wenn einer von zweien mehr möchte als reine Freundschaft. In die „Friendzone“ verbannt wird, wer verliebt ist, aber nicht im selben Maß zurückgeliebt wird – und daher eine unsichtbare Grenze nicht überschreiten darf. „Ich mag diesen Begriff“, sagt Christine Brey, die seit 2016 freischaffende Künstlerin und Illustratorin ist und bereits in der Posthalle ausgestellt hat. „Er konfrontiert uns mit einer unerwünschten Realität, bringt aber gleichzeitig Ruhe in den Verlust: Es ist eben, wie es ist.“
Dünne und dicke Striche
In der Ruhe tauchen allerdings die Fragen auf. Leise flüsternd, oder manchmal auch laut schreiend. Christine Brey hat sie dementsprechend mit dünnem Bleistift oder mit dicken Pinselstrichen auf die Wände, Holzplatten oder Papierränder ihrer Zeichnungen, Drucke und Objekte wie alte Fenster und Türen geschrieben: Ob Schuldgefühle notwendig sind? Ob es uns morgen noch gibt? Ja was bleibt denn nun? Ich oder du? Mama?
Eigene Erfahrungen
Unmittelbare, vorgefertigte Antworten auf diese Fragen gibt es keine. Dafür aber eine bittere Erkenntnis: Die „Friendzone“ wird gerne auch vom Schicksal verhängt, unweigerlich, unumkehrbar. Christine Brey spricht dabei in ihren Werken von ihrer eigenen Erfahrung. Vor zwei Jahren verlor sie ihre Mutter, heute bangt sie erneut um das Leben eines geliebten Menschen. „In den vergangenen Tagen habe ich mich nur zwischen Krankenbett und Ausstellungsraum bewegt“, sagt sie. Durch die Vorfälle habe die Ausstellung auch einen neuen Dreh bekommen. „Ich konnte und wollte das eine nicht vom anderen trennen“, sagt die junge Frau.
Die oft doppeldeutigen Szenarien ihrer Zeichnungen, die Idylle genauso wie surreale und morbide Momente menschlichen Daseins zeigen, provozieren und fordern heraus. Sie erzählen nicht nur von Schönheit, von Liebe und Freundschaft, sondern konfrontieren den Betrachter auch mit deren Vergänglichkeit, mit Tod und Verlust. „Weil ich dich nur noch 1x sehen möchte“, steht etwas zittrig mit Bleistift an der Wand. Und mit ein wenig Abstand darunter: „Weil es nicht geht.“
Vergangene Momente
Auf der Fotoplattform Instagram hat Christine Brey ein Foto gepostet, das sie als kleines Mädchen zeigt, auf einer Wippe, zusammen mit ihrer Mutter. Das Foto ist unscharf, aber das fröhliche Lachen der beiden ist gut zu erkennen. „Diese Momente mit dir. Ich habe keine Worte dafür, wie sehr ich dich vermisse“, lautet der Text zu dem Bild.
In dem Raum in der Friedenstraße, den die Würzburger „Leerraumpioniere“ für Breys Ausstellung organisiert haben, ist ebenfalls eine Wippe zu finden: Skizzenhaft und in feinen Strichen auf Papier gezeichnet. Der Versuch einer Antwort liegt offenbar in der Erinnerung: „Weil niemand je ganz verschwindet“, wie fast durchsichtig daneben steht.
„Friendzone“ ist bis 22. Oktober in Raum#5 der Leerraumpioniere in der Friedenstaße 63 in Würzburg zu sehen.
Die Ausstellung enthält Originalbilder aus Christine Breys im Jahr 2017 fertiggestelltem Buch „Dickes Wasser“, in dem sie sich mit dem Thema Freundschaft auseinandersetzt.